Mittwoch, 4. Mai 2005

ROLYS GENRE LEXIKON LESSON V.

Dub bzw. das Dubbing (auch Dub Mix oder Version) ist die moderne, clubtaugliche und elektronische Form des Reggae.

Da diese eigenständige Remix-Technik in fast allen gängigen Musikrichtungen – Pop, Ragga, HipHop, House, Techno, Electro und Drum’n’Bass Einfluss fand, umreiße ich heute mal ihre Entstehungsgeschichte.

Mento: Ende der 1940er-Jahre entstand mit Mento die erste jamaikanische folkloristische Populärmusik. Auffällig ist bei diesem Nationaltanz ein stetiger 4/4-Rhythmus und die ungewöhnliche Instrumentierung. Die Rhythmusgruppe besteht aus der Rhumbabox (einer Art Daumenbasspiano) und Percussions wie Bongos und Banjos. Die Melodie-Instrumente sind manchmal selbstgebaut wie Bambussaxophone, häufiger sind jedoch Saxophone, Klarinetten und Violinen anzutreffen. Berühmte Mento-Künstler waren Lord Creator und Laurel Aitken. Heutzutage gibt es nur noch wenige Bands wie die Jolly Boys oder Stanley Beckford, die den Mento spielen.

Ska: Ende der 1950er-Jahre schwappte aus Amerika eine musikalische Welle in Form von Rhythm’n’Blues, Jazz und Gospel in die jamaikanischen Dancehalls. Derjenige, der die ersten Ska-Aufnahmen machte, war 1960/61 Mr. Dodd. Nach der Unabhängigkeit im Jahr 1962 entstand auf Jamaika eine eigene Musikindustrie, die den Ska als erste eigenständige jamaikanische Populärmusik vermarktete und durch ihre technischen Möglichkeiten der Musikproduktion und -verbreitung seine Entwicklung weiter begünstigte. Rhythmisch fällt eine starke Betonung des Offbeats auf. Die Besetzung einer Skaband besteht üblicherweise aus einer Rhythmusgruppe mit Gitarren, Bass, Klavier oder Orgel und Schlagzeug sowie Bläsern wie Saxophon, Trompete und Posaune. Seinen Namen hat der Ska „der Legende nach“ von der Band The Skatalites. Eine andere Legende besagt, dass ein Gitarrist während einer Jamsession mit Prince Buster versehentlich den Offbeat statt des Downbeats betonte, woraufhin Prince Buster lautmalerisch sagte: „Do again this ,Ska’“.

Rocksteady: Aus dem Ska heraus entwickelte sich Rocksteady, was den in Jamaika vorherrschenden Musikstil zwischen Mitte 1966 und 1968 bezeichnet. Als allererstes Rocksteady-Stück wird gelegentlich „Tougher than tough“ von Derrick Morgan genannt. Gemeinsamkeiten zwischen Ska, Rocksteady und Reggae sind die starke Akzentuierung der Zählzeiten 2 und 4 durch die Rhythmus-Instrumente (E-Gitarre und Klavier) und der „One Drop“ genannte Schlagzeug-Rhythmus, bei dem viele Kantenschläge, so genannte „Rim-Clicks“, verwendet werden. Die E-Bass-Begleitung wurde synkopierter und riff-artiger. Thematisch war Rocksteady sehr auf Liebeslieder fixiert. Das zweite vorherrschende Thema waren die „Rudeboys“, in Banden organisierte Kriminelle, die in den Slums von Kingston ihr Unwesen trieben. Oft handelte es sich um Aufforderungen an sie, der Gewalt abzuschwören. Als ein dritter Themenkomplex können Lebensweisheiten und religiöse Themen genannt werden. Typische Songs dieser Ära sind: Prince Buster „Too Hot”, Keith & Tex „Stop that Train”, Desmond Dekker „007 (Shanty Town)”, The Paragons „The Tide is High” und Dandy Livingstone „Rudy, A Message to you”.

Reggae: Diese jamaikanische Musikform hat sich ab dem Ende der 1960er-Jahre unter dem Einfluss amerikanischer Soul-Musik aus seinen unmittelbaren Vorläufern Ska, Mento und Bluebeat ausgebildet. Als erstes „richtiges“ Reggaestück gilt das 1968 von Desmond Dekker eingespielte „The Israelites“, zugleich mit TopTen-Platzierungen in den USA und England der erste Welthit des Reggaes. Angeregt durch den bedeutendsten Reggaemusiker und jamaikanischen Nationalhelden Bob Marley verknüpften zahlreiche Musiker die Musik mit der zu dieser Zeit bereits existierenden Religion der Rastafari. Der klassische Reggae wird heutzutage oft als „Roots-Reggae“ bezeichnet, um ihn von modernen Stilen abzugrenzen. Hier sind Künstler wie Alpha Blondy, Burning Spear, Peter Tosh und Israel Vibration zu nennen. Parallel dazu ergab sich aber auch durch Aswad, Linton Kwesi Johnson und UB40 eine besonders in Großbritannien starke Form des Reggaes, die Einflüsse aus anderen Musikformen wie Punk, New Wave oder Pop integrierte und säkulärer war als der jamaikanische Stil. Daneben existieren der „Dub-Reggae“, eine minimalistische Variante, die sich durch starken Gebrauch von Studioeffekten und fast völligem Verzicht auf Gesang auszeichnet sowie „Ragga/Dancehall“, eine sehr harte und schnelle Variante, die musikalisch dem HipHop nahe steht und mit Bounty Killer, Capleton, Lady Saw, Shaggy, Sizzla und Shabba Ranks ihre bekanntesten Vertreter hat. Wo bei Roots oftmals von Gott (Jah), Leid und Cannabis gesungen wird, geht es bei Ragga einfach um den jamaikanischen Alltag, Gewaltkriminalität, Party und Sex. Auch die starke Homophobie der durch Rastafari geprägten jamaikanischen Gesellschaft spiegelt sich in den Dancehall-Texten wider. Die Rastafari-Religion ist jedoch recht vielfältig, viele Rastas lehnen den modernen kommerziellen Reggae als „Ausverkauf an Babylon“ strikt ab. Gesungen wird im jamaikanischen Reggae meist im so genannten „Patois“, einer auf dem Englischen basierenden Kreolsprache mit zahlreichen Wortneuschöpfungen.

Dub: Hierbei handelt es sich um ein Ende der 1960er-Jahre in Jamaika entwickeltes, instrumentales Musizierverfahren, welches die typischen Reggae-Bassläufe und -Rhythmen aufnimmt und schnell global adaptiert wurde. Seit Anfang der 1970er-Jahre werden auch die Instrumental-Versionen eines Songs oder Tracks als Dub bezeichnet. Speziell auf den „Reggae 7″ (Singles) wird meist auf der B-Seite der Dubmix des Originalstücks mittels Effekten wie Reverb, Echo, Phaser und anderen elektronischen Geräten verändert. Aus den aufgezeichneten Tonspuren des Originals wird die Gesangsspur entfernt, die Spuren der einzelnen Instrumente werden im Studio neu abgemischt, verzerrt oder anderweitig verändert und manchmal sogar komplett neu arrangiert (Remix). King Tubby, der unumstrittene Pionier des Dub, nutzte für seine Dubs Delay Echo, Slide Faders und das Phasing. Erst durch die Mehrspurtechnik wurde es möglich, die Instrumentierung auf weitere Spuren zu verteilen und somit den Dub variantenreicher zu gestalten. Wichtige Vertreter sind Lee Scratch Perry, Mad Professor, Adrian Sherwood, Prince Far I, Dub Syndicate, Jah Shaka und Long Beach Dub Allstars.

Reggaeton: Importiert durch Hunderttausende lateinamerikanischer Einwanderer hat nun der Siegeszug des Reggaeton in Europa begonnen. Reggaeton ist ein Mix aus Reggae, jamaikanischem Dancehall, amerikanischen HipHop, Bomba und lateinamerikanischer Salsa sowie Merengue und Bachata. Reggaeton ist vor ungefähr zehn Jahren in Puerto Rico entstanden, mittlerweile tanzen Millionen Latinos in der Karibik und den USA zur perfekten Dance- und Party-Musik. In spanischen Discotheken wird immer öfters „Perrera“ (wörtlich übersetzt: hündeln) getanzt. Passend zu den sexistisch-pornographischen Texten des Reggaeton kommt ein adäquater Tanzstil auf den Kontinent, bei dem man eng umschlungen über die Tanzfläche wirbelt. In Kuba hat der verwendete Text sogar eine politisch-sozialkritische Funktion, da hier verschlüsselte Systemkritik geübt wird. Zum Reinhören empfehle ich mal 50 Cent „Disco Inferno“ (Reggeaton Remix), Don Omar „Dile“ und Ciara feat. Missy Elliott „1, 2 Step“ (Don Candiani Reggaeton Mix).

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