Mittwoch, 4. Mai 2005

Feuer auf Caspers-Merk

Streifzug durch die Homepage der Bundesdrogenbeauftragten Marion Caspers-Merk

Die Homepage der Bundesdrogenbeauftragten Marion Caspers-Merk hat ein neues Erscheinungsbild erhalten. Sympathische Aussagen von Frau Caspers-Merk wie „Für mich ist der Dialog und die Kooperation aller Beteiligten eine wesentliche Voraussetzung für eine wirksame Drogen- und Suchtpolitik.“ wurden dabei ersatzlos gestrichen. Solche Aussagen sind anscheinend nicht mehr opportun. Dafür findet man andere nicht nachprüfbare Aussagen wie auch solche, die sich einfach als falsch erweisen.

In der Rubrik „persönlich – was mache ich“ beschreibt Frau Caspers-Merk die politischen Funktionen, die sie ausübt: Parlamentarische Staatssekretärin, Drogenbeauftragte der Bundesregierung und SPD-Bundestagsabgeordnete. Im Abschnitt Drogenbeauftragte konnte man am 20. April 2005, dem Tag der Betrachtung, unter anderem folgende Informationen lesen: „Im Januar 2001 habe ich das Amt der Drogenbeauftragten der Bundesregierung übernommen. Ich bin verantwortlich für die Drogen- und Suchtpolitik der Bundesregierung und vertrete diese auch in internationalen Gremien. Als Drogenbeauftragte vertrete ich die Drogenpolitik der Bundesregierung in der Öffentlichkeit.“

Zum Thema Drogenpolitik findet man unter anderem folgende Informationen: „Die Drogenbeauftragte koordiniert die Sucht- und Drogenpolitik der Bundesregierung in Abstimmung mit der Interministeriellen Arbeitsgruppe Drogen- und Sucht (IMAG). Die Geschäftsstelle ist im Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung angesiedelt.“

Die einzige Droge, die auf der Homepage von Marion Caspers-Merk namentlich genannt wird, ist der Wein. Im Bild dargestellt ist die Pflanze, aus der die Droge hergestellt wird. So findet man im „Streifzug durch den Wahlkreis“ ein schönes Bild eines Weinberges aus dem Dreiländereck (Weinort Öttlingen) sowie das Bild eines weiteren Weinberges mit dem Hinweis auf die Sorte „Gutedel“, die nur am Oberrhein gedeiht. Das in den Medien verschiedentlich zitierte und kritisierte Bild, auf der Frau Caspers-Merk mit zwei Weinflaschen bei einer Weinprobe dargestellt war, wurde von der Homepage entfernt. Dafür findet man im Abschnitt „Mit der Abgeordneten im Wahlkreis unterwegs“ gleich zu Beginn ein Bild, auf dem Frau Caspers-Merk und der Bundeskanzler Gerhard Schröder mit je einer Flasche Wein dargestellt sind. Dem Begleittext ist zu entnehmen, dass es sich um zwei Flaschen „Nobling“ aus Bad Krozingen handelt und dass der japanische Ministerpräsident Junichiro Koizumi diesen Wein dem Bundeskanzler bei einem Staatsbesuch in Japan kredenzte. Die Drogenbeauftragte warnt zwar in etwa jeder zehnten Pressemitteilung, die sie herausgibt, vor den Gefahren des Alkohols, doch auf ihrer Homepage präsentiert sich Frau Caspers-Merk gerne mit einer (oder zwei) Flaschen Wein, um werbewirksam auf das Kulturgut Wein aus ihrem Wahlkreis aufmerksam zu machen.

Gemäß der Angabe auf der Homepage koordiniert die Drogenbeauftragte die Sucht- und Drogenpolitik der Bundesregierung in Abstimmung mit der Interministeriellen Arbeitsgruppe Drogen- und Sucht (IMAG). Wie das geschieht und was die IMAG in den letzten Jahren geleistet hat, ist dort jedoch nirgendwo zu lesen. Den einzigen Hinweis zur IMAG auf der Homepage des Gesundheitsministeriums befindet sich in einer Pressemitteilung vom November 2002 (Marion Caspers-Merk erneut zur Drogenbeauftragten der Bundesregierung bestellt). Eine Beschreibung der Tätigkeit der IMAG findet man im Drogen- und Suchtbericht 1999 der Bundesregierung, der von der Vorgängerin von Frau Caspers-Merk, Frau Christa Nickels (Bündnis 90/Die Grünen) herausgegeben wurde. Doch wie alle Berichte und Pressemitteilungen von Christa Nickels wurde auch dieser Bericht von der Homepage des Gesundheitsministerium entfernt – ja, Aspekte grüner Drogenpolitik sind im jetzt SPD-geführten Gesundheitsministerium scheinbar unerwünscht.

Marion Caspers-Merk behauptet auf ihrer Homepage, dass sie die Drogenpolitik der Bundesregierung in der Öffentlichkeit vertrete. Doch zu vielen wesentlichen Themen sucht man vergeblich nach amtlichen Informationen sowohl auf der persönlichen Homepage der Drogenbeauftragten wie auch auf der Homepage des Gesundheitsministeriums. Das Thema „Cannabis als Medizin“, seinerzeit im Jahre 2002 im Koalitionsvertrag festgeschrieben, wird in keiner Pressemitteilung der letzten Jahre erwähnt – die Öffentlichkeit kennt den Stand der Dinge nicht. Auch sucht man auf den oben genannten Internetseiten vergeblich nach Informationen zu den letzten vier Betäubungsmittelrechts-Änderungsverordnungen, die in den Jahren 2001 bis 2005 in Kraft getreten sind. Stellungnahmen der Drogenbeauftragten auf amtlichen Internetseiten fehlen ebenso zur vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärten „Null-Wert-Grenze“ von THC im Blut betreffend die Fahrtüchtigkeit, wie auch zum vom Bundesverfassungsgericht für nichtig – da verfassungswidrig – erklärten § 30c BtMG (Vermögensstrafe). Es scheint wahrlich so zu sein, dass Frau Caspers-Merk nicht in der Lage respektive nicht willens ist, die Drogenpolitik der Bundesregierung in der Öffentlichkeit zu vertreten. Die Behauptung, dass sie dies tue, ist somit falsch, da Änderungen des Drogenrechts eindeutig der Drogenpolitik zuzurechnen sind.

Von den 43 Pressemitteilungen des Gesundheitsministeriums zu Drogen aus den Jahren 2003 bis 2005, die noch im Internet auf den Seiten des Gesundheitsministeriums abrufbar sind, haben 29 (67 %) Alkohol und Tabak und vier (9 %) Cannabis zum Thema. Zu allen anderen Drogen betreffenden Themen findet man gerade einmal zehn Pressemitteilungen vom Gesundheitsministerium, jedoch keine einzige zu Gesetzesänderungen im Bereich illegalisierter Drogen. Von den 52 Pressemitteilungen der Bundesdrogenbeauftragten aus dem gleichen Zeitraum haben 25 (48 %) Alkohol und Tabak, vier (8 %) Cannabis und drei (6 %) eine neu eingeführte Telefon-Drogen-Hotline zum Thema. Die restlichen 20 (38 %) sind den unterschiedlichsten Themen gewidmet, jedoch keine einzige zu neuen gesetzlichen Regelungen betreffend illegalisierter Drogen, obwohl das größte Drogen-Problem das juristische Problem ist. Drogen-Konsumenten haben weit mehr rechtliche Probleme als gesundheitliche Probleme, doch anscheinend soll dies die Öffentlichkeit nicht erfahren. Denn aus welchen Gründen sonst wird gerade dieses Problem von amtlicher Seite aus nicht thematisiert.

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