Mittwoch, 28. Oktober 2009

Wo bleiben die Good Cops?

DHV schickt Rauschzeichen an Polizeipräsidenten

Der Hanfverband macht vor, was in den USA schon längst an der Tagesordnung ist: Georg Wurth und Steffen Geyer fordern deutschlandweit Polizeipräsidenten und Staatsanwälte auf, ihr Buch „Rauschzeichen“ zu lesen und so Sinn und Zweck ihrer Arbeit sowie der Hanfprohibion neu zu überdenken.

Engagierte Ermittlungsbehörden können Teil der Legalisierungsbewegung werden, sie müssen sich nur trauen.
Nicht nur das Cannabisverbot, sondern sogar die Drogenprohibition ganz allgemein wird von immer mehr Polizisten in Frage gestellt. Auch andere Berufsgruppen, die sich mit der Kifferverfolgung beschäftigen müssen, sind zunehmend skeptisch. Richter, Staatsanwälte und Gefängnisdirektoren beteiligen sich ebenfalls öffentlich an der Diskussion. In den USA gibt es sogar eine Dachorganisation solcher Berufsgruppen mit dem Ziel, die Drogenprohibition abzuschaffen: LEAP – Law Enforcement Against Prohibition.

Viele Vertreter von LEAP kämpfen unermüdlich für die Legalisierung mit dem Motto: Cops say legalize – ask us why. Aus Kalifornien meldete sich der Richter Jim Gray mit einer Video-Botschaft zu Wort, in der er erklärt, warum er das Verbot von Marihuana für schädlich hält und es lieber legalisieren will. Wolfgang Werdenich, österreichischer Gefängnisdirektor, zum Thema Drogen: „Klar lässt sich eine Gesellschaft mit mehr Polizei kontrollieren. Aber will ich das? Man könnte ja die Spardiskussion ernst nehmen und sich die Frage stellen, ob nicht bestimmte Varianten der Entkriminalisierung und Legalisierung von Drogen deutlich weniger kosten als der derzeitige Kontrollaufwand und noch dazu ein sinnvollerer Ansatz sind“. Richard Brunstrom, Chef der Polizei von Nord-Wales: „Wenn Großbritannien wirklich eine radikal auf Fakten basierende Strategie möchte, dann muss die gegenwärtige ‘Krieg gegen Drogen’-Politik aufgegeben werden, muss das Drogenmissbrauchsgesetz von 1971 durch ein neues Substanzmissbrauchsgesetz ersetzt werden, welches auf die Legalisierung sowie vorsichtige und gleich bleibende Regulierung aller missbrauchten Substanzen aufbaut. Dieses neue Gesetz muss als Kern die Philosophie der objektiv festgestellten Schädlichkeitsbewertung und der Schadensminimierung haben.“

Kritische Justizbeamte in Deutschland?
Eine seltene Spezies.

In der Bundesrepublik gibt es seit Jahren kaum eine/n Vertreter/in der Judikative oder der Exekutive, die sich noch trauen, mit dem Thema Hanf- oder gar Drogenlegalisierung an die Öffentlichkeit zu gehen. Nachdem Richter Andreas Müller aus Bernau mit der Forderung nach Überprüfung der Hanfprohibition hohe Wellen schlug und fast seinen Job verloren hätte, verurteilt er laut der „taz“ heute Kiffer wieder nach Vorgabe. Wolfgang Neskovic, ehemaliger Richter am Bundesverfassungsgericht und dem Cannabisverbot gegenüber ebenso kritisch eingestellt wie sein Kollege aus Brandenburg, musste auch spüren, was es heißt, sich für eine rationale Auseinandersetzung mit diesem Thema einzusetzen: Die Medien haben Herrn Neskovic auf „Kifferfreund“ und „Haschrichter“ reduziert, seitdem hält er sich diesbezüglich zurück und beschäftigt sich mit Sicherheitspolitik. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Kritischer Polizisten (Hamburger Signal), die in den späten 1980er und den 1990er Jahren mit ihrer kritischen Haltung zu Atomkraft, Nachrüstung und auch der Drogenpolitik viel Aufsehen erregte und Unterstützung erhielt, steht seit Jahren kurz vor der Insolvenz, hat sich in internen Grabenkämpfen aufgerieben und ist mittlerweile bedeutungslos geworden. Im Gründungspapier der Kritischen Polizisten wird 1986 sogar die Abschaffung des Betäubungsmittelgesetzes gefordert.

Die einzige Unterstützung, die harmlose Hanfkonsument/innen von Staates Seite erhalten, sieht oft so aus: Die Polizei findet im Rahmen von Ermittlungen die Menge X, im Beschlagnahmeprotokoll findet sich jedoch die Menge Y, die natürlich ein wenig geringer ist. Klingt abenteuerlich, wurde unserer Redaktion aber in zahlreichen Erfahrungsberichten von Lesern, in persönlichen Gesprächen und auch von Mitarbeitern genau so geschildert. So oder durch halbwegs milde Urteile denken anscheinend einige Justizangestellte mit schlechtem Gewissen den verfolgten Kiffern ein kleines Stück Gerechtigkeit wieder zu geben oder gar auf die Schnelle unbemerkt einen rollen zu können.

Es gibt auch in Deutschland viele Beamte, die den War on Drugs und seine repressiven Strategien für gescheitert halten, leider bis dato nur nach Feierabend. In Deutschland gilt interne Kritik, auch konstruktive, in alter wilhelminischer Tradition und anders als bei vielen europäischen Nachbarn, immer noch als Nestbeschmutzung.

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