Freitag, 4. Dezember 2009

Drogen-Politik in Island

Island war bis vor kurzem für unsere Redaktion ein fast weißes Blatt, Insider-Infos schwer zu bekommen, da es dort keinerlei Kifferplattformen oder gar eine Legalisierungsbewegung gibt.
Island hat, wie Schweden, Norwegen und Finnland auch, eine streng prohibitionistische Cannabispolitik. Doch auch auf Island ist der Genuss von Hanf, besonders in der jüngeren Generation, so verbreitet wie fast überall. Hiervon hat uns der Bericht von bstoned, der auf der Wikingerinsel als Austauschschüler gelandet ist, überzeugt.

Heute ist es Hanf, früher war es Alkohol
1908 wurde Alkohol in Island komplett verboten, da sehr viele Leute große Alkohol-Probleme hatten. 1920 wurden einige Weine aus Spanien dann wieder zugelassen, aber nur weil Island Fisch an Spanien verkauft hatte und die Spanier somit verlangten, dass die Isländer dafür auch ihren Wein importieren sollten. Im Laufe der Zeit hat die Prohibition das Volk dann doch sehr bedrückt und so kam es, dass im Jahre 1933 bei einer Volksabstimmung Alkohol wieder legalisiert wurde. Aber es gab dennoch einen großen Bevölkerungsanteil, der gegen die Legalisierung war, man glaubte, dass die Leute nur noch betrunken sein werden. Schließlich einigte man sich auf den Kompromiss, alle alkoholischen Getränke außer Bier zu erlauben. Das wiederum öffnete dem illegalen Bierhandel Tür und Tor.
Man durfte Bier in anderen Ländern kaufen, der Import war eine Art Grauzone. Zu dieser Zeit waren Schiffs-und Flugzeugbesatzungen sehr gefragt, denn sie konnten sowohl am Flughafen als auch am Hafen Bier kaufen und mitbringen. Alle anderen Isländern blieben nur Wodka und Wein.
In den 1980er Jahren kam es dann doch zu dem Punkt, an dem die Leute ihr Bier trinken wollten, und so wurde im Parlament 1988/1989 das Verbot aufgehoben. Am 1 März 1989 durfte man dann zum ersten mal Bier in einer Bar kaufen. Seitdem ist am 1 März auch der Isländische Biertag. Alkohol ist in Island ab 20 Jahren und nur in speziell lizenzierten Läden erhältlich.

Marihuana in Island
Marihuana und jegliche andere Cannabis Produkte sind natürlich illegal. Nach einem am 06.02.1997 von der Regierung unterzeichneten Plan der schwedisch-geführten Organisation ECAD sollte Island bis 2002 drogenfrei werden.
Wie die meisten Länder hat Island den „Single Convention Act“ der UNO unterschrieben und sich so dem drogenpolitischen Diktat der USA , so wie die meisten Länder Europas es getan haben, untergeordnet. In Island ist Gras streng verboten, aber dennoch leicht erhältlich. Man könnte denken, dass aufgrund der Kälte in Island und den allgemeinen schlechten Wetterbedingungen Marihuana eher importiert wird. Aber dies ist eigentlich nicht der Fall. Indoor ist auch hier mittlerweile das Stichwort. In der Isländischen Zeitung oder auf www.mbl.is liest man ein bis zweimal pro Monat, dass bei einer großen Pflanzenzucht in die Gewächshäuser eingebrochen und Lampen entwendet wurden. Auf Island gibt es halt keine Growshops. Wenn Marihuana dennoch importiert wird, kommt es über den Seeweg aus Dänemark oder auch aus Holland: Der Hanffachverkäufer fährt mit dem Schiff nach Dänemark und dann weiter nach Holland. Dort wird eingekauft und dann geht’s den gleichen Weg zurück. Ihr könnt euch ja die Kurse vorstellen, aber dazu später mehr. Was die meisten Isländer anscheinend noch nicht begreifen, ist, dass die Lampen sehr viel Strom ziehen und deshalb auch sehr auffällig und leicht zu entdecken sind. So liest man auch hierzulande manchmal, dass Grower hochgenommen werden, weil ihre Stromrechnung auffällig hoch war.

Schwarzmarkttag
Letzte Woche habe ich mir nach langer Pause mal gedacht, ich könnte mir ja mal ein Gramm Gras kaufen. Dazu habe ich dann erstmal meine Freunde angerufen, die mich daraufhin mit einem Auto abgeholt haben. Der Kauf an sich hat etwas Abenteuerliches:
Man ruft den „Dealer“ an und der sagt: „Ich warte gerade hier auf dem Parkplatz bei xy auf z …“. Dann fährt man hin und kauft ein. Das Komische ist, dass es extrem auffällig ist, auf dem Parkplatz eines schon seit 19 Uhr geschlossenen Einkaufscenter alleine in einem Auto zu sitzen und Gras zu verkaufen. Das ist nicht gerade sehr professionell. Der durchschnittliche Kurs liegt bei 5000 isländischen Kronen, also um die 27€(!). Zudem war es auch noch recht feucht. Es sollte Skunk sein, aber davon war ich nicht so überzeugt. Was hier auch sehr oft passiert ist, dass die „Dealer“ das Weed mit den Calixblättern (Anmerkung: die großen Sonnensegel neben den Blüten, die kaum Wirkstoff enthalten) strecken. Unglaublich dreist. Von der Hasch-Qualität will ich gar nicht erst anfangen. Die haben so etwas wie einen Ice-o-Lator noch nie gesehen. Die Polizei in Island kümmert sich nicht besonders ums Kiffen. Die hat Besseres zu tun, als harmlose Drogenkonsumenten zu jagen. Natürlich sollte man nicht unbedingt in der Öffentlichkeit seine Tüte rauchen, aber abends auf dem Heimweg vom Restaurant geht es schon. Eigentlich so wie in Deutschland vor zehn Jahren. Wo man noch gemütlich im Park gesessen hat und seine Tüte rauchen konnte.

In Zukunft könnte sich das allerdings ändern:
Im November hat die Regierung eine „Aufklärungskampagne“ gestartet, die den Namen nicht verdient hat. In bester „Reefer Madness“-Traditon versucht die Regierung, durch eine abstoßend wirkende Darstellung eines Jugendlichen mit geöffneter Schädeldecke einen direkten Zusammenhang zwischen Cannabiskonsum und einer Hirnschädigung herzustellen.
Unwissenschaftlich, polemisch und unglaublich dumm-dreist. Diese Taktik zieht immer dann, wenn sachliche Argumente die eigene Position bis hin zur Unglaubwürdigkeit schwächen. Getroffene Hunde lügen.

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