Montag, 12. September 2005

Spaßbremsen Teil 4: Die Politik

Aus aktuellem Anlass haben wir in unsere Mini-Serie über die Pflanzenschädlinge noch schnell ein Kapitel eingefügt. Um einmal zu demonstrieren, was alles passieren könnte, wenn schon die ohnehin hanffeindliche Politik der rot/grünen Regierung in Kürze von einer anderen Regierung weiterbetrieben werden darf. Ihr habt die Wahl …

Wir schreiben das Jahr 2012, Angela Merkel ist seit sechs Jahren Kanzlerin, Günther Beckstein Innenminister und Guido Westerwelle seit 2010 Außenminister. Schröder führt schon lange ein Rentner-Dasein in der Toskana, gelegentlich unterbrochen durch die Teilnahme an Talk-Shows oder Marketing Auftritte für Mercedes, Sony oder gegen den Krieg. Die Bundesrepublik hat sich vor vier Jahren Bushs „War on Drugs“ offiziell angeschlossen, das amerikanische Modell gilt auch hier als vorbildlich. Dr. Thomasius ist seit 2009 Drogenbeauftragter der Bundesregierung. Grow- und Head-Shops dürfen nicht mehr werben, die Darstellung eines Hanf-Blattes gilt als Aufforderung zum Drogen-Konsum (nicht lachen, in Frankreich ist das heute schon so). Auch Bongs und Hanf-Zeitschriften dürfen nicht mehr beworben und müssen wie Pornos unter dem Ladentisch verkauft werden. Growing-Equipment wird wie in den USA als Gemüsezuchtbedarf vertrieben, die Kontrollen sind streng. In Süddeutschland gibt es solche Fachgeschäfte gar nicht mehr. Mit Ausnahme von Berlin liegt in ganz Deutschland die Definition einer geringen Menge zum Eigenbedarf bei drei Gramm, wobei auch hierbei vor allem im Süden der Republik nach wie vor gilt: Wer nicht über das Strafrecht zu kriegen ist, gibt für ’ne Weile die Pappe ab. Trotzdem steigt die Zahl junger Drogen-KosumentInnen stetig an, schuld ist – wie mittlerweile an fast allem – der internationale Terrorismus, der laut Beckstein auf diese Art seine Aktivitäten finanziert. Also braucht er mehr Geld für neue Knäste, weil die alten überquellen. Mittlerweile ist fast jeder zweite Knastinsasse aufgrund eines Drogen-Deliktes eingesperrt, gerade wird eine öffentliche Diskussion über den Bau und die Inbetriebnahme von Boot- Camps wie in den USA geführt. Nach dem Willen konservativer Politiker sollen unverbesserliche Polytoxikomanen in solche Einrichtungen zwangseingewiesen werden. Therapieplätze für Schwerstabhängige gibt es nur noch gegen Bares, dafür sollen die Krankenkassen den Bau der Boot-Camps mitfinanzieren. Noch wehrt sich die FDP gegen solche Pläne, noch …

Eine Studie zur unterschiedlichen Rechtssprechung in den einzelnen Bundesländern liegt seit sieben Jahren in den Schubladen des Bundesgesundheitsministeriums unter Verschluss und wird wohl nicht mehr veröffentlicht. Personenkontrollen an öffentlichen Plätzen gehören zum Alltag, gesucht und gefunden werden meist keine Bomben, sondern kleine Mengen Cannabis. Die Forschung im Bereich Cannabis als Medizin für Schwerkranke wurde in Deutschland komplett eingestellt, synthetisch hergestelltes THC ist immer noch unerschwinglich. In holländischen Coffee-Shops dürfen nur noch Einheimische einkaufen, mit diesem Zugeständnis konnte die holländische Regierung noch alle Versuche der anderen EU Staaten abwehren, die Coffee-Shops zu schließen. Der Autor dieses Artikels ist samt Familie vor einem Jahr nach Kanada ausgewandert, um sich der immer stärker werdenden Repression gegen HanfaktivistInnen zu entziehen.

Aber so weit muss es ja eigentlich gar nicht kommen, denn bisher war es eigentlich egal, welche Partei das Sagen hatte. In Sachen Hanf geht es seit 40 Jahren einen Schritt vor und zwei zurück. Wie haben es denn die Niederländer in den 1970er-Jahren geschafft, ihre Coffee-Shops und eine liberale Drogenpolitik durchzusetzen? Indem so viele Menschen die Prohibition einfach missachteten, dass es gar keine andere Lösung gab. Sie haben es sich selbst gemacht! Zugegeben, damals herrschte eine andere Stimmung und so einfach ist das auch nicht auf heute übertragbar. Und es wird erst etwas geschehen, wenn die bisher von Angst vor Repression geprägte Generation der Hanf-GenießerInnen eben diese Haltung abstreift. Nicht jene Hand voll kiffender Kinder (zugegebenermaßen ein Problem, das durch die Prohibition zusätzlich geschürt wird) sollte ständig in der Öffentlichkeit stehen, der gesetzte Durchschnittskiffer mit Job, Familie und normalen Sozialkontakten, der eigentliche Repräsentant unserer gebeutelten (Sub-)Kultur muss die Schlagzeilen bestimmen. Jugendliche haben halt meist wenig zu verlieren, ein 35-jähriger Familienvater schon. Was wäre, wenn all jene, die seit Jahren den verantwortungsvollen Umgang mit Cannabis praktizieren, dies plötzlich nicht mehr heimlich täten? Oder sich das Fensterbrett voll Pflänzchen stellen würden? Genau die Menschen, die aufgrund ihrer Lebenserfahrungen gelernt haben, dass es besser ist, sich als Hanf-RaucherIn zu verstecken und den Konsum oft sogar aus Angst vor sozialer Ächtung vor Familie und Freunden verbergen zu müssen.. Eben weil in diesem Land diesbezüglich unverhältnismäßige Gesetze gelten. Was würde ihnen passieren? Klar, die ersten Tausend oder auch Zehntausend bekämen sicher Ärger mit den Behörden, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Anderseits: schaut man sich den Rest der Welt an, so ist es hier ein vergleichsweise geringes Risiko für den einzelnen Menschen, würde er sich einfach keinen Stress um den Hanf-Genuss mehr machen. Ganz abgesehen von den positiven Begleiterscheinungen, über die wir schon des Öfteren berichtet haben, wenn es um eine legale, kontrollierte Abgabe von Hanf ging, unter anderem Milliarden mehr Steuermehreinnahmen für Vater Staat und sichere Arbeitsplätze.

Leider scheint momentan das zuerst geschilderte Szenario wahrscheinlicher, denn zu hoffen, dass Deutschlands Kiffergemeinde mal aus den Startlöchern kommt, hat sich leider meist als allzu gewagt erwiesen. Vielleicht braucht es erst einmal noch ein bisschen mehr Repression, Druck erzeugt bekanntlich Gegendruck. Sicher ist: Es kommen harte Zeiten und wer nix wagt, ist wohl zufrieden.

Wir haben die Wahl, nicht nur am 18. September!

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