Dienstag, 10. Oktober 2017

Haftstrafe für Rollstuhlfahrer wegen Cannabis

 

Mönchengladbacher Schöffengericht hat kein Herz für kiffenden Behinderten

 

 

Cannabis
Grafik: marker

 

 

„Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand“, sagt der Volksmund. Wie sich das anfühlt, auf Gedeih und Verderb Gott ausgeliefert zu sein, hat nun ein 29-jähriger Rollstuhlfahrer erfahren, der sich gestern vor dem Mönchengladbacher Schöffengericht verantworten musste – wegen gemeinschaftlichen Drogenerwerbs in fünf Fällen, des Überlassens von Drogen an Minderjährige und des Konsums von Cannabis in zehn Fällen.

 

An sich lösen derartige Tatvorwürfe keinen Sturm im Wasserglas aus, doch in diesem Fall blies ein rauer Wind im Gerichtssaal. Das zufällige Zusammenspiel von Staatsanwaltschaft, Richter und Schöffen wuchs sich zu einem typischen Herbststurm aus, der auch in Gerichtssälen zu beobachten ist, wenn zunehmende Dunkelheit und Kälte die Seelen der „Halbgötter in Schwarz“ trüben und die Herzen versteinern.

 

Dieses gottgegebene Wetterphänomen wurde nun einem 29-jährigen Rollifahrer zum Verhängnis, der vor Gericht um Gnade flehte und beteuerte, dass er den größten Fehler seines Lebens begangen habe und diesen niemals wiederholen würde.

Der Fehler war, dass er sich laut Anklageschrift eines inzwischen 17-Jährigen bedient habe, der ihm Ende 2015 und 2016 Cannabis besorgt hätte. Aber nicht nur das: Darüber hinaus habe er in seiner Wohnung mit seinem Hausdealer und dessen Freunden gekifft. Die „Rheinische Post“ weiß sogar zu berichten, dass der Rollifahrer regelrechte „Kiffer-Partys“ veranstaltete.

 

Kennengelernt haben sich der Senior- und Juniorkiffer im Krankenhaus, gab der Angeklagte zu Protokoll. Später habe ihn der Schüler, der in einer Wohngruppe seine Kindheit verlebte, zu Hause besucht. Auch hat er dem Jungen Geld für den Erwerb von Cannabis gegeben und nichts dagegen gehabt, dass der damals 15-jährige Nachwuchsdealer seine Freunde aus der Wohngruppe zum gemeinsamen Chillen einlud. „Ich wollte Kontakte zu Menschen. Ich war sehr einsam und war sehr froh, dass ich jemanden zum Reden hatte“, sagte der 29-Jährige.

 

Auch der Jugendliche machte im Zeugenstand kein Geheimnis aus der Freundschaft, zumal sein Verfahren längst eingestellt ist. Bereits in der polizeilichen Vernehmung hatte der Junge seine Btm-Straftaten eingeräumt, den Rollifahrer fünfmal Cannabis besorgt zu haben. Statt sich herauszureden, bestätigte er die Aussage des Erziehers der Wohngruppe, der es als seine pädagogische Pflicht ansah, seinen Zögling bei der Polizei zu denunzieren.

 

Das Mönchengladbacher Schöffengericht schöpfte den Strafrahmen aus, obwohl es sich um minder schwere Fälle handelte, und verurteilte den Rollstuhlfahrer zu einer zweijährigen Haftstrafe auf Bewährung und 50 Stunden gemeinnütziger Arbeit.

Und das ist auch gut so, denn das, was der schwerbehinderte Mann angestellt hat, gehört sich nicht und ist höchst sittenwidrig. Einem Erwachsenen ist es nicht gestattet, Drogen an Minderjährige weiterzugeben. Da gibt es nichts zu diskutieren oder gar zu relativieren – auch wenn der Gesetzgeber verantwortungsvollen Eltern erlaubt, den Nachwuchs ab dem 14. Geburtstag schon mal an die Volksdrogen Bier und Wein zu gewöhnen.

 

 

Abonnieren
Benachrichtige mich bei

Schnelles Login:

6 Kommentare
Ältester
Neuster Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare zeigen
rainer sikora
6 Jahre zuvor

Aus meiner Sicht hat es hier nichts gegeben,was eine Gerichtsverhandlung rechtfertigt.Wenn wäre höchstens ein Verwarnungsgeld richtig,wobei auch das nicht wirklich begründet wäre.Ich habe bei sowas aber auch keinerlei Schuldbewustsein.

Der Kifferologe
6 Jahre zuvor

Ob Rollstuhlfahrer oder nicht, wer an Minderjährige was abgibt, der gehört bestraft.

Gerechte Strafe! In Zukunft wird der das bestimmt unterlassen.

greenness
6 Jahre zuvor

Naja.

Ich würde es nicht als unbedingt prickelnd bezeichnen, wenn ein knapp 30-jähriger mit 15-jährigen Kiffsessions abzieht. Rollstuhl hin oder her. Ich finde es völlig richtig, daß hier eingegriffen wurde.

Über die Art und Weise, wie sich die lieben Staatsbediensteten aufführ(t)en, läßt sich mit Sicherheit diskutieren. Der moralinsauer erhobene Zeigefinger wirkt umenschlich und irgendwie aus der Zeit gefallen. – Grundsätzlich darf sich ein solches Szenario auch nach einer “Legalisierung” nicht abspielen. (Würde es möglicherweise aber auch gar nicht, weil der Rollifahrer dann einfach mit ein paar anderen volljährigen RolllifahrerInnen zur nächsten Dispensary gurken könnte…)

Noch ein Gedanke: Hat der Verurteilte mit dem Cannabis körperliche Beschwerden, vielleicht auch unbewußt, gemindert?

Veltin
6 Jahre zuvor

@Kifferloge
Das ist keine gerechte Strafe, das ist eine Sauerei. Jeder Schäger bekommt weniger aufgebrummt.
Und scheiß drauf, dass er mit einem 15-Jährigen gekifft hat. Millionen Väter und Mütter saufen mit ihren Kindern und keinen stört das. Hier auf dem Dorf schon lange nicht, wenn Schützenfest ist.
Eine Geldstrafe und die Sozialstunden hätten auch gelangt. Außerdem gebt endlich das Hanf frei und alles wäre nicht passiert.

X-KIFFER
6 Jahre zuvor

Leider ist das wieder Öl auf die Mühlen der Prohibitionsbefürworter.
Hat man dem Straftäter schon die Fahrerlaubnis für den Rollstuhl entzogen?

Frank
6 Jahre zuvor

Ach, mann kann es auch übertreiben!! Von wegen Öl auf Mühlen…..
@Veltin, ich gebe Dir zu 100% Recht. Das ist bestimmt keine gerchte Strafe!! Das ist mehr als unmenschlich
und pervers!!
Greets F.J