Montag, 5. Mai 2008

Feuer Auf Sabine Bätzing

Wir warten auf Ihre Erklärung, Frau Bätzing!

Am Donnerstag, den 27. März 2008, stellte der Direktor Antonio Costa der UN Drogenkontrollbehörde (Commission on Narcotic Drugs, CND) in einem Bericht fest, dass das internationale Drogenkontrollsystem seinem Zweck nicht gerecht wird.

Der Bericht „Das Drogenkontrollsystem Fit für die Zweckbestimmung machen: Aufbauen auf der UNGASS Dekade (Making drug control ‘fit for purpose’: Building on the UNGASS decade)“ wurde auf der Konferenz der Suchtkommission, welche Anfang März 2008 stattfand, veröffentlicht, aber nicht weit verbreitet (UNGASS = United Nations General Assembly Special Session).

Er sagte aus:

„Es ist tatsächlich ein Geist der Reformen in der Luft um die Vereinbarungen (Conventions) fit für den Zweck zu machen und sie der Realität auf dem Boden anzupassen, welcher verständlicherweise völlig anders ist als zu der Zeit, in der die Vereinbarungen geschaffen wurden. Mit dem System der multilateralen Abkommen können diese einfach übernommen werden, alles was wir brauchen ist:

als erstes, eine erneuerte Zusage an die Prinzipien des Multilateralismus und der verteilten Verantwortung. Zweitens, eine Zusage, dass die Basis der Reform auf empirischen Beweisen beruht und nicht auf Ideologie; und drittens, einen konkreten Aktionsplan, der die oben geschriebenen Ziele unterstützt – über rhetorische und Lippenbekenntnisse hinaus.“ (S. 13)

„Wenn wir uns das letzte Jahrhundert anschauen, können wir sehen, dass das Kontrollsystem und dessen Anwendungen einige unvorhergesehene Konsequenzen gehabt haben. Diese mögen oder auch nicht – unerwartet gewesen sein, aber sie waren sicherlich unbeabsichtigt.“ (S. 10)

Gemeint ist hier der weltweit gut organisierte Schwarzmarkt, der trotz Investitionen in Milliardenhöhe im „War on Drugs“ nicht eingedämmt werden konnte. Deshalb beschloss die CND das laufende Jahr zum Jahr der „ Auswertung der Strategie“ zu erklären. Alle Staaten sollen ihre Drogenpolitik evaluieren.

Danny Kushlick, Direktor der Transform Drug Policy Foundation (Stiftung zur Transformierung der Drogenpolitik), sagte hierzu:
„Dieser Bericht ist ein willkommener Kontrast zur politisch motiviertierten Rhetorik, welche die Suchtkommissionstreffen bisher immer dominiert hat. Herrn Costa ist zu gratulieren für die klare Aussage, die sich mit den Erkenntnissen der an der Reform der Drogenpolitik seit Jahrzehnten arbeitenden Fachleuten deckt. (…) Es ist zu hoffen, dass die Themen, die der Direktor aufgeworfen hat, seriös von den Mitgliedsstaaten im folgenden Jahr der „Auswertung der Strategie“ debattiert wird. Trotz der positiven Worte des Direktors der Drogenkontrollbehörde hat diese substanzielle Debatte noch nicht begonnen.“

Auch das Europäische Parlament fordert eine Richtungsänderung in der Drogenpolitik, da es zur Erkenntnis gelangte, dass die bisherige Prohibitionspolitik gescheitert sei. Die Europäische Kommission und der Europäische Rat wollen hingegen die repressive Drogenpolitik nicht nur weiter führen, sondern auch noch weiter ausbauen.
Fakt ist, dass der Drogenkonsum in den Ländern der Europäischen Union in den letzten zehn Jahren signifikant zu- und nicht abgenommen hat. Dies gilt insbesondere bei Jugendlichen unter 18 Jahren. Das Ziel, die Prävalenz des Drogenkonsums zu senken, wurde nicht erreicht.

Auch das Ziel, die durch Drogenkonsum bedingten gesundheitlichen Schäden signifikant zu senken, wurde nicht erreicht. Zwar nahm die Zahl der HIV-Infektionen im Kreise der Fixer ab, dafür stiegt jedoch die Zahl der Infektionen mit Hepatitis C dramatisch an. Auch die Zahl der durch Drogenkonsum bedingten Todesfälle ist nur in einigen EU-Ländern zurückgegangen, stieg dafür jedoch in anderen merklich an. Auch die Verfügbarkeit von illegalisierten Drogen ist nicht gemindert worden, sondern ist nach wie vor nahezu flächendeckend in der gesamten Europäischen Union gewährleistet. Zudem sind die Preise tendenziell eher gefallen und nicht gestiegen. Deshalb fordert das Europäische Parlament die Entwicklung präziser, quantifizierbarer und operationeller Ziele, um zu untersuchen, ob und in welchem Umfang die Zielsetzungen und Maßnahmen, wie sie in der vorherigen Strategie zur Drogenbekämpfung formuliert waren, zu Ergebnissen geführt haben.

Des weiteren fordert das Parlament, dass die von den Drogen ausgehenden Gefahren unter anderem unter wissenschaftlichen, soziologischen und kulturellen Gesichtspunkten nicht nur durch eine genaue Untersuchung der objektiven und vergleichbaren Daten, sondern auch unter sorgfältiger Beurteilung aller anderen Folgen und Schäden für die Entwicklung der Gesellschaft analysiert werden müssen, um zu verhindern, dass bei der Analyse der zahlreichen Probleme im Zusammenhang mit Drogen eine zu starke Vereinfachung betrieben wird. Das Europäische Parlament verlangt zudem, dass diese Analysen und Beurteilungen veröffentlicht werden.

Die Bundesregierung weigerte sich bisher die repressiven Maßnahmen im Drogenbereich zu evaluieren und weigerte sich auch auf parlamentarische Anfragen diesbezüglich zu antworten. Nun ist die Bundesregierung jedoch in der Pflicht, die Drogenpolitik zu evaluieren, da sie jetzt auch von dem zuständigen Gremium der Vereinten Nationen dazu aufgefordert wurde. Die Bundesregierung muss jetzt die Drogengesetzgebung und ihre Umsetzung auf Effizienz und Evidenz prüfen.

Mit Spannung wartet nun die Bevölkerung im Lande, wen (welche Universitäten respektive welche Institute) die Bundesregierung beauftragt, diese Evaluierung vorzunehmen und welche Erklärungen die Bundesregierung für ihre bisherige Verweigerungshaltung zu veröffentlichen gedenkt.

Frau Bätzing, selten zuvor hat die Bevölkerung in Deutschland mit so viel Spannung auf Ihre nächste Pressemitteilung zur Drogenpolitik gewartet – ja, es ist schließlich Ihre Aufgabe, der Bevölkerung die Drogenpolitik der Bundesregierung zu erklären.

Weitere Hintergrundinformationen in:

Pressemitteilung: 8. April 2008, Eve&Rave: Hanfparade in Berlin -Kundgebung gegen die Mißachtung der Menschenrechte

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