Donnerstag, 26. Juni 2008

Feuer Auf Sabine Bätzing

Mangelhafte Aufklärung der Öffentlichkeit betreff Drogenrepression

Nach Cannabis sind Amphetamin und Kokain die in der Bundesrepublik Deutschland am häufigsten konsumierten illegalisierten Stoffe. Die Anzahl der Konsumenten von Amphetamin und Kokain ist gemäß Angaben der Deutschen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (DBDD) etwa gleich groß. Dennoch hat seit Beginn dieses Jahrtausends die Zahl der von der Polizei jährlich ertappten Kokainhändler um mehr als die Hälfte abgenommen, die Zahl der jährlich ertappten Amphetaminhändler hat jedoch um etwa die Hälfte zugenommen. Auch bei den jährlichen Sicherstellungsfällen sind divergierende Repressionskoeffizienten zu beobachten. Bei Kokain haben diese um etwa ein Viertel abgenommen, bei Amphetamin hat sich die Anzahl jedoch mehr als verdoppelt. Im Bereich des Kokains zeigt sich eine langfristige Abnahme des Repressionskoeffizienten, im Bereich des Amphetamins jedoch eine langfristige Zunahme desselben.

Da im »Drogen- und Suchtbericht 2008« der Bundesregierung dieses Phänomen überhaupt nicht erwähnt wird – nicht einmal eine ganze Seite wird in dem 128 Seiten starken Bericht den Substanzen Amphetamin und Kokain gewidmet –, soll in diesem Artikel eine Aufklärung der Öffentlichkeit bezüglich der Repressionskoeffizienten hinsichtlich Amphetamin und Kokain gewährleistet werden.

In der Altersgruppe der 18- bis 64jährigen haben in der Bundesrepublik Deutschland gemäß amtlicher Umfragen 12,3 Millionen Menschen schon einmal in ihrem Leben (Lebenszeit-Prävalenz) Cannabis zu Rauschzwecken konsumiert, unter Einbeziehung der Jugendlichen (14- bis 17jährigen) waren es über 13,0 Millionen. Innerhalb der letzten 12 Monaten (12-Monats-Prävalenz) sollen es gemäß repräsentativen Umfragen etwa 2,5 Millionen der 18- bis 64jährigen gewesen sein und innerhalb der letzten 30 Tage (30-Tage-Prävalenz) etwa 1,2 Millionen. Andere, unabhängige vornehmlich Fachleute schätzen die Zahl der Personen, die in der Bundesrepublik Deutschland regelmäßig – an jedem Wochenende oder auch (fast) täglich – Cannabis zu Rauschzwecken konsumieren, auf etwa 4,0 Millionen.

Amphetamin und Kokain wird weit seltener konsumiert. Gemäß repräsentativen Umfragen in der Bundesrepublik Deutschland haben jeweils 1,3 Millionen Personen Erfahrungen mit Amphetamin und/oder Kokain gesammelt (Lebenszeit-Prävalenz), etwa 270.00 Personen sollen innerhalb der letzten 12 Monate Amphetamin, 320.000 Personen Kokain konsumiert haben.

Seit der Jahrtausendwende stieg die Zahl der jährlich ertappten Amphetaminkonsumenten um 133,8%, bei Kokain sank der entsprechende Wert um 6%. Die Zahl der von der Polizei ertappten Amphetaminhändler stieg seit der Jahrtausendwende um knapp die Hälfte (+48,6%) an. Bei Kokain sank diese Zahl in den letzten Jahren um etwa die Hälfte (-51,1%). Die Zahl der erstauffälligen Amphetaminkonsumenten stieg um 58,2%, die der Amphetaminsicherstellungsfälle (Anzahl der Fälle von Beschlagnahmungen von Amphetamin) ist sogar um mehr als das Doppelte gestiegen (+105,6%). Im Gegensatz dazu sank im letzten Jahrzehnt die Zahl der erstauffälligen Kokainkonsumenten etwa um ein Drittel (-32,7%), die Zahl der Kokainsicherstellungsfälle etwa um ein Viertel (-23,5%). Offensichtlich divergieren die Repressionskoeffizienten bei Amphetamin und Kokain in signifikanter Weise, obwohl bei der Entwicklung der Konsumentenzahlen gemäß Umfragen kaum Unterschiede festzustellen sind.

Im »Drogen- und Suchtbericht« vom Mai 2007 der Drogenbeauftragten der Bundesregierung kann man auf Seite 39 nachlesen, dass gemäß Schätzungen des Instituts für Therapieforschung in München (IFT) es in Deutschland 250.000 bis 300.000 Konsumenten illegaler Drogen (ohne Cannabis) gebe und daß davon 175.000 abhäng seien. Im »Drogen- und Suchtbericht« vom Mai 2008 werden überhaupt keine Angaben zu den Konsumentenzahlen von Amphetamin und/oder Kokain gemacht. In dem Bericht heißt es auf Seite 79 lediglich, daß Schätzungen davon ausgingen, dass zwischen 167.000 und 198.000 Menschen in Deutschland Drogen wie Opiate, Kokain, Amphetamine und Halluzinogene in problematischer Weise konsumieren.

Gemäß Wasseranalysen des Nürnberger Instituts für Biomedizinische und Pharmazeutische Forschung in Nürnberg (IBMP) im Herbst 2005, bei denen die Konzentration des Kokainabbauproduktes Benzoylecgonin in diversen Flüssen gemessen wurde, lag der Kokainverbrauch allein im Einzugsgebiet des Rheins bei Düsseldorf bei knapp 11 Tonnen Kokain pro Jahr respektive bei etwa 27,5 Tonnen Kokaingemisch mit 40% Wirkstoffgehalt (Straßenqualität). Da Deutschland mehr als doppelt so viele Einwohner hat wie im Einzugsgebiet des Rheins oberhalb von Düsseldorf leben, muss der jährliche Kokainverbrauch in der Bundesrepublik bei etwa 22 bis 23 Tonnen Kokain respektive bei etwa 55 bis 57 Tonnen Kokaingemisch mit 40% Wirkstoffgehalt angesetzt werden. Dies entspräche einer Konsumentenzahl von etwa 630.000 bis 660.000, wobei ein jährlicher Konsum von 35 Gramm Kokain (= 87,5 Gramm Kokaingemisch) pro Konsument und Jahr angenommenn wird (Schätzung der Weltgesundheitsorganisation). Die im »Drogen- und Suchtbericht 2007« angegebenen Zahlen von 250.000 bis 300.000 Konsumenten illegaler Drogen (ohne Cannabis) sind offensichtlich viel zu niedrig und können nicht als realistisch eingeschätzt werden – insbesondere, weil in diesen Zahlen auch jene Konsumenten enthalten sind, die nur Amphetamin und/oder Ecstasy und/oder Heroin, jedoch kein Kokain, konsumieren.

Wichtig: Safer Sniffing

Wer Drogen konsumiert, sollte die Risiken kennen. Die Risiken liegen oft nicht in den pharmakologischen Eigenschaften der Substanzen begründet, sondern in der Art der Einnahme. So weiß fast jeder Fixer, daß der gemeinsame Gebrauch von Spritzbestecken ein hohes Infektionsrisiko mit sich bringt. Doch die wenigsten Menschen, die Amphetamin und/oder Kokain schnupfen, wissen, daß auch der gemeinsame Gebrauch von Schnupfutensilien ebenfalls ein Infektionsrisiko darstellt. Schon kleine Verletzungen in der Nasenschleimhaut, welche gerade beim Sniffen durch scharfkantige oder schräg abgeschnittene Röhrchen entstehen können, genügen, um sich beispielsweise mit dem Hepatitis-Virus oder Herpes zu infizieren. Deshalb: Kein gemeinsames Benutzen von Röhrchen oder Banknoten beim Sniffen!

Hans Cousto (Drogenkult.net)

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