Sonntag, 1. Oktober 2017

Drogensüchtiger Oberstudienrat requiriert Joints bei Schülern

 

Seine Meinung – Sadhu van Hemp

 

 

Skandal! Drogensüchtiger Oberstudienrat requiriert Joints bei seinen Schülern

 

 

Neulich wurde der Redaktion ein Eilbrief aus der katholischen Provinz zugestellt, in dem eine suizidgefährdete Gymnasiastin einen verzweifelten Hilfeschrei ausstößt und um Rat bittet. Der Brief dokumentiert auf tragische Weise die Bigotterie und Verwahrlosung des deutschen Lehrkörpers, der selbst vor Mundraub nicht zurückschreckt. Doch lest selbst, was diesem unschuldigen Kind widerfahren ist:

 

 

Liebes Hanf Journal,

 

es geht um Folgendes: Ich besuche die 12. Klasse der Wolfgang-Neuss-Schule und habe mich eines Verbrechens schuldig gemacht. An allem ist unser Lehrer Doktor Sperling schuld, den fast alle Schüler hassen, mich eingeschlossen. Zum besseren Verständnis will ich diesen Pädagogen etwas näher beschreiben:

Unser Doktor Sperling ist ein Alt-Hippie, wie er im Buche steht. Er trägt eine lila Pluderhose, die offenbar seine einzige ist, dazu einen Poncho und Jesuslatschen mit weißen Socken – und das zu allen Jahreszeiten und Anlässen. Meines Wissens ist er Mitte fünfzig, könnte aber an der Kinokasse bereits als Rentner durchgehen. Das dünne, verfilzte Haar, das von den Rändern seiner Glatze bis auf die Schultern fällt, ist weißgrau und genauso ungepflegt wie sein Rauschebart, der besonders nach Mahlzeiten allerlei Kleingetier zum Essen einlädt. Auf seiner roten Knollnase ist eine Nickelbrille festgewachsen, hinter der zwei eiskalte Glubschaugen blitzen, die immerzu in Bewegung sind und Ausschau halten. Niemand und nichts ist vor seinem scharfen Auge sicher. Er sieht alles, egal wie klein das Vergehen auch ist. Ja, er riecht die Tüte bereits, bevor sie angezündet ist. Man glaubt sich in Sicherheit zu wiegen – unser Lehrer Doktor Sperling guckt einem dabei zu.

 

Seit ein paar Monaten bin ich zum freiwilligen Dienst in unserer Schulbücherei abkommandiert, was den tristen Schulalltag um einiges erträglicher macht. Wer nämlich in der Bücherei Dienst tut, hat so gut wie alle Freiheiten, denn diese ehrenamtliche Tätigkeit entschuldigt selbstverständlich jedes Fernbleiben vom Unterricht. Ob Sport oder Mathematik, ich habe stets unaufschiebbare Dinge in der Bücherei zu erledigen, somit also keine Zeit für Purzelbäume oder Wurzelziehen.

Die Leitung der Schulbücherei hat seit Menschengedenken unser Doktor Sperling inne, der den Raum gleichzeitig dazu nutzt, um dort sein halbprivates Antiquariat zu betreiben. Um dieses aufwendige Lebenswerk zu bewältigen, verbringt er den überwiegenden Teil der Dienstzeit an diesem mit Bücherregalen zugestellten Ort, wo er sich am Ende des Raumes ein Kabuff eingerichtet hat. Dort hockt er dann von morgens bis abends, manchmal sogar bis tief in die Nacht, und insbesondere die Damenwelt unseres kleinen Städtchens (u.a. auch meine alleinerziehende Mutti) zeigt sich offen besorgt um das Wohl des hartnäckigen Junggesellen und baldigen Pensionärs.

 

Nun – ich bin also abkommandiert und soll unserem Doktor Sperling bei seiner Archivarbeit unterstützen. Und das ist kinderleicht, denn er lässt außer sich selbst niemanden an seine Schätze heran, wodurch ich zur Tatenlosigkeit verdammt bin. Ich war also gerade damit beschäftigt, ein Nickerchen zu halten, als plötzlich unser Doktor Sperling in die Bücherei stolpert, mich aber nicht bemerkt und gleich in seinem Kabuff verschwindet, ohne jedoch wie üblich das Türchen zu schließen. Damit war die Ruhe dahin. Ich wusste im ersten Moment nicht, ob ich mich bemerkbar machen sollte oder nicht. Ich blieb zunächst auf meinem Tisch liegen und schaute gedankenverloren aus dem Fenster. Plötzlich kroch mir ein süßer, allzu bekannter Duft in die Nase, und ich glaubte zunächst, nicht richtig zu riechen. Ehe ich mich versah, war ich auch schon vom Tisch gesprungen, nahm Witterung auf und folgte dem Duftstrom, der immer intensiver wurde, je näher ich an Doktor Sperlings Kabuff kam. Und tatsächlich, da saß er in seinem Sessel, unser Pauker, die Beine auf dem Tisch gelegt, und zwischen seinen Lippen klebte ein fetter Joint. Ich stand fassungslos da und misstraute dem, was ich da mit eigenen Augen sah.

 

Seit jenem Vormittag weiß ich nun, warum Doktor Sperling so ein harter Hund ist, was die Verfolgung von Kiffern betrifft. Kein anderer Lehrer ist so scharf hinter jedem Joint her wie er. Mir selbst hat er schon so einige Rauchgeräte und Pickel abgenommen. Der Standardsatz, den jeder ertappte Kiffer von ihm zu hören bekommt, ist: „Wer Suchtgift nimmt, ist ein schwacher Mensch und verliert sich in der Gleichgültigkeit. Sei besonnen, du junges Menschenkind, und zähme deinen Widerspruchsgeist. Denn dem Süßen folgt das Bittere. Diesmal will ich aber noch einmal Gnade vor Recht ergehen lassen, wenn du mir hoch und heilig versprichst, dass du das nie wieder tust.“

Und ich habe jedes Mal geschworen, ich Trine, und brav mein Dope abgeliefert.

 

Natürlich konnte ich mein Wissen nicht für mich behalten. Zuallererst habe ich meinen Bruder von dieser ungeheuerlichen Schweinerei unterrichtet. Mein Bruder ist nämlich nebenberuflich als Btm-Fachhändler tätig. Er sah natürlich Handlungsbedarf, um diesem dreisten Mundraub ein Ende zu bereiten. Er meint, dass dieser Penner gerne bei ihm kaufen könne, aber die Ablink-Nummer sei der schlimmste Frevel unter Haschbrüdern und deshalb unverzeihlich.

Wir beschlossen, dem Sperling das illegale Handwerk zu legen und ihn für alle Zeiten zu kurieren. Die Idee war, unseren Pauker an der schwächsten Stelle zu packen, und das war seine grenzenlose Gier. Dazu bauten wir eine Tüte, die es wirklich in sich hatte. Das, was wir in die Tüte wickelten, hätte selbst den Namensgeber unserer Schule aus den Socken gehauen. Mein Bruder hat eine ganz besondere Beigabe hineingebröselt, und zwar einen mit Opium veredelten Afghanen. Chemie-Ali, der Freund meiner Freundin, hat schließlich noch den Filter des Rauchgeräts mit einer unbekannten Substanz präpariert, die, wie er versicherte, aus heimischen Pflanzen hergestellt sei und nur ein bisschen stimulierend wirke.

Meine Aufgabe war es nun, das Ding unserem Doktor Sperling unterzuschieben, was keine besondere Herausforderung war. Ich habe den Joint einfach auf den Flur gerollt, wo er dann auf dem dunkelgrünen Linoleum in voller Pracht nur darauf wartete, aufgehoben und geraucht zu werden. Alles lief wie geschmiert. Doktor Sperling kam, sah das Rauchgerät, bückte sich und steckte es weg. Dann machte er kehrt und eilte zurück in seine Bücherei.

 

Kurz nach Schulschluss verschafften wir uns mit meinem Schlüssel Zutritt zur Bücherei, um mal zu schauen, wie es unserem Lehrer geht. Doch das, was wir dann sahen, übertraf selbst unsere kühnsten Erwartungen. Er war nicht etwa tot oder lag röchelnd am Boden, er war auch nicht dabei, in seiner eigenen Kotze zu ersticken – nein, er saß splitternackt auf dem Tisch, glotzte ins Leere und grinste sich eins. Auf seinem Kopf stand eine dicke brennende Kerze. In den wie zu einem Gebet gefalteten Händen hielt er seinen steifen Schniepel, auf den das heiße Wachs tropfte.

Ohne Frage, unser Lehrer Doktor Sperling war drauf, mega-drauf, breiter als tausend Sadhus, und er hatte sichtlich seine Freude an dem Vollrausch. Damit hatten wir allerdings nicht gerechnet. Als wir später im Park saßen und ein Pfeifchen rauchten, beschlich uns doch ein bisschen Sorge um unseren Pauker.

 

Am nächsten Morgen sind wir entgegen unserer Gewohnheit bereits um halb acht in die Schule geschlichen. Als wir in die Bücherei kamen, saß Doktor Sperling immer noch so da wie am Vortag. Mein Bruder wusste sofort, dass da etwas nicht stimmte. Er meinte, der Sperling sei stehengeblieben, einfach stehengeblieben wie eine Uhr. Die Schraube sei nicht mehr locker, sondern ab – irreparabel ab.

Und es schien sich zu bewahrheiten, denn als wir nach der Schule noch einmal nach ihm sahen, hatte sich nichts an dem Bild geändert. Nur die Kerze war mittlerweile erloschen, doch sonst saß er immer noch so bekloppt da, sah niemanden und hörte nichts.

Mittlerweile haben die Ferien begonnen, und wir fahren täglich hin und versorgen den armen Kerl mit dem Nötigsten. Doch sein Zustand will sich nicht normalisieren. Unser Lehrer Doktor Sperling schwebt in anderen, viel höheren Sphären – und das wohl für immer.

 

Die Frage, die sich nun stellt: Was sollen wir tun? Die Ferien sind bald zu Ende, und er sitzt noch immer in der Schulbücherei. Soll ich nicht besser zur Polizei gehen und den Vorfall melden?

Liebe Leute vom Hanf Journal, bitte gebt mir einen Rat. Ich weiß einfach nicht weiter und habe so komische Gedanken, die ganz düster sind. Bin ich es doch, die die Schuld am tragischen Schicksal unseres Oberstudienrats trägt. Anderseits müsste man mir vielleicht zu Gute halten, dass er den Joint eigentlich hätte zur Polizei bringen müssen, anstatt ihn selber zu dampfen – oder?

 

Mit ganz lieben Grüßen

Eure Trine Haschke

 

Wir haben dem verirrten Gottesgeschöpf geraten, den Lehrer dem zuständigen Amtsarzt vorzuführen und sich selbst umgehend beim nächstbesten Pastor einzufinden, um die Beichte abzulegen und für die arme Seele des Lehrers zu beten.

Aber eines ist mal klar: Es wird höchste Zeit, dass alle Staatsbeamte und Mandatsträger einem Drogentest unterzogen werden, damit dieser Sumpf ein für allemal ausgetrocknet wird.

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3 Kommentare
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Rene
6 Jahre zuvor

Richtig schön geschrieben. Ich war gefesselt wie bei einem Buch. Würde gerne wissen wie es weiter ging ^^

X-KIFFER
6 Jahre zuvor

Tolle Story! Sadu sollte Bücher schreiben.

Ralf
6 Jahre zuvor

Sowas solls tatsächlich geben, auch sehr beliebt bei Bullen. Ein bekannter ist in Spanien erwischt worden, mit 6 Kilo. Bei der Verhandlung waren`s plötzlich nur noch 4, er hat sich aber aus nachvollziebaren Gründen nicht beschwert.