Montag, 7. Mai 2018

Berliner interessiert GMM nicht die Bohne

 

 

300 Teilnehmer des Global Marijuana March trotten über Berlins Ballermann-Meile – und keiner kriegt’s mit

 

 

GMM 2014 in Nürnberg
Foto: Archiv

 

 

Ein Kommentar von Sadhu van Hemp

 

 

Es ist absurd: In den Metropolen der westlichen Welt demonstrieren die Haschgiftverbrecher auf dem GMM zu Tausenden gegen den die Prohibition, nur in der Hauptstadt der Deutschen herrscht Totentanz mit gerade einmal 300 Teilnehmern. Das bereits letztes Jahr diagnostizierte Desinteresse der Spreeathener am politischen Kampf gegen die Kriminalisierung der Hanfkonsumenten nimmt zu – ganz zur Freude der systemrelevanten Elite, die ohne nennenswerten Widerstand die nicht mehr aufzuhaltende Cannabis-Legalisierung nach ihren Maßgaben bestimmen kann. Ohne Druck von der Straße können Politiker und Wirtschaftsbosse die Köpfe zusammenstecken und sich die Welt so zurechtbiegen, wie sie ihnen gefällt. Und in dieser Welt kommen jene Hanffreunde nicht vor, die ihr Kraut im Balkonkasten züchten oder sich einen Haschischvorrat aus dem Urlaub mitbringen.

 

Dass die Bewohner des größten deutschen Kiffer-Biotops den Hintern nicht hochbekommen, um für ihr Recht auf „Rausch“ zu kämpfen, ist mehr als traurig – und zugleich ein weiteres Indiz dafür, dass die in Berlin lebenden Bürger generell Unwillens sind, politische Impulse zu setzen. Stoisch ertragen die Hauptstädter das Hanfverbot, die Verelendung des Prekariats und die Gentrifizierung ganzer Stadtteile. Vollends darauf getrimmt, nur sich selbst der Nächste zu sein, balgen sich Alt- und Neuberliner um unterbezahlte Sklavenarbeit und überteuerte Wohnungen. Gelebt wird, als gäbe es kein Gestern und kein Morgen. Was zählt, ist der letzte Thrill, den der marktkonforme Mainstream über die sozialen Netzwerke als solchen offeriert.

 

Wie sich diese neue Lebensart gestaltet, zeigte sich vor knapp einer Woche am einstmals revolutionären 1. Mai in Kreuzberg: Statt gegen Ausbeutung und Mietwucher aufzubegehren, versammelte sich das von Zalando & Co. eingekleidete Partyvolk zum Rudelchillen im Görlitzer Park. Die von der Presse herbeigesehnten Tumulte zwischen Polizei und Demonstranten blieben aus. Der Mangel an politisch engagierten Jungbürgern ist einfach zu groß, um denen das Fürchten zu lehren, die Berlin mit ihrem Geld zuscheißen.

 

Und so war es am Samstag bei schönstem Wetter nicht verwunderlich, dass dem GMM all jene fernblieben, die sich der Schwarmintelligenz untergeordnet haben und deshalb unpolitisch durchs Leben gehen. Warum sich solidarisch verhalten, wenn es auch asozial geht? Ist doch alles okay in Berlin. An fast jeder Ecke bietet ein Btm-Fachhändler seine illegale Ware feil, und der Verfolgungsdruck lässt sich locker aushalten. Es besteht also keine Veranlassung, sich unter die „üblichen Verdächtigen“ zu mischen, die für etwas die Fahne hochhalten, was kaum noch jemanden kratzt, der es geschickt angeht.

 

Dass der GMM in Berlin keinen Anklang findet, hat sich die aktive Hanfcommunity allerdings auch ein Stück weit selbst zuzuschreiben. Das ewig gleiche Konzept, mit ohrenbetäubenden Technobeats durch den Kreuzberger Kiez zu ziehen, um mit ein bisschen Love-Parade-Feeling die Jugend anzulocken, hat sich überlebt. Gereifte Cannabis-Konsumenten schreckt der Radau eher ab. Die Relevanz des GMM geht verloren, weil nicht die erreicht werden, die es gesittet und umweltverträglich mögen. 3,6 Millionen Menschen leben zwischen Spree und Havel, doch leider gelingt es den haupt- und ehrenamtlichen Hanfaktivisten nicht, auch nur annähernd das Potenzial an Mitstreitern auszuschöpfen.

 

Dass es auch anders geht, zeigen GMM-Veranstaltungen fernab Berlins. In Nürnberg beispielweise haben sich 1.300 Hanffreunde zusammengefunden – und das bei nur etwas mehr als 500.000 Einwohnern. Auf Berlin übertragen lässt sich resümieren, dass auf die selbstgefälligen Hauptstädter im Kampf gegen die Cannabis-Prohibition kein Verlass ist.

 

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11 Kommentare
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kushifix
5 Jahre zuvor

Warum den Speck verlassen, denkt sich die gesättigte Made?
Traurig und auch genau teilweise die gleichen Gründe warum sich in Deutschland, durch das Volk, nichts mehr ändern wird.

Auswandern und alle Dummen hier zurück lassen, bis sie sich selbst kaputt machen.

Lotus
5 Jahre zuvor

Ich denke das Engagement hällt sich nicht ohne Grund in Grenzen, es ist ein ermüdender Kampf schon seit Jahrzenten, viele wollen einfach nur Leben und können oder wollen nicht ihr Leben mit Politik verschwenden, diese Dinge sind schon so gestellt das wir als Volk leider nur wenig bewegen… wir Leben im Kapitalismus, wie soll dann schon der Kampf ausgehen zwischen ein “Paar Kiffern” die Ihr Recht einfordern, gegen Riesengroße Multimilliarden Lobbymonster, deswegen wurde wahrscheinlich in den Medien auch über den GMM berichtet , weil es davon zeugt das es “klein” ist, um was zu bewegen müßten wir schon alle Fürsprecher motivieren/mobilisieren, sowohl die die Cannabis konsumieren und nutzen,wie auch die Menschen die es nicht nutzen, aber wissen warum eine Politische… Weiterlesen »

Fred
5 Jahre zuvor

Tja, liegt wohl auch so ein wenig dran, das Berlin eher tolerant mit Hanfgeniessern umgeht. In Nürnberg herrscht das Gegenteil. Das erklärt sicher die Unterschiede in den Teilnehmerzahlen. Wem es verhältnismäßig gut geht, geht eben nicht zur Demo. Unsolidarisch und unsozial ? Natürlich ist es das. Und es ist gefährlich. Der Trend geht zwar Richtung Legalisierung oder etwas Ähnlichem. Der kann aber auch jederzeit wieder kippen, und läuft in Lobby Deutschland nicht automatisch in die richtige Richtung. Zu mal Zusammenhalt aktuell besonders wichtig ist. Demo ist Demo. So weit so gut. Man kann dem Hanfverbot aber inzwischen n.m.M auch auf juristischem Weg auf den Pelz rücken. Inzwischen gibt es weltweite Forschung, die die Gefahren des Cannabiskonsum relativiert hat. Inzwischen ist… Weiterlesen »

hoizhax
5 Jahre zuvor

Ihr habt recht, verändern tut sich nix. Ich pilgere schon seit 1998 jedes Jahr aus Bayern nach Berlin zur Hanfparade. Auch auf den Messen und beim GMM in München werde ich wieder dabei sein. Petitionen, hab ich vergessen, Unterschriften sammeln und bei der Abgabe dabei sein, auch wichtig. Ändern tut das nichts ABER man fühlt sich nicht gar so alleine und es ist immer wieder informativ und eine coole Party UND es kann keiner sagen: Du hast ja nichts gemacht. Das ist mir sehr wichtig. Die meisten merken erst, daß man was dagegen tun sollte, wenn sie die Polizei besucht. Ich geh öfters mal wenn mir was nicht passt zum Demonstrieren und kann aus Erfahrung sagen, daß die Kiffer schon… Weiterlesen »

Irgendwer
5 Jahre zuvor

“Es wird Zeit, das nochmal einer vor das Verfassungsgericht zieht.”
Kannst getrost vergessen !
GG Artikel 146 besagt, daß das GG -KEINE- Verfassung ist und demzufolge ist das Bundesverfassungsgericht prinzipiell nur eine Worthülse. Was die Worthüle meint kann nach belieben von den Herrschern ignoriert werden.
Und da kann man nicht mal sagen dumm gelaufen, sondern dummer Stillstand

meike
5 Jahre zuvor

Der Berliner Feinstaub ist besonders giftig ,da hilft auch keine Maske . Gesundheitsbewuste Kiffer tuhen sich soetwas ,nicht an .

Marlene Mortler
5 Jahre zuvor

Legales Cannabis bedeutet , Massenmord , Massenmord an Tausenden überflüssig und arbeitslos gewordenen Drogenssuchhunden der Drogenkrimminalitätsbekämpungsbehörden . Warum wollen diese Demondtrierenden Menschen ,das Hunde getötet werden ,nur eines Rausches wegen ?

Irgendwer
5 Jahre zuvor

Eduard, der Haschischhund
“…Machte Schluss mit Drogenkrieg
Und ging mit dem nächsten Freak
Der ihn dann Abraxas taufte…”
Gebt’s ihr auf die Ohren – der Marlene
😀

Weed4ever
5 Jahre zuvor

Auch ich glaube daß das Desinteresse der Hanfliebhaber an der Art und Weise solcher Veranstaltungen liegt. Ich selber war 1997 auf der Hanfparade in Berlin und war entsetzt über die “Love-Parade” -Stimmung. Es wurde gefeiert und getanzt, als wäre der Krieg vorbei. Als eine Horde Bullen die an einem Wagen befestigten Faserhanf-Pflanzen beschlagnahmte gab es vereinzelte Pfiffe und ein paar Lacher, anstatt den Grünen das Grün wieder abzujagen. Und als ich vor der aufgestellten Tribüne am Brandenburger Tor einen Joint anzündete, erntete ich von den umstehenden Personen ein überraschtes Kopfschütteln nach dem Motto: Was der sich traut…
Den Organisatoren solcher Veranstaltungen kann ich nur raten, mehr Dampf zu machen, zwar friedlich aber bestimmt. Feiern können wir hinterher.

Irgendwer
5 Jahre zuvor

Luftballons sehen die Bullen…. Freiwild….
statt richtig harter Argumente gegen sich.
Den Schuh dann anziehen …oder nicht

Ralf
5 Jahre zuvor

@Weed4ever Das liegt wohl daran, daß die Leute, die da hingehen zum größten Teil eben noch jung sind, und NOCH keinen wirklichen Kontakt mit Polizei im eigenen Haus gehabt haben. Ich sehe da über die Jahre eine Verschiebung. Es kommen die Naiven und es kommen nicht mehr, oder von vorne herein nicht, diejenigen die schon gebrandmarkt sind. Wer auch nur ein Mal mit solchen widerrechtlich eingebrochennen Wi..sern bei sich zu Hause Kontakt gehabt hat, der hat so einen Ekel vor ihnen , jedenfalls mir und Freunden von mir geht es so, daß er die nicht mehr sehen will, weil er schon ihren Anblick nicht mehr ertragen kann, auch nicht auf einer Demo.Von der Angst um den Lappen, der ja schon… Weiterlesen »