Dienstag, 21. Mai 2019

Vergabeverfahren für den Anbau von medizinischem Cannabis abgeschlossen

Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vergibt die letzten vier der insgesamt 13 Lose für den Anbau von Medizinalhanf

 

 

Sadhu van Hemp

 

 

Der Ort, an dem die Bundesbeamten des Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) darüber wachen, was den Deutschen gut zu tun hat und was nicht, könnte als Filmkulisse einer Neuverfilmung von Franz Kafkas Roman „Das Schloss“ dienen. Das Bonner Regierungsviertel rund um den verödeten und menschenleeren Robert-Schumann-Platz hat diese Ausstrahlung, die als bedrohlich und beängstigend empfunden wird. Hinter den Betonfassaden der Bundesministerien haben sie sich verschanzt, die blutleeren Beamten jenes undurchschaubaren bürokratischen Apparats, der dank seiner Hierarchie- und Machtstrukturen wie ein in sich abgeschlossenes System funktioniert und vom Bürger kaum zu kontrollieren ist.

 

Wie grotesk die bürokratischen und politisch gesteuerten Abläufe in den Verwaltungsstuben sind, konnte das BfArM über zwei Jahre lang unter Beweis stellen. Nachdem im Frühjahr 2017 das “Hanfanbau-Verhinderungsgesetz für Cannabispatienten” in Kraft getreten war, beauftragte das BfArM die eilig gegründete Bundescannabisagentur damit, den Anbau und Vertrieb von Medizinalhanf in deutschen Landen zu organisieren. Die Prämisse war, bei der Vergabe der Anbaulizenzen jene Bewerber zu bevorzugen, die über das nötige Kapital und Know-how verfügen, um im großen Stil Cannabis zu produzieren. Kleingärtner, Hanfanbau-Kooperativen oder landwirtschaftliche Betriebe sollten aus dem Business herausgehalten werden.

In dem Glauben, dass der Schmu nicht auffällt, startete das BfArM im Frühsommer 2017 das erste Vergabeverfahren. Dummerweise war die Ausschreibung derart stümperhaft initiiert, dass sich das Oberlandesgericht Düsseldorf im März 2018 gezwungen sah, letztinstanzlich die Notbremse zu ziehen und eine Neuauflage des Vergabeverfahrens einzufordern.

 

Der zweite Versuch der Ausschreibung, der im Juli 2018 gestartet wurde, schien zunächst vielsprechend. Statt 118 reichten nur noch 79 Bewerber ihre Unterlagen ein, in der Hoffnung, dass das BfArM auch kleineren Unternehmen die reelle Chance gibt, ein paar Krümel vom Cannabiskuchen abzubekommen. Sich dessen bewusst, nur keinen neuen Verfahrenfehler zu begehen, verlängerte das BfArM die Abgabefristen für die Bewerbungsunterlagen zweimal. Während des Prüfverfahrens kam es zu weiteren Scharmützeln zwischen den Bewerbern und dem BfArM, so dass sich die Entscheidung über die Vergabe der Anbaulizenzen weiter verzögerte.

Am 17. April bog das BfArM auf die Zielgerade ein: Die kanadischen Aktienunternehmen Aphria und Aurora erhielten zusammen neun Lose für den Anbau von je 200 Kilogramm medizinisches Cannabis pro Jahr. Die Sieger der letzten vier Lose standen noch nicht fest, da sich ein unterlegener Bieter mit einem Nachprüfungsantrag an die Vergabekammer gewandt hatte.

 

Am gestrigen Montag gab das BfArM nun bekannt, dass der Nachprüfungsantrag zurückgezogen und der für Mittwoch angesetzte Prozesstermin am Oberlandesgericht Düsseldorf abgesagt wurde. Welche Gründe den Klageführer dazu bewogen haben, klein bei zugeben, möge sich jeder selbst ausdenken angesichts der pekuniären Potenz der Konkurrenten. Somit gehen die verbliebenen vier Lose an jene Bieter, die das BfArM bereits ausgeguckt hatte. Aphria aus Bad Bramstedt in Schleswig-Holstein kann sich über ein fünftes Los freuen, und die Berliner Firma Demecan, ein Joint-Venture-Unternehmen des kanadischen Cannabis-Produzenten Wayland Group, startet mit drei Losen ins Monopolgeschäft der Medizinalhanfproduktion ein. Damit sind alle Zuschläge an Tochterfirmen bzw. Beteiligungen der kanadischen Cannabis-Industrie gegangen.

 

„Dieser Schritt ist ein wichtiger Beitrag zur Verbesserung der Versorgungssituation“, lobte BfArM-Präsident Karl Broich das Stückwerk seines Beamtenapparats. „Durch den erfolgreichen Abschluss des Vergabeverfahrens kann der Anbau von Cannabis in pharmazeutischer Qualität in Deutschland nun in vollem Umfang zügig umgesetzt werden.“

Die Bundesbehörde geht davon aus, dass die erste Ernte spätestens im 4. Quartal 2020 erfolgen wird – also nach dreieinhalb Jahren akribischer Vorbereitung. Und wenn es dann soweit ist, wird das BfArM feststellen, dass der „volle Umfang“ von 2600 Kilogramm Medizinal-Cannabis, die jährlich in Deutschland produziert werden, vorne und hinten nicht reichen, um den Bedarf zu decken.

 

In Zukunft wird die Cannabisagentur also weiterhin auf dem internationalen Markt zukaufen müssen. Und das Schlimme ist, dass das politisch gewollt ist. BfArM-Präsident Karl Broich gibt dem staatlich kontrollierten Anbau von Medizinalhanf keine Zukunft. Für den Behördenchef ist der derzeitige „Sonderweg“ ein „Systembruch“ und nur eine „Übergangslösung“. Oberste Priorität habe die Entwicklung von Fertigarzneimitteln auf Cannabisbasis, die den Hanfanbau überflüssig machen.

 

 

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8 Kommentare
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Rainer Sikora
4 Jahre zuvor

Viele Pflanzen gibt es,die im Endprodukt nicht mehr zu erkennen sind.Man könnte der Natur zu nahe kommen.In einer Plastikwelt ist das verstörend.

Egal
4 Jahre zuvor

Was für ein Zwergen aufstand für ne Hand voll Gras.

Die ganze Nummer ist Wettbewerb widrig!
Gewinner sind wie immer die großen!

Andreas
4 Jahre zuvor

Deutschland ist halt zu dumm dafür alles in Eigeninitiative zu machen ohne Firmen von außerhalb. Dabei wäre es so einfach den Kuchen ganz zu haben und nicht nur ein kleines Stück.

Egal
4 Jahre zuvor

Ein Tresor Raum wäre auch nicht nötig! Wachhunde und Gänse machen auch aufmerksam. Oder alternativ ein starkes hf Feld um die Pflanzen! Pflanzen Diebe bekommen dann ganz schnell heiße Ohren und gehen freiwillig weil sie sonst von innen aus verdampfen werden! Bei uns in der Gegend gibt es mehrere leere Gewächshäuser die ich jederzeit anmieten könnte! Nur so ein bfam würde unser einen noch nicht einmal auf eine Bewerbung eine Rückmeldung versenden. Geschweige denn eine Genehmigung versenden! Das ist Wettbewerb widrig! Verklagen auf Schadenersatz in Millionen Höhe sollte man die! Und ausserdem würde jeder hanf Bauer seine Blüten aus Eigeninteresse schon vor einem Diebstahl absichern! Alleine schon weil sonst kein Geld in den Kassen klingelt! Das bfam ist mit pananoiden… Weiterlesen »

Otto Normal
4 Jahre zuvor

“Es läuft alles so wie ich es vorhergesehen habe. Alles läuft nach Plan.”
(Darth Sidious in “Star Wars”)

Wer mehr über das Wesen unseres heutigen “Imperiums”, die aktuellen Darth Vaders und warum Cannabis verboten bleiben muss, wissen will sollte mal nach “Wissensmanufaktur Plan B” googlen.

Das dazugehörige Dementi der neoliberalen Kräfte findet Ihr hier:
neopresse punkt com/gesellschaft/anotherview/warum-der-plan-b-der-wissensmanufaktur-in-wahrheit-diktatur-bedeutet/

Horscht
4 Jahre zuvor

So lange die Übergangszeit 30 Jahre dauert, ist doch alles gut.

Willy
4 Jahre zuvor

Ach wie gut das noch aus dem Ausland zugekauft wird. Die in Deutschland produzierten Cannabis Blüten dürfen einen THC Gehalt von 20%nicht überschreiten und das ist für ganz viele Patienten zu gering.

Egal
4 Jahre zuvor

… Typisch Für Deutschland! Die haben 0 Ahnung und 0 Erfahrung! Und denken geht auch nicht mehr weil die ihr Hirn weg gesoffen haben! Mal ne kleine Preis frage an leihe! Was ist Besser? Gras mit 19% thc Oder Gras mit 28% thc Die Antwort ist einfach! 1. Die Produktion von 28% thc Pflanzen benötigen den gleichen Platz wie die 19% Typen! 2. Der Patient benötigt weniger Blüten um so höher der thc Gehalt ist und belastet damit auch weniger seine Lunge! Der Patient kommt länger mit seinen Blüten aus! Das entlastet die Kasse oder bei privat Rezept den Patienten! Selbst bei der orale Einnahme wird weniger Material benötigt! Und auf die Idee kommen solche Leute nicht? Und diese dürfen… Weiterlesen »