Donnerstag, 30. Juni 2005

Advanced Technical Growing

Dicke Luft

Gerüche spielen im täglichen Leben eine große, wenn auch häufig unterdrückte Rolle. Menschen nehmen einen Geruch wahr und binnen eines Sekundenbruchteils assoziieren sie etwas dazu. Jeder wird den Duft eines Hundehaufens– mehr oder weniger –aber in jedem Fall als übel einstufen. Riechen ist ein an sich subjektiver Vorgang, der jedoch in den meisten Fällen zu recht objektiven Ergebnissen führt – wie unter anderem ein Hundehaufen oder verdorbener Fisch belegen.

Es gibt Menschen, die meinen, blühender Hanf würde gut riechen. Denen sei gesagt, dass Hanf – selbst wenn er gut riechen würde – zumindest ungewöhnlich, stark und auffällig riecht. Und jede innen betriebene Aufzucht in räumlich konzentrierter Form stinkt „zum Himmel“. Der auffällige, eindeutige und sehr intensive Geruch ist so verräterisch, dass er noch mehr als eventuell erklärbare Geräusche einer Abluft-Anlage zum Problem wird. Um Gerüchen Herr zu werden, gibt es grundlegend vier Möglichkeiten. Zwei davon, Ionisatoren und Ozon-Generatoren verbrauchen viel Strom, sind teuer im Unterhalt und aufgrund Ozon-Generation und Ionisierung der Luft nicht unbedenklich. Daher sind sie für den Heimgartenbereich nur bedingt brauchbar.

Bewährt hat sich hingegen der Einsatz von Aktiv-Kohle-Filtern (AKF). Aktivkohle (AK) hat eine sehr große Oberfläche, da diese mit unzähligen feinsten Poren versehen ist, deren Oberflächen alle zusammen eine riesige Gesamtoberfläche darstellen. Wird Luft über die Oberfläche oder durch die AK geleitet, so absorbieren die feinen Poren winzige Wassertröpfchen, Kohlenwasserstoffe, Terpene und Aerosole. Die AK saugt die – für uns in erster Linie interessanten – Kohlenwasserstoffe auf, ähnlich wie ein Küchenschwamm Wasser aufsaugt und in sich zurückhält. Dabei gilt für die AK wie beim Schwamm, je größer und je saugfähiger, desto mehr kann aufgesogen und „gespeichert“ werden.

AK-Filter in Patronenbauform sind am gebräuchlichsten. Sie bestehen aus jeweils einem feingelochten Innen- und einem im Durchmesser weiteren Außenrohr, welche „ineinander“ gesteckt werden. Das eine Ende ist luftdicht verschlossen und am anderen Ende befindet sich ein Schlauchanschluss-Stutzen mit dem Durchmesser des Innenrohres, der Innen- zu Außenrohr verschließt. Der Raum zwischen den beiden Rohren ist mit AK-Granulat verpresst. Ein angeschlossener Rohrlüfter saugt die Luft aus dem Innenrohr, wodurch ein Unterdruck entsteht. Der atmosphärische Luftdruck presst die Luft auf der Erde überall dort hinein, wo der Druck geringer als er selbst ist. Also auch in deine Wohnung, deinen Pflanzenschrank und auch in deinen AK-Filter, solange dein Lüfter die Luft aus diesem heraussaugt und damit immer ein Unterdruck entsteht, der vom Luftdruck ausgeglichen wird. Es wird also ein Luftstrom erzeugt und solange ein Unterdruck besteht, zieht sämtliche Luft aus der Pflanzung durch den AK-Filter und wird vom störenden Geruch befreit.

Doch wie viel Geruch entsteht eigentlich und wie viel kann ein AK-Filter filtern?

Entscheidend ist einmal die Qualität und die Menge der Aktivkohle, sowie wie viel und wie schnell die Luft auf welcher Oberfläche anströmt. Außerdem wie langsam und mit welchem Druck die Luft die AK passiert. Auch Temperatur und Luftfeuchtigkeit spielen eine Rolle. Es ist für einen Laien schlichtweg unmöglich zu berechnen, wie groß eine AK-Filterpatrone von den Oberflächen, Schüttdichten und Press-Stärken sein muss, um bei einem bestimmten Unterdruck und Volumenstrom effektiv zu arbeiten.

Beim Kauf eines AK-Filters ist zu beachten, dass ein AK-Filter immer eine etwas größere Nennleistung in Kubikmeter pro Stunde haben darf, jedoch nicht kleiner sein sollte als die Förderleistung des Lüfters. Dies kann bei der Verwendung bestimmter Lüftungssteuerungen jedoch anders bewertet werden! Durch einen „zu großen Filter“ wird die zu filternde Luft langsamer angesaugt und damit steigt ihre Kontaktzeit auf der Kohle, was zu einer leicht verbesserten Filterleistung führt. Andersherum ist es bei einer zu kleinen Patrone. Hier würde die Luft zu schnell über die Kohle gezogen, die Kontaktzeit wäre zu kurz und die Filterleistung bricht ein. Doch durch die zu lange Kontaktzeit bei zu großen Filtern steigt die Sättigung der Kohle mit Wasserdampf, was die Filterleistung ebenfalls stark minimieren kann! Ideal ist also ein AK-Filter dessen Nennvolumenstrom mit dem des Lüfters möglichst übereinstimmt.

Wie lange ein Filter hält, also wie lange seine Standzeit beträgt, hängt von vielen Faktoren ab, die wichtigsten sind: Die Staub-Belastung der Luft, eine möglichst niedrige relative Luftfeuchte und die Anzahl der Pflanzen sowie das gewissenhafte Wechseln des Vorfilterfleeces, welches nur verwendet wird, um den eigentlichen AK-Filter vor Verunreinigungen und Verstopfungen durch Staub zu bewahren. Ein AK-Filter hält umso länger, je weniger Blütentage mit einem Filter gearbeitet wird, je mehr Kohle er enthält, je weniger Pflanzen unter ihm stehen und je trockener die Raumluft ist.

Der AK-Filter bildet den Ansaugpunkt in der Luftführung des Systems. Er soll möglichst weit oben, in der abzusaugenden trockeneren, warmen Luft und soweit wie möglich von der Zuluft-Öffnung entfernt positioniert sein. AKF sind schwer und wiegen in einer 400-Kubikmeter pro Stunde-Version bis zwölf Kilogramm. Daher müssen AKF mit Stahllochband oder Ketten sicher von der Decke abgehängt werden oder auf Winkeln mit Drahtkabel fixiert liegen. Kleinere Filter können auch senkrecht auf eine Regalplatte gestellt werden.

Patronen-AKF werden immer nur saugend betrieben. Niemals darf Luft von innen nach außen gedrückt werden, weil die Oberflächenverhältnisse nicht passen und Staub in die Zwischenräume und Poren geblasen wird, der den Filter umgehend verstopft und unbrauchbar macht. Auf Grund dessen, dass die AK im Filter verpresst und eingerüttelt sein muss, ist von Eigennachfüllung abzuraten. Beim Nachfüllen im Grow-Shop ist darauf zu bestehen, dass neue, also keine regenerierte AK in die Patrone kommt. Raschelt beim Schütteln des Filters die Kohle deutlich, so ist der Filter unbrauchbar, da der Luftstrom den Weg durch kleine Ritzen nehmen wird und die Kohle gar nicht passiert!

Geruchsüberdeckung – die vierte Waffe gegen Gerüche – allein bringt nichts, da sie mehr und nur anders riecht oder stinkt als der zu überdeckende Geruch, also nicht wirklich unauffällig ist. Jedoch hat sie sich in Kombination mit AKF bewährt. Die bereits vom Filter gereinigte Luft wird über Duftölkissen oder -schwämme gelenkt. Restgerüche werden so überdeckt und verändert beziehungsweise verbessert. Auch sind Geruchsüberdecker in den Vorräumen zur Pflanzung empfehlenswert, da sie den latenten Pflanzen- und Chlorophyllgeruch überlagern, der sich trotz AK-Filterung der nach außen geleiteten Abluft nach Monaten in jeder Innenraum-Pflanzung bereitmacht.

Kein kommerzieller Grower kann so auf die qualitätsbestimmenden Faktoren eingehen wie ein gut informierter Eigenbedarfsgärtner in einem Land, in dem der Heim-Anbau von Hanf legal ist.

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