Montag, 30. August 2010

Geil! – Erotik und Drogen

Menschen aller Gesellschaften haben zu allen Zeiten psychoaktive Substanzen genommen. Deshalb ist eine „drogenfreie Gesellschaft“ nur ein ordnungspolitischer Wunschtraum. Für die Realität aber gilt weiterhin, dass gute Informationen für Konsumenten und Psychonauten weniger Gefahr und mehr Einsichten und Vergnügen bedeuten. Diesem Themenbereich hat sich Werner Pieper’s Verlag „Grüne Kraft“ wohl wie kein zweiter verschrieben, und so möchte ich euch nun endlich ein weiteres, höchst anregendes Buch aus der Edition Rauschkunde vorstellen.
Katja Wille bricht mit dem vorliegenden Buch „Geil! Erotik und Drogen“ ein doppeltes Tabu: zum einen „die Freuden der körperlichen Liebe“, zum anderen „illegale Drogen“. Und so wird hier auf 128 interessanten Seiten die Frage behandelt, was geschieht, wenn beides in zwei Menschen zusammentrifft. Die Autorin führt uns von der (Ethno-) Pharmakologie der Aphrodisiaka und ihrer kulturellen Einbettung über einen historischen Rückblick auf antörnende Hexenkräuter hin zu Aphrodisiaka im sozio-kulturellen Bereich (Europa, Orient) und der Sexualität im Dualismus zwischen Natur und Kultur.
Die Illegalisierung der heute nutzbaren aphrodisischen Rauschdrogen lässt Parallelen zur damaligen Verteufelung von „Hexenpflanzen“ offensichtlich erkennen. Immer noch wird mit Verachtung auf diejenigen gezeigt (und mit neumodischen Sanktionen gestraft), die jene Pflanzen sinnbringend geniessen, da das Allgemeinbild der herrschenden Kultur eine andere, meist von Unwissen geprägte Meinung widerspiegelt. Da die westliche Gesellschaft den Gebrauch sämtlicher Drogen unter die Ventil- und leistungssteigernden Funktionen stellt, wird dem Aspekt der Sinnlichkeit und Verschönerung des sexuellen Erlebens kaum Bedeutung beigemessen.
Im Kapitel „Die highlige Erotik der Deutschen“ erklärt Katja Wille ihr Forschungsprojekt, und in einer Studie mit Auswertung zeigt sie uns ihre Ergebnisse. Ein Fragebogen ist ebenfalls mit abgedruckt. Mit einem Vorwort von Dr. Stephan Quensel, einer Zugabe von Timothy Leary: „Auf der Suche nach dem wahren Aphrodisiakum“ und einer ausführlichen Literaturliste macht die Autorin in ihrem wirklich lesenswerten Buch deutlich, dass unser heutiger Umgang mit Sexualität und Drogen das Resultat eines jahrhundertelangen Entwicklungsprozesses ist.
Bleibt zu hoffen, dass es unserer Gesellschaft gelingt, diesen negativ gefärbten Prozess progressiv in Richtung Akzeptanz weiterzuleiten. Dieses Buch liefert auf jeden Fall erkenntnisreiche Denkanstösse.

Katja Wille – Geil! Erotik und Drogen
Edition Rauschkunde 46
Verlag: Grüne Kraft
ISBN: 978-3-930442-46-1
www.synergia-verlag.de
www.gruenekraft.com

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