Freitag, 27. März 2020

Keimfrei oder sauber?

Nachhaltig sparen und Spaß dabei


Wir Deutschen haben nach dem II. Weltkrieg einen Putzwahn entwickelt und liegen unrühmlicherweise bei dem Verbrauch von chemischen Putz- und Reinigungsmitteln europaweit weit vorn. Dreck ist Materie am falschen Ort. Also weg damit. Heute wollen wir dieses Thema ein wenig näher beleuchten und Euch Tipps geben, wie Ihr jede Menge Geld sparen könnt, wenn Ihr auf einfache Art und Weise Eure Reinigungsmittel selbst herstellt. 

Die letzten veröffentlichten Zahlen stammen von 2017. Wir haben in Privathaushalten 604.000 Tonnen Waschmittel, 251.000 Tonnen Weichspüler, 139.000 Tonnen Handspülmittel, 173.000 Tonnen Maschinengeschirrspülmittel, 233.000 Tonnen Universal- und Allzweckreiniger sowie 86.000 Tonnen WC-Reiniger verwendet. (Quelle: Industrieverband Körperpflege- und Waschmittel e. V. – Nachhaltigkeitsbericht 2019). Diese gigantische Masse kostete uns Verbraucher 4,8 Milliarden Euro.

Wer sich an den Beitrag vom Hanf-Journal vom Oktober 2019 „Wasser – Quell des Lebens oder unsichtbare Kloake?“ erinnert, dem wird jetzt schlecht. Dieses ganze Zeug muss durch die Kläranlagen. Selbst, wenn die Industrie postuliert, dass ihre Produkte umweltfreundlicher geworden sind, was grundsätzlich stimmt, ist es zu viel, zu viel, zu viel.

Fünf bis sechs Reinigungsmittel reichen völlig aus, unsere Wohnung sauber zu bekommen: Allzweckreiniger, Handspülmittel, Scheuermittel, Essig- oder Zitronensäure, Spiritus und Seife. Keimfrei muss sie nicht sein. Die meisten Keime gehören selbstverständlich in unsere Umwelt, die wenigsten verursachen Krankheiten. Stark desinfizierende Mittel häufig anzuwenden, schadet mehr, als es nutzt: Die natürliche Mikrobenflora unserer Haut schützt uns vor eindringenden Krankheitserregern. Eine übertriebene Körperwäsche und der Einsatz von Desinfektionsmitteln im Haushalt schwächt oder beseitigt diesen lebenswichtigen Schutz. Der Mensch kann leichter krank werden.

Am saubersten muss nicht die Toilette oder das Bad sein, sondern die Küche. Ist sie unsauber, können Mikroorganismen in ihr gelagerte Lebensmittel schnell befallen. Isst der Mensch sie, kann er leichter erkranken, als wenn seine Haut in Kontakt mit Erregern kommt. Der natürliche Schutzmantel der Haut hält sie ab. 

Soda: 

Unsere Ahnen hatten seit Tausenden von Jahren nur drei Putzmittel: Seife, Soda (Natriumcarbonat) und Sand zum Scheuern. Soda kommt in der Natur vor, z.B. in Kratern von toten Vulkanen, am Rande von Salzseen. Das reicht nicht für unseren Bedarf. Die alten Ägypter haben damit Leichen getrocknet, die Vorstufe zur Mumifizierung. Die Griechen bleichten mit alkalischer Birkenasche und Soda ihre Haare. Ein selbst hergestellter Sodareiniger ist genauso effektiv wie ein gekaufter, um Zusatzeffekte zu erreichen, ist er mühelos zu modifizieren. Unter mir war eine Wohnung ausgebrannt. Ein Rußfilm legte sich über alle Möbel und Oberflächen. Seitdem schwöre ich auf Sodareiniger als besten Fettreiniger. Da er stark alkalisch ist, entfernt er ebenso Bakterien, Algen, Schimmel und Grünbelag.

Wir holen uns aus dem Drogeriemarkt eine Tüte Soda für 99 Cent. Damit können wir zehn bis dreißig Liter Sodareiniger selbst herstellen und sparen somit bei einem Preis von 1,85 Euro für 500 ml herkömmlichem Sodareiniger bei einer Ausbeute von zehn Litern 36 Euro.

Nehmt eine leere Sprühflasche und gebt ein bis zwei Esslöffel Wasser hinzu. Schütteln, fertig! Tenside sind waschaktive Substanzen. In die Flasche könnt Ihr einen Spritzer Schmierseife hineintun, wenn Ihr mögt.

Natron:

Bitte verwechselt es nicht mit Soda, da in der Geschichte Speisesoda und Backsoda in Wirklichkeit Natron (Natriumhydrogencarbonat) sind. Die ersten Erwähnungen von Natron finden wir 2000 Jahre v. Chr. Es ist das Allround-Mittel schlechthin von der Lebensmittelindustrie, der Zahnpasta bis zur Brandhemmung in Flugschreibern. Am bekanntesten ist es wohl als Backpulver. Um Verkrustungen und Eingebranntes loszuwerden, ist Natron das Mittel erster Wahl. Im normalen Drogeriemarkt kostet ein Kilo gut 6 Euro, im russischen Supermarkt Ledo in Deutschland nur 1,30 Euro. Natron gilt als Wundermittel an sich. Was Ihr alles damit anstellen könnt, findet Ihr auf der gleichnamigen Internetpräsenz www.wundermittel-natron.info.

Abflussreiniger: Ihr braucht ½ Tasse Natron, ½ Tasse Essigessenz, 1 feuchtes Tuch, 1 Liter kochendes Wasser. Schütte das Natron in den verstopften oder unangenehm riechenden Abfluss, gib langsam den Essig dazu, bedecke den Abfluss mit dem Tuch und gieße nach zehn Minuten das kochende Wasser hinterher. Sollte das nicht genügen, könnt Ihr die ganze Prozedur wiederholen oder Ihr verwendet eine Reinigungsspirale, schmal und klein für normale Haushaltsabflüsse oder groß für ein Abwasserrohr, z.B. im Keller. Die altbewährte Saugglocke, die wir Berliner liebevoll Pömpel nennen, leistet gute Dienste.

Essig- und Zitronenreiniger gegen Kalk:

Gegen Kalk hilft immer Säure, gleichgültig aus welcher Quelle. In Bad und Küche bewährt sich zum Beispiel ein Orangen-Essigreiniger. Das funktioniert ebenso mit Zitronen oder Grapefruit. Um ihn herzustellen, braucht Ihr nur ein wenig Geduld. Schält so viel normale Orangen sehr dünn, wie Schalen in ein Glas – nicht in ein Kunststoffbehältnis – passen. Ihr braucht nur die äußere orangefarbene Schale. Diese steckt Ihr in das Glas mit normalem weißen Essig und lasst dies mehrere Tage stehen, mindestens ein bis zwei Wochen. Die Schalen müssen immer bedeckt sein. Wenn Ihr anfangs nicht so viele habt, könnt Ihr Schalen nach und nach hinzufügen. Gießt dann die Flüssigkeit durch ein Sieb und verdünnt sie zur Hälfte oder mehr mit Wasser, am besten nur so viel, wie Ihr in der nächsten Zeit braucht. Sonst besteht die Gefahr des Schimmelns.

Zitronensäure ist das Beste zum Reinigen von Kaffeemaschinen, weil sie nicht so aggressiv wie Essig ist und die Dichtungen schont. Stellt damit in wenigen Augenblicken einen Küchen- und/oder Badreiniger her. Ein Teelöffel Citronensäure, ein halber Liter warmes Wasser und ein Spritzer Spülmittel oder Schmierseife. Das ist wegen der Oberflächenspannung gut.

Fußböden:

Meist reicht es, einen Fußboden nebelfeucht mit warmem Wasser zu wischen. Hartnäckige Flecken bekommt Ihr von einem Holzfußboden mit Salmiakgeist oder ein wenig Terpentinersatz weg. Gewachste und geölte Böden brauchen eine Rückfettung, sie wischt Ihr am besten mit Schmierseife: zwei bis drei Esslöffel auf einen Liter lauwarmes Wasser. Bitte nehmt nur Baumwolltücher und keine Mikrofaser, das gilt ebenso für Laminat. Für letzteres Material könnt Ihr ein paar Spritzer Essig ins Wischwasser geben. Granit-, Marmor- und andere Steinböden vertragen keine Säure, da nehmt Ihr Schmierseife, die Ihr preiswert überall bekommt. Sie ist flüssig, gründlich und schont die Oberflächen. Zum Beispiel könnt Ihr beim Renovieren Eure Lichtschalter und Steckdosengehäuse in eine Schmierseifenlösung legen, sie kommen fast wie neu wieder heraus. Gartenmöbel lassen sich super damit säubern. Mit Schmierseife Geputztes bleibt länger sauber, weil sie einen leichten Schutzfilm bildet. 

Kernseife dient nicht nur zum Waschen von Händen und Haut, sondern starke Flecken auf der Wäsche können mit ihr vorbehandelt werden. Wenn sie mit Duftstoffen und anderen Zutaten angereichert wird, wird Feinseife aus ihr. Sie hilft gegen Blattläuse. Sowohl Schmier- als auch Kernseife sind 100 Prozent biologisch abbaubar und werden deshalb grüne Seifen genannt.

Fenster und Spiegel reinigt Ihr am preiswertesten mit einem Spritzer Spiritus im Wasser. Glasreiniger enthalten jede Menge unnützes Zeug und sind unnötig teuer.

Ist es möglich, aus der Hanfpflanze Putzmittel herzustellen? Auf jeden Fall, gewisse Bestandteile von Cannabis werden dazu verwendet. Waschmittel gibt es bereits, gefunden habe ich ein Händewaschmittel mit Bio-Hanföl, das besonders beruhigend für angegriffene Haut sein soll. Ein Hanf-Fleckenspray sagt Fett, Öl, Blut, Gras, Obst, Schminke, Kugelschreiber, Teer und anderen starken Verschmutzungen den Kampf an – zu 100 Prozent aus nachwachsenden Rohstoffen und biologisch abbaubar und antiallergisch. Ein Geheimtipp ist der Hanf-Schwamm zum Abwaschen und zum Putzen empfindlicher Oberflächen. Er nimmt Seife besser auf als ein Kunststoffschwamm, kann immer wieder gereinigt werden, hat eine lange Haltbarkeit und kann im Biomüll entsorgt werden, wenn er seine Schuldigkeit getan hat. 

Auf Seiten wie Teufelskralle, Smarticular und Publikationen aus dem oekom-Verlag wie „Meine Reise nach Utopia“ findet Ihr viele Tipps und Tricks für ein nachhaltiges Leben mit umweltfreundlichen Mitteln und Verfahren.

Desinfizieren mit natürlichen Mitteln:

Nach dem Ausbruch einer ansteckenden Krankheit wie Masern, Mumps, Tollwut, Gelbsucht, jedoch auch Röteln, Keuchhusten und dem Coronavirus seit Neuestem sollte dort besonders geputzt werden, wo der Kranke angefasst hat, sämtliche Schalter, Türrahmen, Wasserhähne, Möbelgriffe. Natürliche Mittel sind Essig, z.B. eine Lösung mit Apfelessig. Gebt einen knappen Esslöffel in einen Liter Wasser, damit lassen sich auch Obst und Gemüse waschen. 

Mit einem mit Salzwasser befeuchteten Tuch lassen sich Kunststoffoberflächen genauso wirkungsvoll von Bakterien befreien wie mit Desinfektionstüchern. Einzige Voraussetzung: Man muss mindestens dreimal über die Oberfläche wischen. Das haben kanadische Wissenschaftler bei einer Studie entdeckt, in der sie testeten, welche Desinfektionstücher das beste Ergebnis erzielten. Die Forscher raten daher allen Menschen, die im Krankenhaus arbeiten, kontaminierte Kunststoffgegenstände nicht nur flüchtig, sondern gründlich abzuwischen. (Universität Alberta, Edmonton.)

Hochprozentiger Alkohol wirkt desinfizierend, ist aber für den Hausputz ungeeignet.

Wenn Ihr das Gefühl habt, dass ein ganzer Raum verseucht ist, verbrennt in einem offenen Kamin oder in einem Kohlebecken das Holz der Rotbuche. Im Rauch des Buchenholzes befindet sich Kreosot, dieses hat eine stark desinfizierende Wirkung. Zur Verbesserung des Ergebnisses überstreut die Glut mit Lorbeerblättern, getrockneten Wacholderbeeren oder den Blättern vom Echten Salbei. Auch das alleinige Kochen einer größeren Menge Salbeiblätter in einem offenen Topf übt eine desinfizierende Wirkung auf den umgebenden Raum aus.

Ein Text von Amandara M. Schulzke

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3 Kommentare
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Rainer Sikora
4 Jahre zuvor

Das Bestreben Die (um)welt vor Vernichtung und Zerstörung zu schützen.Kaputt machen,war schon immer leicht,und machte immer mehr Spaß,aber Leben erhalten oder schaffen,sowas gehört nicht oder paßt nicht in die Lebensweise oder Planung,die gewisse Menschen vorgeben.

Hanf Solo
4 Jahre zuvor

Sau cooler Artikel! Danke.

buri_see_käo
4 Jahre zuvor

zufällig musste ich vor 2 Tagen meine Thermoskanne entstinken,
mit Natron (Natriumhydrogencarbonat); damit sollte man auch den
Kühlschrank ab und an von innen reinigen – auf keinen Fall mit
essighaltigem Zeugs, denn dadurch kommt man der Erwartungshaltung
von Kühlschrankherstellern entgegen. Weil das Kappilarröhrchen und
Ausdehnungsgefäß der Temperaturregelung (Kupfer) davon angegriffen
werden. Aluminium wird übrigends von Natron angegriffen.
Natron hilft, in der Nähe der Nesteingänge geschüttet, gegen Ameisen,
manche Gattungen sind Pflanzenschädlinge (Saat und Wurzeln).
Im Garten ist es noch wichtig, sich Brennesseljauche zu machen, als
Dünger und als Mittel zur Bekämpfung von Läusen und Weisser Fliege.
Und der 3 Tage alte Mond mit Venus darüber sieht gerade hübsch aus.
mfG  fE