Dienstag, 1. Februar 2011

Wasser, Luft und Liebe … dazu noch ein paar Nährstoffe

Die große Hydroponik Serie im Hanf Journal

Teil II – Steinwolle & Co

In der letzten Ausgabe habe ich die Grundlagen der Hydroponik und der verschiedenen Medien erklärt, um in dieser und den kommenden Folgen der Serie genauer auf sie einzugehen. Natürlich nicht, ohne darauf hinzuweisen, dass ihr diese Technik nicht wie unser Freund Henk aus Amsterdam, von dem wir die Fotos haben, für die Zucht von Hanfpflanzen anwenden dürft, denn das ist strafbar. Aber man kann fast jede Pflanze, egal ob Arnika, Erdbeere, Gurke oder Tomate, auf diese Art und Weise züchten. Für solch ein Vorhaben ist dieser Artikel die optimale Anleitung, leider lagen unserer Redaktion nicht ausreichend Anschauungsfotos von Hydro-Gemüsegrows vor. So blieb uns nichts anderes übrig, als die alten Fotos von Henks Hydro-Grows aus dem Archiv zu kramen. Ihr verzeiht uns das sicher ;-), ohne das zugleich als Aufforderung zum Hanfanbau zu verstehen?!

Die wichtigste Eigenschaft bei hydroponischen Anbaumedien ist die Wasserspeicherfähigkeit, denn die bestimmt die Unterschiede bezüglich der Pflege. Anfangen möchte ich, nachdem ich in der letzten Ausgabe die Grundlagen und Vorbereitungen für Hydro Set-Ups erklärt habe, deshalb mit der populärsten Art, „auf Hydro“ anzubauen: Der Steinwolle und anderen, ähnlichen Medien, die eine sehr hohe Wasserspeicherfähigkeit haben.
Steinwolle gibt es in den verschiedensten Ausführungen und Größen: Als Matte (inklusive verschiedenster Ausführungen und Größen für unterschiedliche Systeme) sowie als Würfel oder als Flocken in den verschiedensten Varianten. Andere, gut wasserspeicherfähige, jedoch nicht so weit verbreitete Zuchtmedien, die wie Steinwolle behandelt werden sollten, sind: Oasisflocken, Hortis-und ähnliche Slabs, Perlite-Matten sowie Mapito, ein Steinwoll-PU-Schaum Gemisch zur Pflanzenzucht.
All diese Medien müssen immer feucht gehalten werden, brauchen jedoch keine permanente Bewässerung. Deshalb werden sie auch selten mit rezirkulierdem Bewässerungssystem, sondern mit der „Drain to waste“-, was soviel heißt wie:“ Abwasser raus“-Technik betrieben: Hierbei wird die aus den Matten austretende Nährlösung direkt in den Ausguss geleitet oder in einem separaten Behälter gesammelt und anschließend weggegossen.
Matten, Slabs oder Würfel sollten auf jeden Fall einen Tag vor der Benutzung in eine pH- kontrollierte Nährlösung eingeweicht werden, damit der pH-Wert im Medium stabil ist, wenn die Jungpflanzen eingesetzt werden. Bei frisch bewurzelten Stecklingen ist ein pH-Wert von 6,0 ideal. Auch sollte man vor allen Dingen bei den kleineren Slabs, Würfeln und den Steinwollflocken darauf achten, dass die Struktur und somit die Wasserspeicherfähigkeit beim Transport und bei der Verarbeitung erhalten bleiben, sie also nicht quetschen.


Klon, bewurzelt – Foto: Max Air

Die kleinsten Steinwoll-Würfel (2-4 cm) eignen sich besonders gut für Stecklinge, wobei bei einigen Fabrikaten das Loch ein wenig zu groß für zarte Stengel ist. Merkt man beim Einstecken, dass die Stecklinge nicht stabil stehen oder seitlich Licht ins Pflanzloch fällt, das wiederum die Wurzelbildung verhindert, so bohrt man mit einem Holzstäbchen einfach ein zweites, kleineres Loch daneben. Das Loch sollte einen so kleinen Durchmesser haben, dass das Hanfbaby darin besseren Halt findet als im schon vorhandenen. Stecklinge, die auf Steinwolle stehen, brauchen sehr „feuchte Füße“, also fast vollständig mit Wasser gesättigte Anzuchtwürfel. Ansonsten geht man bei Steinwollstecklingen genauso vor, wie es unser Chefredakteur Micha und A.Chiche in exzessiv-Folge 114 und 116 anhand von Basilikumpflanzen in Torfquelltöpfen vorgeführt haben. Sie lassen sich später problemlos in fast jedes Medium einsetzen, lediglich bei aeroponische Grows neigen Steinwollstecklinge in der ersten Woche an Anpassungsproblemen, dazu dann aber in der „Aero“- Folge dieser Serie.
Für einen Blütezyklus auf Steinwolle & Co. reicht ein einfaches Drip-Bewässerungssystem, das während jeder Lichtphase zwei bis sechs mal anspringen sollte. Um ein Überwässern zu vermeiden, ist es bei der Drip-Bewässerung sehr ratsam, sich eine sekundengenaue Zeitschaltuhr zuzulegen. Die richtige Gießmenge pro Pflanze wird ermittelt, indem man einen Meßbecher unter einen beliebigen Tropfer stellt und den Durchlauf pro Minute misst. Ein Beispiel: Der Gärtner möchte jeder Pflanze 750 Milliliter Nährlösung pro Tag verpassen. In einer Minute laufen 250 Milliliter durch einen Tropfer. So weiß man, dass die Bewässerung insgesamt drei Minuten laufen muss und kann die Bewässerungsintervalle der Zeitschaltuhr für die Bewässerungspumpe auf 6×30 Sekunden stellen.
Bei allen Anbaumedien mit guter Wasserspeicherfähigkeit kann man auch problemlos ein Ebbe und Flut System arbeiten, Ebbe und Fluttische sind sehr preisgünstig und die Bewässerung funktioniert denkbar einfach: Der gesamte Tisch, auf dem die Pflanzen stehen, wird pro Lichtphase ein bis dreimal geflutet und die Matten, Slabs oder Würfel saugen sich so mit Nährlösung voll. Mittlerweile bietet die Firma GrowRack auch passende Gestelle mit verstellbarer Neigung für Duma- sowie Ebbe-Fluttische an, die aus dem anfangs nicht besonders stabilen Bauteil ein aufbaufertiges Hydro-System machen.
Allerdings muss man gerade bei Ebbe- und Flutsystemen ein wenig experimentieren, um die optimalen Bewässerungsintervalle und -mengen herauszufinden. Denn der Verbrauch ist von zu vielen Faktoren (Temperatur, Sorte/Strain/Entwicklungsstadium etc.) abhängig, um eine Faustregel aufzustellen. Selbstverständlich brauchen die Pflanzen im Laufe des Zyklus viel immer mehr Nährlösung, deshalb sollte man mit kurzen Intervallen anfangen, um sie dann langsam zu steigern. Gerade bei der Steinwolle neigen viele Indoorgärtner zum Überwässern, was prinzipiell auf Steinwolle & Co nicht so schädlich wie bei Erde ist, da das Medium sowieso sehr feucht gehalten werden muss. Aber es ist ein wenig teuer. Als Faustregel gilt: Das Medium sollte so versorgt werden, dass fünf bis zehn Minuten nach dem Bewässern kein Drainwasser mehr aus den Matten läuft. Tropfen die Matten eine halbe Stunde später immer noch aus den Röhrchen, muss das Intervall verkürzt werden.


KSteinwollwürfel – Foto: Max Air

Steinwolle & Co brauchen einen niedrigen pH-Wert, nach der Bewurzelungsphase mit 6,0 sollte er noch 5,6-5,8 in der vegetativen Phase und der Vorblüte, in der Endblüte nur noch 5,3-5,6 betragen. All diese Medien sind sehr praktisch in der Anwendung, denn sie sind leicht zu transportieren, pflegeleicht und lassen sich sehr sauber verarbeiten. Die Erträge sind bei richtiger Handhabung gigantisch und Steinwolle „verzeiht“ sogar ein paar kleinere Fehler.
Abschließend will ich auch die kleineren Nachteile, die Steinwolle & Co mit sich bringen, nicht verschweigen: Die meisten dieser Medien können nur einmal genutzt werden (Ausnahme: Mapito) und sind deshalb nicht gerade billig. Eigentlich müsste Steinwolle nach einem Durchgang aufwendig entsorgt werden, sogar als Sondermüll, aber welcher Hobbygärtner wagt es schon, seine gebrauchten Matten zur örtlichen Mülldeponie zu bringen? Auch Wurzelschädlinge fühlen sich im dunklen, feuchtwarmen Klima der Matten, Würfeln und Slabs sehr wohl und sind dort äußert schwer wieder wegzubekommen, wenn sie sich einmal eingenistet haben. Steinwolle ist für ein rezirkulierendes System nur sehr bedingt geeignet, da die zurücklaufende Nährlösung ohne aufwendige Zusatzmaßnahmen zu salzhaltig wäre. „Drain to waste“ hat zudem einen relativ hohen Wasser- und somit Düngerverbrauch zur Folge.
Ein paar sehr erfahrene Gärtner bewässern auch ihre Steinwollgrows rezirkulierend, dafür muss die Pumpe jedoch 24/7 laufen sowie eine Menge Erfahrung vorhanden sein: Der EC-Wert muss viel in allen Phasen niedriger liegen und sollte maximal 2,0 mS erreichen, das Rücklaufwasser muss mit einer Präzisionspumpe für Dünger und pH-Regulatoren automatisch pH und Ec kontrolliert werden … usw. Kurzum: Hydro- Anfängern ist hiervon abzuraten, weil so umfassendes Wissen und Können nur durch jahrelange Praxis errungen werden kann.
„Grau, teurer Freund, ist alle Theorie und grün des Lebens goldner Baum.“ (Aus Goethes „Faust“)

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