Montag, 8. Dezember 2008

Entzugssymptome beim Konsum von Cannabis und THC

Es ist umstritten, ob es ein einheitliches Entzugsyndrom beim Cannabiskonsum gibt, da viele Konsumenten einen gewohnheitsmäßigen Cannabiskonsum beenden oder unterbrechen können, ohne an Entzugssymptomem zu leiden.

Andererseits werden bei anderen Personen Entzugssymptome beobachtet, die es den Betroffenen schwer machen, ihren Konsum einzustellen oder zu reduzieren. Dieser Artikel berichtet von einer bemerkenswerten Studie aus den USA, die 2007 durchgeführt wurde. Darin wurde die Entzugssymptomatik nach dem Absetzen von Cannabis mit der nach dem Absetzen von Tabak verglichen.

Mögliche häufige Symptome nach Einstellung eines Cannabiskonsums sind eine emotionale Instabilität mit verstärkter Wut und Aggression, eine depressive Stimmungslage, Schlafstörungen, vermehrtes Träumen und Appetitlosigkeit. Die meisten Symptome beginnen etwa 24 Stunden nach dem Absetzen, erreichen nach zwei bis fünf Tagen ihr Maximum und halten etwa ein bis zwei Wochen an. Langjährige starke Cannabiskonsumenten haben mir allerdings auch berichtet, dass insbesondere Schlafstörungen mehrere Wochen lang anhalten können.

Um sich die Stärke von Entzugssymptomem vorstellen zu können, ist es hilfreich, sie mit Entzugssymptomem bei anderen Drogen bzw. Medikamenten vergleichen zu können. Beispielsweise berichten alle Personen, die entweder Erfahrungen mit Opiaten und Cannabis oder mit Benzodiazepinen und Cannabis haben, dass die Entzugssymptome nach dem Absetzen von Opiaten bzw. von Benzodiazepinen ungleich viel stärker sind und deutlich länger anhalten als nach dem Absetzen von Cannabisprodukten.
In die Studie aus den USA wurden 12 Teilnehmer aufgenommen, die sowohl Cannabis als auch Tabakzigaretten konsumierten. Es handelte sich um sechs Männer und sechs Frauen mit einem Durchschnittsalter von 28 Jahren, die im Durchschnitt etwa zehn Jahre lang Cannabis konsumierten, zur Zeit durchschnittlich viermal pro Tag. Im Durchschnitt konsumierten sie auch zehn Jahre lang Tabakzigaretten, zur Zeit durchschnittlich etwa 20 Zigaretten täglich.

Die Teilnehmer unterbrachen im Rahmen der Studie in einer zufällig ausgewählten Reihenfolge jeweils 5 Tage lang den Konsum von Cannabis, von Tabak und von beiden Drogen gleichzeitig. Diese drei verschiedenen Entzugsphasen wurden jeweils von 9 Tagen unterbrochen, in denen die Probanden wie üblich konsumierten. An jedem Studientag füllten sie einen Fragebogen aus, der häufige Symptome enthielt, die nach dem Absetzen von Tabak oder Cannabis auftreten können. Täglich wurde die Stärke jedes Symptoms auf einer Skala von 0 bis 3 bestimmt (0 = überhaupt nicht, 1 = gering, 2 = mäßig stark, 3 = stark). Aus diesen Einzelsymptomen wurde ein Gesamtwert gebildet.

Die Stärke des Entzugs war insgesamt und auch hinsichtlich einzelner Symptome während der Cannabisabstinenz etwa so groß wie während der Tabakabstinenz. Die Werte für Wut und Verlangen nach der Droge waren allerdings während der fünf Tage ohne Tabak größer als während der Zeit ohne Cannabis. Die Stärke der Entzugssymptome wies erhebliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Probanden auf.

Überraschenderweise ergab sich bei einigen Teilnehmern die geringste Stärke des Entzugsgesamtwerts in der Phase der Abstinenz von beiden Drogen. Nach Auffassung der Autoren könnte dies damit zusammenhängen, dass beide Drogen geraucht werden und daher mit den gleichen Schlüsselreizen verbunden sind. Das vollständige Fehlen von mit dem Rauchen assoziierten Schlüsselreizen könnte die Entzugssymptomatik reduziert haben.

Wenig überraschend ist dagegen eine Tendenz zu einer Dosisabhängigkeit der Entzugsstärke. So zeigten die vier Teilnehmer, die nur ein- oder zweimal täglich Cannabis konsumierten, keine oder nur sehr schwache Entzugssymptome, während die vier Teilnehmer, die sechsmal oder öfter am Tag konsumierten, alle deutlich stärkere Entzugssymptome aufwiesen. Der höchste Gesamtwert wurde von dem Teilnehmer mit dem stärksten Cannabiskonsum (zehnmal täglich) erzielt. Zwischen den vier Teilnehmern, die drei- bis viermal täglich konsumierten, gab es allerdings sehr große Unterschiede, die von keinen bis zu starken Entzugssymptomem reichten.

Ein mir wichtig erscheinender Aspekt beim Thema Entzug wurde in der Studie nicht behandelt. So haben nach meiner Erfahrung Cannabiskonsumenten, die in jungen Jahren mit dem Konsum begonnen haben, stärker mit Entzugssymptomem zu kämpfen als Spätensteiger. Das gleiche Phänomen ist vom Tabakkonsum bekannt. Dies lässt sich leicht dadurch erklären, dass das jugendliche Gehirn viel empfindlicher und nachhaltiger auf Drogen reagiert als das erwachsene.

Dr. med. Franjo Grotenhermen ist unter anderem Vorstand Internationalen Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin, ausserdem Editor im Magazin “Cannabis and Cannabinoids. Pharmacology, Toxicology and Therapeutic Potential”, welche auf Deutsch, Englischu nd Spanisch erscheinen, sowie “Cannabis, Straßenverkehr und Arbeitswelt”, und Autor von “Hanf als Medizin”

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