Freitag, 5. Oktober 2007

Über Drogentests auf Cannabis und wie sie verfälscht werden können (I)

Von Dr. med. Franjo Grotenhermen

Dies ist der erste Artikel einer dreiteiligen Serie zu Drogentests auf Cannabis bzw. THC und ihre mögliche Manipulation. Dieser erste Teil befasst sich mit dem “Vorkommen von THC in biologischen Flüssigkeiten und Haaren”. Die nächsten Beiträge behandeln Nachweismethoden für THC und seine Stoffwechselprodukte, mögliche Ursachen für positive Tests ohne Drogenkonsum, die Wirkung der Verdünnung des Urins, Einnahme von Substanzen, die den Urin reinigen sollen, Zugabe von Substanzen zum Urin, Beeinflussung von Blut, Speichel, Schweiß und Haaren.
Cannabiskonsumenten können aus unterschiedlichen Gründen zu Drogentests aufgefordert werden. Diese Tests werden im Allgemeinen mit biologischen Flüssigkeiten (Blut, Urin, Speichel, Schweiß) oder Haaren durchgeführt. So kann beispielsweise bei einem Verdacht auf die Teilnahme am Straßenverkehr unter dem Einfluss von Drogen von Polizeibeamten vor Ort eine Screening-Untersuchung von Speichel oder Schweiß vorgenommen werden. Sollte bei einer möglichen anschließenden Untersuchung des Blutes THC im Blut nachgewiesen werden, so gilt der Betroffene als absolut fahruntüchtig, wenn mehr als 1 Nanogramm pro Milliliter THC im Blutserum nachgewiesen wird. Eine Untersuchung des Urins oder der Haare auf THC bzw. Stoffwechselprodukte von THC (vor allem THC-COOH) wird häufig von Straßenverkehrsämtern veranlasst, wenn jemand wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz auffällig wurde.

Vorkommen von THC in biologischen Flüssigkeiten und Haaren

Blut: Nach dem Rauchen einer einzigen Cannabiszigarette kann THC im Allgemeinen fünf bis zwölf Stunden im Blut nachgewiesen werden. Bei regelmäßigen Konsumenten kann jedoch noch nach ein bis zwei Tagen, eventuell auch länger nach dem letzten Konsum THC im Blut nachgewiesen werden. Die Nachweisbarkeitsdauer von THC-COOH beträgt jedoch selbst nach einmaligem Konsum häufig mehr als fünf Tage. Im Allgemeinen interessiert jedoch im Blut der Nachweis von THC, da dieser eine akute Drogeneinwirkung nachweisen soll.
Urin: Die Nachweisbarkeitsdauer eines THC-Konsums im Urin schwankt noch deutlich stärker als die Nachweisbarkeitsdauer im Blut. Es wurden extreme Fälle beschrieben, nach denen bei gewohnheitsmäßigen Konsumenten noch mehr als sechs Wochen nach dem letzten Konsum ein Drogenscreening im Urin positiv auf THC ausfiel. Andererseits kann ein Drogenscreening auch bei regelmäßigem Cannabiskonsum schon nach einer Woche negativ, das heißt ohne Drogennachweis, ausfallen. Wenn im Urin auch etwas unverändertes THC ausgeschieden wird, so werden doch vor allem Stoffwechselprodukte und darunter überwiegend THC-COOH ausgeschieden. Daher wird der Urin vor allem auf das Vorhandensein von THC-COOH untersucht. Je nach Dosis und anderen Einflussfaktoren kann THC-COOH nach einmaligem Konsum im Urin ein bis sieben Tage nachgewiesen werden, bei regelmäßigem Konsum im Allgemeinen etwa zwei bis drei Wochen.
Speichel: Im Speichel wird vor allem THC nachgewiesen, dass sich beim Rauchen von Cannabis in der Mundhöhle abgelagert hat. Die Mundhöhle ist beim Rauchen hohen THC-Konzentrationen ausgesetzt. Es gelangt nur wenig THC vom Blut in den Speichel. Auch Stoffwechselprodukte sind nur in geringer Konzentration nachweisbar. Wird THC gegessen, ohne dass die Mundhöhle der Droge stark ausgesetzt ist, beispielsweise bei der Aufnahme von THC-Kapseln oder mittels eines schlecht gekauten Kekses, so sind die THC-Konzentrationen im Speichel so gering, dass es im Allgemeinen nicht nachgewiesen werden kann. In einer Studie war THC nach dem Rauchen einer Cannabiszigarette bei verschiedenen Personen zwischen einer und 24 Stunden lang nachweisbar. Die Screeningtests für Speichel sind allerdings so ungenau, dass THC nicht selten gar nicht im Speichel nachgewiesen werden kann.
Schweiß: Ähnlich wie beim Speichel liefern auch die Drogenscreenings im Schweiß häufig kein korrektes Ergebnis. Dennoch werden diese beiden Formen des Drogennachweises intensiv beforscht und weiterentwickelt, da sich beide Flüssigkeiten ohne großen Aufwand und Eingriff in die Persönlichkeitsrechte von verdächtigen Personen gewinnen lassen, um so einen Anfangsverdacht zu erhärten, der dann durch eine Blutuntersuchung bestätigt werden könnte.
Haare: Es gibt verschiedene Mechanismen, wie THC und seine Stoffwechselprodukte in die Haare gelangen können. Sie können beim Haarwachstum in das Haar eingebaut werden, aus dem Talg oder dem Schweiß in das Haar diffundieren oder aus der Umgebungsluft aufgenommen werden. Die Konzentration von THC und THC-COOH in Haaren ist sehr gering und sehr variabel. Pigmentreiche Haare (schwarzes Haar) nehmen mehr von diesen Substanzen auf als pigmentarme Haare (blonde Haare, graue oder weiße Haare im Alter). In einer Untersuchung wurde bei 85 Prozent aller täglichen Cannabiskonsumenten und bei 52 Prozent aller nicht-täglichen Cannabiskonsumenten THC oder THC-COOH in den Haaren nachgewiesen. Bei seltenem Konsum (ein- bis zweimal pro Monat) ist ein Cannabiskonsum im Allgemeinen nicht durch eine Haarprobe nachweisbar.

Fortsetzung dieses Beitrags im nächsten Heft

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