Samstag, 9. Oktober 2004

Woran hängt es, Jo Biermanski?

In unserer Interviewreihe „Woran hängt es?“ fragen wir die drogenpolitischen Kämpfer in und außerhalb von Parteien im Südwesten Deutschlands, woran es hängt, dass der Hanf noch immer nicht re-legalisiert wurde und was sie persönlich tun, damit dies möglichst bald geschieht. Dieses Mal haben wir Jo Biermanski, 44 Jahre, Ergotherapeut und Pressesprecher des Bundesnetzwerks Grüne Hilfe (GH) e.V. aus Alsfeld in Hessen interviewt.

HanfJournal: Woran hängt es, dass der Hanf noch immer illegal ist?

 

JoBiermanski: Ich denke das liegt an vielen Faktoren. Zum einen liegt es an derIgnoranz der PolitikerInnen und an deren Angst vor der BILD-Zeitung und derchristlich-konservativen Demagogie. Und letztendlich ist der Leidensdruck der KonsumentInnennicht so groß, dass sie sich ausreichend engagieren würden. Es reicht nichthinter verschlossenen Türen einen durchzuziehen. Es wird keine Legalisierungohne Öffentlichkeit geben!

 

HanfJournal: Seit wann bist du eigentlich aktiv? Und was tust du persönlich für dieLegalisierung?

 

JoBiermanski: Seit meiner ersten Bong im Jahr 1977 in der Eifel. Intensiviert hatsich dies in meiner politisch aktiven Zeit bei den Grünen. Ich war imLandesvorstand der Grünen Rheinland-Pfalz. Mein Thema war vor allemInnenpolitik. Leider hatte ich Probleme das Thema Entkriminalisierung insLandtagswahlprogramm von 1986 einzubringen.

 

HanfJournal: Hast du daraufhin das Handtuch geschmissen?

 

JoBiermanski: Noch nicht! Ich habe mich weiter engagiert, bspw. bei der Grün-Nahen,aber parteiunabhängigen Organisation der JungdemokratInnen, die bereits 1983forderten: „Kein Knast für Hasch!“ Dort habe ich den BundesarbeitskreisDrogenpolitik koordiniert. Politisch das Handtuch geschmissen habe ich erst,als Jutta Dittfurth aus dem Bundesvorstand rausgewählt wurde.

 

HanfJournal: Warum? Wer war Jutta Dittfurth?

 

JoBiermanski: Sie war die Wortführerin der „Fundis“ die für eine stärkereOpposition anstelle von Regierungsbeteiligung gestanden haben. Schon damalshatten sie Legalisierung in ihrem Programm, aber die Grünen tun sich leider,abgesehen von einigen Ausnahmen, immer noch nicht entsprechend engagieren. ImGegenteil: ausgerechnet unter Grüner Regierungsbeteiligung wurden auch noch dieSamen verboten.

 

HanfJournal: Du bist bei der Grünen Hilfe aktiv. Seit wann?

 

JoBiermanski: Zunächst war ich im libertär-anarchistischen Kontext aktiv undnebenbei Sänger und Texter der Polit-Hanf-Punk-Rockband „Highzung“. Dann aufeinem Festival 1993 in Vloto habe ich einen Stand von H.A.N.F. (Anm. d. Red.:Hanf Als Nutzpflanze Fördern) entdeckt und war doch überrascht, dass man mirals politisch aufgeklärtem Menschen so lange vorenthalten konnte, was man nebender „Guten Stimmung“ mit Hanf noch alles machen kann. Ich habe daraufhin eineRegionalgruppe des Hanf e. V. im Vogelsbergkreis gegründet. Dann ging es Schlagauf Schlag: BVG-Urteil 1994 und die Wiederbelebung der Grünen Hilfe alsInformations- und Kontaktbörse.

 

HanfJournal: Aber die GH wurde bereits 1971 von Werner Pieper gegründet. War siezwischenzeitlich inaktiv?

 

JoBiermanski: Ursprünglich wurde sie als Dealer-Selbsthilfe gegründet. In den80ern ist sie dann in Rauchschwaden aufgegangen.

 

HanfJournal: Wie seid ihr überhaupt darauf gekommen die Grüne Hilfewiederzubeleben?

 

JoBiermanski: Das war vor allem Christiane Eisele. Sie hatte das Gründungstreffenorganisiert. Und die Idee entstand auf einer Bundes-Cannabis-Konferenz, diedamals noch stattfanden, unter der Schirmherrschaft der Jusos (Anm. d. Red.:Jugendorganisation der SPD). Da haben sich Vertreter von bundesweitenPro-Hanf-Initiativen überlegt was sie tun könnten mit dem Ergebnis, dass es daswichtigste wäre den Opfern der Prohibition zu helfen mit Tipps und Ratschlägenzu Strafrecht und Führerschein und mit Gefangenenbetreuung.

 

HanfJournal: Und seither ist die Grüne Hilfe wieder aktiv?

 

JoBiermanski: Wir haben zunächst aus dem H.A.N.F. e. V. Vogelsberg dieGH-Regionalgruppe aufgebaut. Wobei ich von Anfang an, nun schon seit zehnJahren, das Regionalbüro Hessen und die Gefangenenbetreuung koordiniere und denProhibitionsopfern juristische Tipps und Ratschläge bei Problemen mit dem BtmGgebe. Zwischenzeitlich war ich im Bundesvorstand der GH und nun funktioniereich, oder auch nicht (Anm. d. Red.: er lächelt! Stoned?) als Pressesprecher.

 

HanfJournal: Was genau macht die Grüne Hilfe bei der Gefangenenbetreuung?

 

JoBiermanski: Wir halten den Kontakt von drinnen nach draußen. Das ist besonderswichtig um der Isolation vorzubeugen. Denn Btm-Häftlinge haben innerhalb desKnastes eine Sonderstellung. Bspw. dürfen sie in vielen Haftanstalten keinePakete empfangen oder Angehörige wenden sich ab.

 

HanfJournal: Schreibt ihr denen Briefe oder wie sieht das aus?

 

JoBiermanski: Zunächst wendet sich jemand an uns, meist die Betroffenen selbst.Dann halten wir auf dem Postweg Kontakt! Und einmal im Jahr bekommen dieHäftlinge, die selber keine Angehörigen haben, von uns Pakete. In manchen JVAsdürfen sie nur Geld empfangen und dann von dem Geld im Knast zu überteuertenPreisen einkaufen, was der Knastmaschinerie wiederum mehr Geld einbringt. Dieserscheint uns verfassungswidrig, denn auch andere Pakete werden durchleuchtetoder durchsucht. Wir vermitteln auch Briefkontakte zu Häftlingen. Zudem machenwir auch Besuche, bspw. in der JVA Gießen und Kassel.

 

HanfJournal: Helft ihr nur Leuten die wegen Hanf verfolgt wurden?

 

JoBiermanski: Meistens beschränkt es sich nicht nur auf Hanf-Häftlinge, wirhelfen auch Gefangenen im Zusammenhang mit anderen Drogen, aber Hanf ist unserHauptansatz. Ich engagiere mich für die Legalisierung von Hanf und dieEntkriminalisierung aller anderen Drogen.

 

HanfJournal: Konsumierst du selber?

 

JoBiermanski: Ja, Cannabis. Andere Substanzen wie Psyllos, LSD, Speed und Kokshabe ich probiert, aber Cannabis kann man entspannter konsumieren. Alles andereführt früher oder später zur Reizüberflutung. In jungen Jahren probiert menschhalt aus, aber ich bleibe bei Cannabis, das reicht mir. Lieber gut drauf, alsvoll daneben.

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