Mittwoch, 29. Juni 2005

Spaßbremsen Teil 2: Spinnmilben

Dieses Mal beschäftigen wir uns mit einem sehr häufig auftretenden Fraßfeind der Hanf-Pflanze, der vor allem im Indoor-Bereich häufig Probleme verursacht:

die Spinnmilbe (Tetranychus). Sie zählt zur Unterordnung der Astigmata, einer Ordnung der Milben, und ist ein Pflanzensaft-Sauger. Die Spinnmilbe gehört, im Gegensatz zu den meisten anderen Schädlingen, zu den Spinnentieren, besitzt also vier Beinpaare (die Larven der Spinnmilben haben wie die Insekten nur drei Beinpaare). Spinnmilben sind circa 0,5 Millimeter lang und je nach Wachstumsstadium und Wirtspflanze gelblich-grün, orange oder rotbraun gefärbt.

Gefürchtet werden sie vor allem wegen ihrer explosionsartigen Vermehrung. Ein erwachsenes Weibchen lebt so um die 35 Tage und legt in dieser Zeit 100 bis 200 circa 0,14 Millimeter kleine, rote Eier ab. Unter Wasser- und Nährstoffmangel leidende Pflanzen laufen erhöht Gefahr, von den gefleckten Spinnentieren heimgesucht zu werden. Ausgewachsene Tiere sind mit bloßem Auge gerade so zu erkennen, besser ist die Benutzung einer Lupe im Falle eines eventuellen Befalls.

Bevorzugt leben die Spinnmilben an der Blattunterseite und stechen mit borstenartigen Mundwerkzeugen die Pflanzenzellen an und saugen sie aus, bei starkem Befall sitzen sie auch auf der Blattoberseite. Sie schädigen die Epidermis (untere Oberhaut) und die Parachym- (Funktions-)zellen, sodass Luft eindringt. Deshalb bekommt das Blatt zuerst gelbliche Punkte, verfärbt sich dann vollständig und fällt ab. Ein häufiger Trugschluss ist, alle Spinnmilben seien an ihren Gespinsten zu erkennen, doch dies gilt nur für die gemeine Spinnmilbe (Tetranychus urticae), welche im Innenbereich jedoch kaum vorkommt. Die vielen für den Indoor-Gärtner bedrohlichen Vertreter dieser Spaß-Bremse bilden keine Gespinste und sind deshalb nur durch ständige Blattkontrolle zu erkennen. Zwar hinterlassen die Spinnmilben keine Kottropfen auf der Blattunterseite, wie es Thripse tun, dafür sind sie unter der Lupe relativ gut sichtbar und bei starkem Befall können die größten Tiere sogar per Hand abgesammelt werden. Spinnmilbenjagd ist ein prima Geduldsspiel für trübe Tage …

Was kann außerdem getan werden? Natürlich steht hier Sauberkeit an erster Stelle, die entsprechenden Maßnahmen haben wir euch schon des Öfteren vorgestellt .Ist alles sauber und die Frischluftzufuhr des Raums oder der Kammer insektensicher, sollte die Luftfeuchtigkeit durch häufiges Sprühen von Wasser oder der Einsatz eines Luftbefeuchters auf das – je nach Vegetations-Phase – vertretbare Maß maximiert werden. Nach dem schon erwähnten manuellen Absammeln der größten Achtbeiner sollte die Pflanze vorsichtig abgeduscht werden, damit so viele Schädlinge wie möglich entfernt werden. Danach können die Pflanzen in mehreren mit Wasser besprühten, durchsichtigen Kunststoffbeuteln eingetütet werden. Das schafft ein künstliches Kleinklima, das die Pflanzen einige Tage ertragen, die Spinnmilbe jedoch nicht. Sie stirbt.

Wer seinen Lieblingen diese zweifellos stressige Prozedur ersparen möchte, kann es mit Pyrethrum, einem natürlichen Insektizid versuchen, das aus den Blüten meist afrikanischer Chrysanthemen-Arten gewonnen wird. Es wirkt systematisch und ist nach wenigen Tagen komplett abgebaut, bei starkem Befall bleiben aber immer ein paar Spinnmilben übrig, so nach dem Motto: die Stärksten überleben.

Fertige Produkte enthalten meist das notwendige synthetische Synergist (vom griechischen synergein = zusammenarbeiten), einem künstlichen Zusatz, der das Chrysanthemen-Blütenextrakt richtig wirken lässt), das so genannte Piperonylbutoxid (PBO). Bei einigen Produkten (Beispiel: Spruzit Neu) ist dieser Stoff mittlerweile durch Rapsöl ersetzt. Besser vor dem Einsatz dieser „halbchemischen“ Keule genau informieren. Pyrethrum und PBO wirken auf das zentrale Nervensystem und sind unter Medizinern nicht unumstritten.

Wer alle Stadien der Spinnmilben sicher, bequem und ungefährlich bekämpfen möchte, setzt einen natürlichen Feind an: Die Raubmilbe Phytoseiulus persimilis. Diese ist in etwa 0,6 Millimeter groß und tropfenartig geformt. Obwohl sie nicht größer ist als ihre Beute, kann sie von der Spinnmilbe unterschieden werden: Ihre rote Farbe hebt sich von den gefleckten Spinnmilben deutlich ab. Das vordere Beinpaar der Raubmilbe dient als Fühlerpaar, mit der sie auch versteckt lebende Spinnmilben findet. Und da Phytoseiulus sehr gefräßig ist, wird die Pflanze erst gewechselt, wenn alle Spinnmilben vertilgt sind. Bevor die Jungtiere sich rund drei (((Tage???))) nach dem Schlüpfen über die Schädlinge hermachen, saugen sie die Eier aus. Und eine ausgewachsene Raubmilbe saugt fünf bis sieben Spinnmilben oder 20 Spinnmilbeneier pro Tag aus. Im Normalfall werden die Fraßfeinde vom Nützlings-Zuchtbetrieb auf Bohnenblättern verschickt, welche wiederum auf den befallenen Pflanzen verteilt werden.

Auch das allseits bewährte Neem-Öl kann, prophylaktisch angewendet, einen Befall verhindern. Es wirkt auch systematisch, dringt also in die Leitbahnen der Pflanze ein. Neem-Öl tötet die Schädlinge jedoch nicht, sondern verdirbt ihnen den Appetit auf den Pflanzensaft, der schmeckt einfach nicht mehr so wie er soll. Eine Kombination mit Nützlingen ist unbedenklich und empfehlenswert.

Von den im Gartenfachhandel üblicherweise angebotenen Mitteln, meist so genannte Akariziden, sollte der ambitionierte Hobbygärtner die Finger lassen, da die Spinnmilbe schneller als jeder andere Schädling resistent gegen solche Mittel wird. Außerdem werden die Eier nicht in Mitleidenschaft gezogen. Und vor allem ist die Abbauzeit nicht unbedingt kurz. Das von einigen Gärtnern verwendete Bayer Produkt „Massaii“ hat mittlerweile in Deutschland die Zulassung verloren, was einige EU-Länder übrigens nicht daran hindert, ihr europaweit verhökertes Obst und Gemüse damit zu besprühen. Pfui Spinne!!

In der freien Natur haben Spinnmilben eine Menge natürlicher Feinde wie Spinnen, Raubmilben, Florfliegen, Marienkäfer und Gallmücken, deshalb kommt es hier seltener zu einem bedrohlichem Befall, chemische Spritzmittel sollten hier unter keinen Umständen eingesetzt werden. Auch hier können dieselben, ökologisch unbedenklichen und nachhaltigen Maßnahmen wie indoor ergriffen werden. Nur vorbeugende Maßnahmen und im Bedarfsfall ein natürlicher Pflanzenschutz garantieren auf lange Sicht den notwendigen Schutz gegen natürliche Feinde. Alles andere wirkt nicht langfristig, ist vergeudete Energie und Geldverschwendung.

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