Montag, 3. Dezember 2007

Über Drogentests auf Cannabis und wie sie verfälscht werden können (III)

Dies ist der letzte von drei Beiträgen zu Drogentests auf Cannabis. In den vorausgegangenen Beiträgen ging es das Vorkommen von THC in biologischen Flüssigkeiten und Haaren, um Nachweisverfahren von THC, mögliche Ursachen für positive Tests ohne Drogenkonsum sowie die Verdünnung des Urins zur Verfälschung des Ergebnisses.

Tabelle:
THC-COOH-Konzentrationen nach GC/MS-Analyse im Urin in Nanogramm pro Milliliter unter verschiedenen Versuchsbedingungen
nach der oralen Aufnahme einer einheitlichen Mengen THC-COOH (nach einer Untersuchung von Coleman 1997).

Einnahme von Substanzen, die den Urin reinigen
sollen.

Es gibt nur wenige wissenschaftliche Informationen zur Wirksamkeit von käuflich erwerbbaren Produkten, die den Urin von THC und anderen Drogen befreien sollen. Sie wirken offenbar vor allem durch die gleichzeitig aufzunehmende Trinkmenge, also auf dem oben beschriebenen Verdünnungseffekt. Beispielsweise soll bei der Einnahme von Quick Flush 1,1 Liter Flüssigkeit und bei der Einnahme von Eliminator 1,4 Liter Flüssigkeit aufgenommen werden. Quick Flush enthält B-Vitamine, Kreatin und pflanzliche Substanzen (möglicherweise harntreibende Pflanzen). Nach der Anweisung für Eliminator soll man normal essen und trinken, dann die ganze Flasche Eliminator und zusätzliches Wasser trinken, danach 3-4 mal urinieren und nach 45 Minuten den Test durchführen. Die Tabelle zeigt die Wirkung einer Verdünnung und der Verwendung der beiden Produkte auf die THC-COOH- Konzentrationen im Urin nach einer wissenschaftlichen Untersuchung. Durch die Einnahme noch größerer Wassermengen (3 bis 5 Liter) mit entsprechenden Entwässerungsmitteln kann der Urin noch weiter verdünnt werden, so dass die Nachweisgrenze häufig unterschritten werden kann, vor allem wenn die THC-COOH-Konzentration bereits ohne Manipulation niedrig gewesen wäre. Es hat keine nachgewiesene Wirkung, wenn bereits mehrere Tage vor dem Test mit der Aufnahme größerer Flüssigkeitsmengen begonnen wird, da dadurch keine vermehrte Ausscheidung von THC-COOH erzielt werden kann. Es gibt auch keine Hinweise, nach denen die Einnahme von Vitamin C, Nicotinsäure (auch Niacin oder Vitamin B3 genannt) oder Essig Einfluss auf die THC-COOH-Konzentration hat. Theoretisch könnten Aktivkohle, die auch bei Durchfall verwendet wird, oder Lecithin zu einer beschleunigten Ausscheidung von THC-COOH führen. Es gibt dazu jedoch keine wissenschaftlichen Daten. Es gibt keine Hinweise, nach denen kommerziell erhältliche Produkte einen relevanten Einfluss auf die Ausscheidung von THC-COOH haben, auch wenn viele Benutzer – vermutlich aufgrund des Verdünnungseffektes – gute Erfahrungen damit gemacht haben. Denn es gibt auch viele gegenteilige Erfahrungen. Zugabe von Substanzen zum Urin Folgende Substanzen haben sich in wissenschaftlichen Untersuchungen als wirksam erwiesen, bei Drogenscreenings die Nachweisbarkeit von THC-COOH im Urin zu verhindern: Flüssigseife, Haushaltsbleiche, Tafelsalz, ätzende Reinigungsmittel, Essig und Augentropfen. Die meisten dieser Substanzen fallen jedoch eventuell durch Veränderungen des spezifischen Gewichts (Tafelsalz), des pH-Wertes (Bleichmittel, Essig), durch ihr Aussehen(Flüssigseife) oder ihren Geruch auf. Die Beeinflussung des Testergebnisses ist eventuell abhängig vom verwendeten Immunoassay. Die einzige Substanz, die nicht auf einfache Weise nachgewiesen werden kann, sind Augentropfen. Wissenschaftler fanden heraus, dass das in Augentropfen enthaltene Konservierungsmittel Benzalkoniumchlorid für die Verfälschung des THCNachweises verantwortlich ist. Wenige Tropfen scheinen für eine Verhinderung des Nachweises von THC-COOH im Urin mittels Immunoassay auszureichen. Benzalkoniumchlorid ist auch in vielen Desinfektions- und Reinigungsmitteln, wie beispielsweise Sagrotan, enthalten. Der Nachweis von THC-COOH mittels GCMS wird durch Benzalkoniumchlorid nicht beeinträchtigt. Nach einer wissenschaftlichen Studie soll die Zugabe von Papain zum Urin die Konzentration von THC-COOH reduzieren, ohne im Labor leicht entdeckt zu werden. Ein kommerzielles Produkt (Urine Luck) enthält als wirksamen Bestandteil PCC (Pyridiniumchlorochromat). Es reduziert die THC-COOH-Konzentration im Urin umso stärker je länger es wirken kann. Auch einige andere kommerzielle Produkte können offenbar Urintests auf THC bzw. THC-COOH verfälschen, darunter UrinAid, das Glutaraldehyd enthält, Klear und Stealth, die starke Oxidanzien sind und daher THC-COOH zerstören können. Bei gezielter Suche auf diese Verfälschungsmittel können diese entdeckt werden.
Beeinflussung von Blut, Speichel, Schweiß und Haaren. Die Blutkonzentration von THC lässt sich meines Wissens nicht beeinflussen. Es ist jedoch wichtig zu wissen, dass die Bluttests nicht exakt sind. Augentropfen führten in Untersuchungen auch zu negativen Testergebnissen auf Cannabis in Schweißtests. Zur Verfälschung von Speicheltests ist ebenfalls ein Produkt im Internet erhältlich (http://www.ipassedmydrugtest.com), dessen Wirksamkeit allerdings bisher nicht untersucht wurde. Da die THC-Konzentration im Speichel vor allem auf einer Exposition mit dem eingeatmeten Cannabisrauch beruht, erscheint es gut möglich, dass ein ausgiebiges Ausspülen des Mundes zu einer Reduzierung der THC-Konzentration führt. Im Allgemeinen besteht jedoch keine Zeit, Drogenscreenings im Schweiß oder Speichel zu manipulieren.
Ausgiebiges Waschen der Haare mit einigen Shampoos kann THC und seine Stoffwechselprodukte im Haar reduzieren. In einer Studie führte das Waschen der Haare mit Head & Shoulders, Neutrogena oder Rave zu einer Verringerung der Drogenkonzentrationen. Aufgrund theoretischer Überlegungen ist es wahrscheinlich, dass das Bleichen der Haare mit Wasserstoffsuperoxid, ein starkes Oxidationsmittel, die THC- Konzentration in den Haaren herabsetzt. Hinsichtlich der Testung von Haaren ist es wichtig zu wissen, dass auch Achsel- oder Schamhaare für den Nachweis auf Drogen verwendet werden können, wenn keine Kopfhaare vorhanden sind.

Dr. med. Franjo Grotenhermen
Mitarbeiter des nova Institutes in Hürth bei Köln und Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin (ACM)

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