Dienstag, 24. Dezember 2019

Der Weihnachtsmann, der Haschisch raucht

Eine Weihnachtsgeschichte aus dem nicht funktionierenden Teil Deutschlands

Cannabis Haschisch
Graphik Ruth Groth

 

 

Sadhu van Hemp

 

 

Niemand weiß genau, seit wann auf unserer Insel am Heiligen Abend ein Weihnachtsmann umgeht und anonyme Geldspenden verteilt. Doch gut zwei Jahrzehnte wird der Unbekannte schon sein Unwesen treiben – Unwesen deshalb, weil er Menschen mit Geld überhäuft, die die Gabe gar nicht verdient haben. Statt zum Weihnachtsfest den fleißigen und rechtschaffenden Bürgersleuten zu geben, beglückt er die Faulenzer und Sozialschmarotzer unseres kleinen Inselchens.

 

Gerade eben hat es mich erwischt, obwohl ich dachte, mich kann es nicht treffen. Immerhin gehe ich als Redakteur des Hanf Journal einer halbwegs geregelten Beschäftigung nach und zahle brav meine Steuern. Doch plötzlich stand er vor der Tür – der Weihnachtsmann der Armen, Witwen und Waisen. Zunächst dachte ich an einen Irrtum, aber dem war nicht so. Der als Santa Claus verkleidete Wohltäter stand leibhaftig vor mir und ersuchte um Einlass. Ich bat ihn zu Tisch, schenkte ihm ein Tasse Darjeeling ein und reichte holländisches Gebäck.

„Was führt dich zu mir, lieber Weihnachtsmann?“, fragte ich den Fremden. „Ich bin doch gar nicht deine Zielgruppe. Bin weder arm noch obdachlos, und Hunger leide ich auch nicht.“

„Stimmt“, erwiderte der Weihnachtsmann. „Aber du bist ein Bruder von mir.“

„Bruder?“, fragte ich verwundert nach. „Davon weiß ich ja gar nichts. Du willst doch jetzt nicht behaupten, dass meine Mutter eine …“

„Nein, Bruder“, entriss er mir das Wort. “Deine Mutter war nicht das, was du denkst. Sie war eine heilige Frau, die einen Sadhu geboren hat. Somit sind wir Herzensbrüder.“

Und dann kam es, wie es kommen musste: Der Weihnachtsmann reichte mir ein Geschenkpaket in der Größe eines Schuhkartons.

„Nimm, das ist für dich, Amigo“, sagte er. „Nur keine falsche Bescheidenheit. Mach’s einfach auf!“

 

Wie erwartet handelte es sich bei dem Geschenk um Geld … viel Geld, sehr viel Geld. Doch zu meiner Verblüffung fiel mir noch etwas anderes in den Schoß – und zwar zehn 50-Gramm-Bobel mit Chocolate-Hasch aus Marokko. Mir blieb die Spucke weg. Das war ja eine schöne Bescherung. Mein Blick wanderte ungläubig zwischen Haschisch und Weihnachtsmann hin und her.

„Das ist ein kleines Dankeschön für dein Engagement, Habibi“, sagte der Weihnachtsmann milde lächelnd. „Ich lese das Hanf Journal jeden Tag. Ihr macht wirklich ein tolles Blatt – und das für wenig Honorar. Nimm die Spende und gönne dir mal was – gemeinsam mit Deinen Kolleginnen und Kollegen.“ Er zeigte auf das Haschisch. „Nun guck nicht so! Los, bau mal einen!“

 

Wir saßen eine ganze Weile rauchend zusammen, und er verriet die Hintergründe seines weihnachtlichen Samaritertums. Er sei Haschisch-Importeur im großen Stil und habe ein Herz für Kiffer. „Seit 1970 bin ich im Business“, plauderte er munter drauf los. „Habe sogar noch mit Mr. Nice Geschäfte gemacht. Während dieser Zeit habe ich ein Vermögen angehäuft, und ich könnte die ganze Insel mit Geld zuscheißen, wenn ich wollte.“ Er atmete einmal tief durch und reichte den Joint zurück. „Eigentum verpflichtet, nicht wahr?“, fuhr er fort und ich nickte. „Seit einem halben Jahrhundert darf ich keinen Pfennig Steuern zahlen, weil der Staat mein Geld nicht will. Weihnachten 1995 habe ich dann damit begonnen, freiwillig meiner Steuerpflicht nachzukommen und jeden Zehnten meiner Einnahmen an hilfsbedürftige und in Not geratene Menschen zu verteilen. Ich weiß, meine Wohltätigkeit ist nicht ganz uneigennützig. Wie sonst sollte ich die Unmengen an Papiergeld loswerden? Was meinst du? Das ist doch okay, was ich mache? Ein bisschen Geld und Haschisch kann doch nicht schaden, oder?“

„Ach, lieber Weihnachtsmann“, seufzte ich vor Rührung. „Ich kann mich nur verneigen. Du hast ein großes Herz, und ich danke dir für die milde Gabe.“

 

Dann brach er auf, um noch anderen Menschen unverhofft das Weihnachtsfest zu versüßen. Ich geleitete ihn zur Tür und wir verabschiedeten uns mit einer herzlichen Umarmung. Als er halb die Treppe herunter war, rief ich noch hinterher. „Du, Highnachtsmann! Kannst gerne noch einmal als Osterhase vorbeischauen.“

 

 

Die Hanfjournal-Redaktion wünscht allen Leserinnen und Lesern friedliche und zugleich heitere Festtage.

 

 

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3 Kommentare
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Rainer Sikora
4 Jahre zuvor

Ich glaube,daß Angeben zum Abgeben verpflichtet.Einen guten Weihnachtsmann für alle.

Krake
4 Jahre zuvor

…..und ich, würde gerne echt sehr gerne ein bischen, abgeben, am heiligen Nachmittag!! Übrigens, tolle, Kurzweihnachtsgeschichte!! Echt, nett!!

Jo
4 Jahre zuvor

Schildower Kreis Teil 3, auch wenns nichts mit dem Artikel zu tun hat.
https://youtu.be/Sd938lWgrxM