Dienstag, 6. April 2010

Feuer auf Mechthild Dyckmans

Mechthild Dyckmans’ selektive Berichterstattung

Gemäß einer Meldung des Gesundheitsministeriums vom 8. März 2010 nahm die Drogenbeauftragte Mechthild Dyckmans (FDP) vom 8. bis 12. März 2010 an der 53. Sitzung der Suchtstoffkommission der Vereinten Nationen (Commission on Narcotic Drugs, CND) in Wien teil. Die CND ist das zentrale Gremium für die Drogenpolitik der Vereinten Nationen (UNO). Sie entscheidet unter anderem, welche Stoffe der internationalen Suchtstoffkontrolle zu unterstellen sind.
Die Drogenbeauftragte Dyckmans nutzte ihren Aufenthalt in Wien zu diversen bilateralen Gesprächen. Sie traf u.a. mit dem Exekutivdirektor des Büros der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC), Antonio Maria Costa, der Präsidentin des Internationalen Suchtstoffkontrollrats (INCB), Frau Sevil Atasoy, dem Leiter des European Monitoring Centre for Drugs and Drug Addiction (EMCDDA), Wolfgang Götz, sowie mit einer Reihe von Delegationsleitern wichtiger Partnerländer, zusammen.

Am 9. März 2010 nahm die Drogenbeauftragte am Runden Tisch zum Thema »Wirksame Mittel zur Sensibilisierung für die Gefahren des Missbrauchs von Drogen, einschließlich Cannabis, mit besonderem Augenmerk auf eine umfassende Berücksichtigung der spezifischen Bedürfnissen von Frauen, Männern, Jugendlichen und Kindern« als Vortragende teil. Ihr Vortrag ist in englischer Sprache auf der Website des Gesundheitsministeriums abrufbar, eine Übersetzung ins Deutsche sucht man dort bislang vergeblich.

In ihrem Vortrag sprach Dyckmans über »universelle Prävention« und betonte dabei, dass Kampagnen, die sich exklusiv auf illegalisierte Drogen bezogen hatten, in Deutschland nie erfolgreich gewesen seien. Dabei hob sie hervor, dass der Gebrauch von Alkohol und Tabak im Jugendalter ein klares Signal sei, dass diese Jugendliche zu einer speziellen Risikogruppe gehören, da jugendliche Raucher auch eher geneigt seien, später Cannabis zu rauchen.

In Sachen Prävention sollen somit legale und illegalisierte Drogen gleichrangig berücksichtigt werden, da man im Gesundheitsministerium erkannt hat, dass nicht die Substanz, sondern, dass die Gebrauchsmuster respektive das Konsumverhalten ausschlaggebend für allfällige Schäden sind, die infolge des Konsums entstehen können. Wieso aber dann »Cannabis« im Titel eine besondere Erwähnung fand, erklärte Dyckmans nicht; jedoch ging sie in ihrem Vortrag nach dem Loblied auf die »universelle Prävention« auf die »selektive Prävention« ein und sprach in der zweiten Hälfte ihres Vortrages fast ausschließlich von Cannabis-Prävention. Die besondere Berücksichtigung von Cannabis kann nur damit erklärt werden, dass der Umgang mit Cannabis illegalisiert ist, nicht aber ein besonderes Gefahrenpotenzial von dieser Substanz ausgeht.

Generell soll die Suchtstoffkommission die globale Drogenpolitik überwachen. Trotz dieses wichtigen Mandats bekommt man kaum etwas von der Arbeit, die dort geschieht, mit. Die Treffen werden nicht im Internet gezeigt und es werden auch keine Protokolle oder Zusammenfassungen der Öffentlichkeit präsentiert. Lediglich private Organisationen, die als NGOs an einigen Sitzungen teilnehmen dürfen, veröffentlichen Zusammenfassungen von den Sitzungen, so die Internationale Gesellschaft für Schadensminderung (International Harm Reduction Association) auf der Website www.cndblog.org und die Transform Drug Policy Foundation. Auf diesen Seiten ist zu lesen, dass Deutschland am 10. März 2010 im Plenum ein Statement abgegeben hat bezüglich der Notwendigkeit einer weltweiten Verfügbarkeit von Opioiden und Analgetika zu medizinischen Zwecken. In vielen Ländern der sogenannten »dritten Welt« müssen aufgrund eines Mangels an Opioiden und Analgetika derzeit viele kranke Menschen Schmerzen erdulden, die medikamentös abgemildert werden könnten.

Opioid (dem Opium ähnlich) ist ein Sammelbegriff für natürliche und synthetische Substanzen, die morphinartige Eigenschaften aufweisen und an Opioidrezeptoren wirksam sind. Der Begriff Opiat bezeichnet hingegen nur die natürlicherweise im Opium vorkommenden Stoffe mit dieser Wirkung, also Stoffe, die aus der Milch des Schlafmohns gewonnen werden.

Die meisten Opioide, die heute als Schmerzmittel (Analgetika) eingesetzt werden, sind synthetisch hergestellte Produkte der chemischen Industrie. Opiate hingegen werden ausschließlich aus dem nachwachsenden Rohstoff Schlafmohn hergestellt; und Schlafmohn wächst in diversen Ländern in Asien in genügender Menge, um den Mangel an Opiaten in der Welt zu beheben.

Es ist verwunderlich, dass Deutschland in seinem Statement lediglich von Opioiden sprach, jedoch die Opiate nicht erwähnte, deren Gewinnung billiger und vor allem nachhaltiger ist als die Herstellung synthetischer Opioide. Man kann sich hier des Eindrucks nicht erwehren, dass mit der Bezeichnung Opioide eine Begünstigung der chemischen Industrie beabsichtigt war und der Begriff Opiate bewusst weggelassen wurde, um nicht die Aufmerksamkeit auf den ökologisch wertvollen Grundstoff Opium zu lenken. Dieser Eindruck wird noch durch die Tatsache verstärkt, dass der Referent für Wirtschaftsrecht beim Verband der Chemischen Industrie (VCI), Dr. Tobias Brouwer, in der Zeit vom 25. bis 29. Januar 2010 die Drogenbeauftragte bei verschiedenen Arbeitskreis- und Ausschusssitzungen begleitete. Bei diesem Meinungs- und Erfahrungsaustausch konnte Brouwer um Verständnis bei politischen Entscheidungsträgern für die Positionen der Industrie werben.

Leider findet man nirgends eine Stellungnahme der Drogenbeauftragten Dyckmans zu dem besagten Beitrag Deutschlands in dem Plenum. Insbesondere interessiert es die Öffentlichkeit, ob es einen Einfluss seitens des Referenten für Wirtschaftsrecht beim Verband der Chemischen Industrie auf die Wortwahl des Beitrages Deutschlands in diesem Plenum gegeben hat. Hier besteht akuter Handlungsbedarf seitens Mechthild Dyckmans in Sachen Aufklärung der Öffentlichkeit.

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