Freitag, 4. März 2011

Die Wurzel am Übel packen

Fehlersuche statt Düngerwechsel

Von hausgemachten Mängeln

Eines der häufigsten Probleme vieler Indoor-Liebhaber/innen ist ein plötzliches Auftreten von Mangelerscheinungen der Pflanze(n). Es passiert häufig, dass die Pflanzen nach Einleitung der Blütephase wunderbar aussehen – bis zur der vierten Blütewoche. Mit einem Mal fangen die Mädels an, sich rötlich oder gelblich zu verfärben. Die Gründe hierfür sind vielfältig und meist nicht durch einfache Zugabe von Dünger oder andere Zusätzen zu beheben.

Ursache sind meist schlecht bewurzelte oder anderweitig schadhafte Stecklinge. Werden unfertige oder kränkliche Steckis zu früh auf eine zwölfstündige Beleuchtungsphase umgestellt, fangen sie zuerst einmal an, sehr schnell zu wachsen, bevor der eigentliche Blütenwuchs beginnt. Der fängt erst mit dem Ende des Blattwachstums an, also Sorten abhängig zwischen der vierten und fünften Woche. Bis dahin bilden sich nur sehr kleine Blütenansätze, die Pflanze verwendet den größten Teil ihrer Energie immer noch für den Blattzuwachs. Sowohl in der vegetativen Phase als auch während der Vorblüte braucht die Pflanze sehr viel Stickstoff. Der ist in den speziell abgestimmten Düngern aus einem Growshop ausreichend vorhanden und leicht über die Wurzeln zu tranportieren. Das Fatale: Auch Stecklinge mit schlechten Voraussetzungen überstehen diese Phase, die so genannte „Vorblüte“, oft ohne erkennbare Mängel. Wenn es dann ab der vierten Woche ans „Eingemachte“ geht, rächen sich die Fehler der Anfangszeit mit voller Wucht.

Schlechte Bewurzelung als Hauptursache aller Mängel

Ein zu kühles Medium während der Vorblüte hemmt das Wurzelwachstum immens und wird sehr oft nicht als solches erkannt, weil der Raum „fußkalt“ ist: Während im oberen Bereich Temperaturen von 20-28 Grad herrschen, ist der untere Topbereich nur 4-12 Grad kalt. Gerade in Erdgeschossräumen tritt dieses Problem häufig auf.
Selbst bei mäßiger Wurzelausbildung oder bei geringem Schädlingsbefall werden die Mädels in den ersten drei Wochen wie wahnsinnig wachsen, ohne erkennbare Mängel aufzuweisen. Sobald die Blüten ab der vierten Woche an Gewicht zulegen sollen, steigt der Bedarf an Phosphor und vor allem an Kalium. Stellt man den NPK ( N= Stickstoff, P= Phosphor, K= Kalium) eines Wuchs- und eines Blühdüngers gegenüber, fällt auf, dass im Blütedünger der P- und K-Gehalt anteilig sehr hoch ist, beim Wachstumsdünger verhält es sich genau anders herum. Am Ende der Vorblüte zeigt sich dann, ob die Wurzeln in der Lage sind, all die Nährstoffe zu transportieren, die ab jetzt von der bis jetzt üppig gewachsenen Pflanze benötigt werden. Jetzt ist der Punkt erreicht, an dem die/der HeimgärterIn entweder die Quittung für gute Vorarbeit erhält und sich täglich an dicker werdenden Blüten erfreuen kann. Oder ob die ersten vier Wochen besser aussahen als sie eigentlich waren. Auftretende Mangelerscheinungen können jetzt nicht mehr durch zusätzliche Nährstoffzugabe kompensiert werden, weil die Nährstoffe durch mangelnde Bewurzelung nicht an den richtigen Ort gelangen können. Man könnte das mit einem zu kleinem Rohrsystem für zu viel Wasser vergleichen.

Viel hilft wenig

Ein weiterer, oft auftretender Grund für eine Unterversorgung ist eine zu häufige Wassergabe. So wie übereifrige Mütter haben auch HanfgärtnerInnen den Hang, ihrer Brut zu viel des Guten zu verabreichen – frei nach dem Motto: Viel hilft viel. Aber: Wer es zu gut mit seinen Kleinen meint, schadet ihnen. Zu feuchte und/oder schlecht durchlüftete Erde kann keinen Sauerstoff speichern. Die Wurzeln können durch den Sauerstoffmangel in zu feuchten Medien keine Kapillarhäarchen entwickeln, die Wurzeln sehen aus wie Spaghetti. Eine gut entwickelte Hanfwurzel in jungem Stadium gleicht eher einer Fischgräte, von der Hauptwurzel zweigen im besten Falle alle ein bis zwei Millimeter kleinste Haarwurzeln ab. Durch eine zu starke Wassergabe wird deren Anzahl und somit die Menge der aufnehmbaren Nährstoffe stark reduziert – fertig sind die gelben Blätter. Ebenso führt zu starke Wassergabe in den letzten Wochen zu einer zu hohen Luftfeuchtigkeit und somit zu kleines Buds. Wer trotz Bemühen kein Gefühl für die richtige Feuchtigkeit des Substrats entwickelt oder einfach keine Zeit hat, ständig nach dem Rechten zu sehen, sollte sich ein Tensiometer zulegen. So wird der richtige Bewässerungszeitpunkt genau und absolut zuverlässig angezeigt.
Kommt die Erde schon zu feucht ins Haus oder aus dem Laden, sollte unbedingt ein wenig Perlite (geschreddertes Vulkangestein) hinzugefügt werden (ca.15-30 Prozent), damit die Erde oder das Kokosubstrat in der Lage sind, mehr Luft zu speichern.

Der Dünger ist fast nie schuld

Alle im Grow-Fachhandel angebotenen Dünger enthalten prinzipiell genügend Nährstoffe, um auch bei geringer Dosierung gute Erfolge zu erzielen, für Mangelerscheinungen ist fast nie der Dünger verantwortlich. Vorausgesetzt er wird richtig benutzt.
Einige, ganz Schlaue wollen aus Kostengründen auf den Dünger verzichten oder greifen auf Billigprodukte aus dem Supermarkt zurück – die Ergebnisse sind meist verheerend, weil es für solche Experimente mehr Wissen über Pflanzenernährung bedarf als die meisten Hobbygärtner aufweisen können.

Bewurzelung entscheidet über Einleitung der Blütephase

Wird ein Dünger aus dem Growbereich richtig angewendet, sind die Nährstoffe im Medium ausreichend vorhanden, können bei Mangelerscheinungen jedoch aus den verschiedensten Gründen nicht an die richtigen Stellen transportiert werden.
Diesem Schlamassel kann nur vorgebeugt werden, indem die Blüte erst eingeleitet wird, wenn die Bewurzelung ausreichend ist und jede Pflanze auch wirklich kerngesund aussieht.

Feine, dichte Haarwurzeln: Die Grundlage ertragreicher Ernten – Foto: Archiv

Pflanzen, die nach zwei oder drei Tagen Wachstum nicht mithalten können, werden am besten schon in der vegetativen Phase gegen gut entwickelte Geschwister ausgetauscht. Ist das nicht möglich oder die Blüte bereits eingeleitet, so kann man den gesunden Pflanzen ein wenig mehr Platz gönnen, indem man die kränkelnden entfernt. Sind keine Pflanzen zum Austauschen verfügbar, sollten Stecklinge, die „misshandelt“ wurden oder aus anderen Gründen Startschwierigkeiten haben, wieder auf 18 Stunden Beleuchtung gesetzt werden und so lange aufgepeppelt werden, bis die Schönheitsfehler behoben und eventuell verfärbte Blätter wieder grün sind. Durch das Herausnehmen schlecht entwickelter Mädels oder durch die Extra-Behandlung von Nachzüglerinnen muss die Zucht zwar ein wenig länger in der vegetativen Phase gehalten werden, der zu erwartende Gesamtertrag ist aber auf jeden Fall besser als das „Mitziehen“ und das Ausblühen von zu kleinen und schwachen Pflanzen.
Ein Rechenbeispiel: 600 Watt, Homebox XL (120×120 Stellfläche) mit 36 Stecklingen SOG. Der zu erwartende Ertrag ist im Optimalfall 600 Gramm. Bei nur vier Pflanzen, die nicht mitkommen, ist der Ertrag um 11 Prozent, also 65 Gramm reduziert. Vier von 36 Pflanzen fallen kaum ins Gewicht, denken viele. 65 Gramm sind ein wenig mehr als kaum. Bei acht schlecht entwickelten Pflanzen sind es schon fast 25 Prozent . Bei der SOG Methode sind perfekt bewurzelte, gleichmäßig vorgewachsene Stecklinge das A&O.

Probleme erkennen, bevor es zu spät ist

Bei Schädlingsbefall oder falschem Klima sind die ersten vier Wochen der Blüte oft trügerisch. Die Pflanzen wachsen so schnell, dass ein Befall mit Kleinstvieh oder eine zu hohe Luftfeuchtigkeit oft nicht auffallen:
Werden die Schädlinge nicht erkannt, so vermehren sie sich während der ersten Wochen explosionsartig und schlagen in den letzten beiden Wochen böse zu. Das Ergebnis sind Ertragseinbußen bis zu 30 Prozent. Auch ein fortgeschrittener Schädlingsbefall wurde schon von so manchem Hobbygärtner für ein Nährstoffdefizit gehalten und mit Dünger bekämpft, mit der fatalen Folge einer Überdüngung bis hin zum Tod durch Versalzung.
Zur Zeit der Blütenbildung ist es auch viel zu spät für eine Schädlingsbekämpfung, selbst biologische Spritzmittel haben direkt auf der Blüte nichts zu suchen. Auch organische Zusätze sollten nicht in die Tüte gelangen. Bei Hanfpflanzen kommt eine Behandlung mit der chemischen Keule, wenn überhaupt, nur während der vegetativen Phase in Frage, da die kurze Blütezeit nicht ausreicht, die Abbauzeiten für Pestizide oder Insektizide einzuhalten. Wer nicht rauchen möchte, was selbst bei pestizidbehandelten Lebensmitteln verboten ist, sollte die Abbauzeiten von Pflanzenschutzmitteln auch in der Growkammer peinlichst genau einhalten.
Beträgt die Luftfeuchtigkeit in den ersten drei bis vier Blütewochen über 60 Prozent, wachsen die Mädels wunderbar. Mit der Hauptblüte und in der Endblüte jedoch soll der Feuchtegehalt der Luft bei maximal 50 Prozent liegen, da die Blüten ansonsten zwar wunderschön aussehen, jedoch kaum noch an Gewicht und Größe zulegen.
Deshalb suchen erfahrene Indoorzüchter/innen immer einen Weg, die Luftfeuchtigkeit in der Haupt- und Endblüte unter 60 Prozent zu halten. Sollte das zum Problem werden, kann in kleineren Räumen mit einem einfachen Entfeuchter (im Baumarkt ab 5 €), in größeren Kammern mit einem entsprechend größerem Lüfter mit einen regulierbaren Dimmer für die Abluft, Abhilfe geschaffen werden. Oder es wird eine zusätzliche Frischluftquelle installiert, wobei die frische Luft natürlich nicht aus der Waschküche kommen, sondern möglichst trocken sein sollte.

Fazit:

Gute Pflege +
Viel Luft von Kopf bis Fuß +
Auf Topfgröße, Medium und Sorte abgestimmte vegetative Phase

ergibt viele (Haar)Wurzeln = fette BUDS.

Der Anbau von Hanf ist in Deutschland illegal. Dieser Artikel stiftet nicht an, sondern soll aufklären. „Ich bau‘ nicht an, ich schreib bloß drüber“

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