Montag, 30. August 2010

EMNID Umfrage:

Mehrheit der Deutschen befürwortet liberaleres Cannabis-Recht

Auch wenn von Seiten der Politik gerne öfter mal was anderes behauptet wird, hat die Verfolgung von Cannabiskonsumenten in den letzten Jahren eher zu- als abgenommen, etwa 100.000 Strafverfahren wegen Cannabisdelikten gibt es pro Jahr in Deutschland. Einige Bundesländer haben die Regelungen für Verfahrenseinstellungen wegen geringer Cannabismengen sogar verschärft, darunter das Saarland, Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz und Hamburg. Vor allem im süddeutschen Raum werden zum Teil immer noch harte Strafen gegen einfache Konsumenten verhängt, dort reicht es manchmal schon, wenn jemand nach Meinung der Polizei „kiffermäßig“ aussieht, um ihn bis in seine Körperöffnungen zu durchsuchen. Auch die Kontrollintensität hat in manchen Regionen massiv zugenommen. Dies stört mittlerweile nicht mehr nur den Hanffreund, sondern auch die Mehrheit der gesamten deutschen Bevölkerung scheint davon wenig begeistert zu sein. In einer vom Deutschen Hanf Verband in Auftrag gegebenen EMNID-Umfrage spricht sich die Mehrheit der Bevölkerung für einen deutlich lockeren Umgang mit Cannabis aus. Lediglich 40% der Befragten sind dafür, den Status Quo beizubehalten oder die Hatz auf Kiffer sogar noch weiter zu verschärfen.
Die von Hanfliebhabern immer wieder geforderte staatliche Regulierung und Besteuerung von Cannabis und die legale Abgabe in Fachgeschäften an Erwachsene befürworten immerhin 19% der Befragten, noch mehr sind für eine vollständige Entkriminalisierung der Cannabiskonsumenten.
30% der Befragten hätten zumindest kein Problem damit, den Besitz von kleinen Cannabismengen zum Eigenkonsum weniger hart zu bestrafen, z. B. indem es als Ordnungswidrigkeit wie Falschparken per Bußgeld geahndet wird. Eine andere Möglichkeit wäre, die „geringe Menge“ höher anzusetzen, bis zu der die Strafverfahren eingestellt werden, und darüber hinaus auch bei „Wiederholungstätern“ die Verfahren regelmäßig einzustellen. Weitere 5% wollen den „Besitz und Anbau von Hanf in geringer Menge zum Eigenkonsum ohne jegliche Verfolgung“ erlauben. Interessanterweise gab es diesmal im Gegensatz zu früheren Befragungen keinen linearen Zusammenhang zwischen dem Alter der Befragten und der Zustimmung zu Legalisierung und Entkriminalisierung. Je jünger die Leute waren, desto eher waren sie für einen entspannten Umgang mit Cannabis. Bis hin zu den älteren Semestern fiel die Zustimmung steil ab und war bei Rentnern nur noch sehr gering. In der aktuellen Befragung hat sich jedoch das Blatt gewendet und eher die jüngeren Semester (14 bis 29 Jahre) sprachen sich gegen einen liberaleren Umgang aus. 44% der Schüler wollten den Status Quo beibehalten, lediglich 7% sprachen sich für eine vollständige Legalisierung aus. Am wenigsten zufrieden mit der aktuellen Situation zeigten sich die 30 bis 39-jährigen, die größte Zustimmung für eine komplette Legalisierung kam jedoch erstaunlicherweise von der Altersgruppe 50 bis 59 Jahre, selbst über 60-jährige waren liberaler gesinnt als die 14 bis 29-jährigen. Georg Wurth, Sprecher des Deutschen Hanf Verbandes, äußerte sich zum Umfrageergebnis wie folgt: „Die EMNID-Umfrage hat gezeigt, dass sich die Politik in Sachen Cannabis meilenweit von der Stimmung in der Bevölkerung entfernt hat. Es ist an der Zeit, Cannabiskonsumenten in Ruhe zu lassen. Die Polizei sollte lieber echte Verbrecher jagen.“

Zum Schluss noch ein Dankeschön an die Sponsoren, die den DHV bei der Finanzierung der Umfrage unterstützt haben: Jelly Joker, Chill House, Grow Bonn, Patrick Daniel, Thomas Weber und andere.

Die EMNID Fragestellung und die Verteilung der Antworten:
Der rechtliche Umgang mit Hanf mit dem lateinischen Namen Cannabis bzw. dessen Harzprodukt Haschisch wird sehr kontrovers diskutiert und gehandhabt. In Kalifornien wird im Herbst über eine vollständige Legalisierung von Cannabis abgestimmt und in Tschechien wurde im Frühjahr der Besitz geringer Mengen Cannabis und der Anbau von bis zu 5 Hanfpflanzen entkriminalisiert. In Deutschland und einigen anderen Staaten hingegen plädieren viele für eine strengere Strafverfolgung von Cannabiskonsumenten. Hier 4 Möglichkeiten eines künftigen rechtlichen Umganges mit Cannabis in Deutschland. Welche dieser Möglichkeiten kommt Ihrer Meinung nach in Frage?

Der Besitz, auch nur zum Eigenkonsum, sollte wie bisher oder noch strenger in einem Strafverfahren mit möglicher Geld- oder Gefängnisstrafe geahndet werden. – 40 %
Der Besitz nur zum Eigenkonsum sollte weiter entkriminalisiert werden, also zum Beispiel nur noch als Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld verfolgt werden, wie bei einem Verkehrsdelikt, oder durch andere rechtliche Maßnahmen. – 30 %
Der Besitz und Anbau von Hanf in geringer Menge zum Eigenkonsum sollte ohne jegliche Verfolgung erlaubt sein. – 5 %
Der Cannabismarkt sollte darüber hinaus – wie bei Alkohol und Tabak – vollständig staatlich reguliert und besteuert werden; mit Verkauf an Erwachsene in speziellen Fachgeschäften.- 19 %
weiß nicht, keine Angabe – 7 %
(1 % Rundungsdifferenz)

Der DHV hat die EMNID-Umfrage, bei der noch weitere Fragen bezüglich Cannabis gestellt wurden, zusammen mit Partnern in Auftrag gegeben, darunter das Drogenforschungsinstitut INEIDFO und die Landesarbeitsgemeinschaft Drogenpolitik der Grünen Berlin.

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