Mittwoch, 27. September 2006

Curse: Einblick zurück – Mixtape Classic Cuts 1996-2006 (subword)

>> Hip Hop

Wenn jemand wie Curse ein „Best of“ herausbringt, ist das keine lieblose Zusammenstückelung fürs Weihnachtsgeschäft. Mitten im Hochsommer zieht er nach zehn Jahren Bilanz mit seinen Homies Kool DJ GQ und DJ Kitsune, die einen knapp 80minütigen Flashback aus 41 Tracks zusammengezimmert haben, der die Zuhörer auf die etwas andere Art durch die Ära Curse geleitet. Neben vielen Klassikern, B-Seiten und rarem Material sowie verstreuten Gastbeiträgen und Features gibt’s auch zwei brandneue Tracks, die das Mixtape quasi einrahmen. Im eröffnenden „Tag eins“ punktet Curse mit einem ordentlichen Beat und mahnt mit vollem Recht und viel Soul offensiv an: „Hört dieser Stimme zu!“. Natürlich begegnet man einer Menge an Collabopartnern wie Busy, Claud, DJ Evil Dee, DJ Desue, Roey Marquis, SaschliQ & Jules, DJ Tomekk, Gentleman, GZA, Ill Will, J-Luv, Max Herre, Prestige, Wu-Tang Clan und Xavier Naidoo. Die Burner-Tracks sind auf jeden Fall nach wie vor „Hassliebe“, „Wahre Liebe“, „Sufis“, „Viel leichter“, „Warum nicht?“, „Denk an mich“, und ganz besonders die folgende, superdeepe Selection „Nichts wird mehr so sein wie es war“ (anlässlich 9/11) / „Enttäuschung“ / „Und was ist jetzt“ / „Hoffnung“ – manchmal ist es mir unheimlich, wie gut ich Curse nachempfinden kann. Und ich weiß nicht, wie vielen Frauen ich die Ansage „Lass uns doch Freunde sein“ in den Briefkasten geschmissen hab’, um – immer erfolgreich! – mal die Fronten zu klären. Die Featureperlen „Harte Zeiten“ / „Doppeltes Risiko“ (Stieber Twins), „Rappresentieren“ (Azad) und „Verständnis“ (Plattenpapzt) komplettieren den Wahnsinn! Curse macht zwar auch hin und wieder auf Dicke Hose und flowt auf Explicit Lyrics, aber Gewaltverherrlichung und Frauenfeindlichkeiten sind bei ihm kein Standard. Seine Texte bestehen vielmehr aus interessanten Geschichten direkt aus dem Leben, die zum Zuhören und Nachdenken einladen und nichts mit Schwachsinn zu tun haben. Damit unterscheidet er sich deutlich (und wohltuend!) von den Top-5-Bravo-Rappern, die die Kids für dumm verkaufen. Curses Meinung über Diss-Tiraden und oben genannten Kinderkram macht er eindrucksvoll im Track „Rap“ (demnächst als Video) vom 2003er Album „Innere Sicherheit“ deutlich. Curse performed in diesen vier Minuten vom warmen souligen Storytelling bis zum extrem eng gesetzten Rhymeflow alle Facetten seiner vielfältigen Skillz, die ihm längst eine Sonderstellung unter den besten deutschen MCs eingebracht haben. Im würdig abschließenden „Ich fang grad erst an“ rekapituliert er oldschoolig markante Stationen seiner MC-Karriere, um zu dem Schluss zu kommen, dass noch lange nicht Schluss ist. Hoffentlich! – Curse erhebt seine Stimme selten umsonst: Wenn er battelt, brennt die Luft, wenn er feiert, knallen die Korken, wenn er trauert, blutet das Herz. Dem Meister in seiner Vielfalt zu lauschen ist ein Hochgenuss für Liebhaber der deutschen Wortakrobatik – für alle Quereinsteiger empfiehlt sich Curse sowieso als Nummer 1!

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