Montag, 21. August 2017

Neu entdeckte entzündungshemmende Endocannabinoide

 

Omega-3-Fettsäuren der Nahrung fördern die Produktion zweier neu entdeckter entzündungshemmender Endocannabinoide

 

 

von Dr. med. Franjo Grotenhermen

 

Bestimmte Nahrungsmittel, darunter Pflanzenöle wie vor allem Rapsöl, Leinsamenöl und Hanföl, Nüsse und Fisch enthalten reichlich Omega-3-Fettsäuren, die vom Körper als Ausgangsstoff für wichtige Fettsäure-Verbindungen genutzt werden, darunter auch bestimmte Endocannabinoide. Endocannabinoide (von griechisch endo = innen) werden vom Körper selbst gebildet und binden zum Teil an Cannabinoidrezeptoren, die auch THC aus der Cannabispflanze aktiviert.

 

Die bisher am besten erforschten Cannabinoidrezeptoren sind der CB1-Rezeptor, der im zentralen und peripheren Nervensystem (Gehirn, Rückenmark, etc.) und fast allen anderen Organen und Geweben, wie Darm, Lunge, Herz, Haut, Hormondrüsen, Genitalorgane, Nieren und Knochen vorkommt, sowie der CB2-Rezeptor, der im Immunsystem gefunden wird. Während die Aktivierung des CB1-Rezeptors cannabistypische psychische Wirkungen („High“) verursacht, führt die Aktivierung des CB2-Rezeptors zur Hemmung von Entzündungen und Allergien.

 

Ein Forscherteam um Dr. Aditi Das, Professorin für vergleichende Biowissenschaften und Biochemie an der Universität von Illinois (USA), veröffentlichte im Juli 2017 eine Studie über ihre Forschung zur Entstehung neu entdeckter Endocannabinoide aus Omega-3-Fettsäuren. Danach beruhen die bekannten entzündungshemmenden Eigenschaften dieser bekanntermaßen gesunden Fettsäuren offenbar zumindest zum Teil darauf, dass sie im Körper zu bestimmten Endocannabinoiden umgewandelt werden. Diese von ihrer Arbeitsgruppe beschriebenen zwei Endocannabinoide waren bisher von der Wissenschaft quasi übersehen worden.

 

Sie erklärte: „Unser Team entdeckte einen enzymatischen Prozess, der Endocannabinoide, die von Omega-3-Fettsäuren abstammen, in stärker wirksame entzündungshemmende Moleküle umwandelt, die vor allem an die Rezeptoren, die im Immunsystem gefunden werden, binden. Diese Befunde zeigen, wie Omega-3 Fettsäuren einige der gleichen medizinischen Wirkungen ausüben wie Marihuana, aber ohne eine psychotrope Wirkung.“

 

Die bisher am besten erforschten Endocannabinoide sind Anandamid (Arachidonylethanolamid) und 2-AG (2-Arachidonoylglycerol), die 1992 und 1995 als erste Endocannabinoide entdeckt wurden. Beide aktivieren wie THC sowohl den CB1-Rezeptor als auch den CB2-Rezeptor. Sie weisen allerdings ganz andere chemische Strukturen als die Cannabinoide der Hanfpflanze auf. Es sind wie auch später entdeckte Endocannabinoide sämtlich Abkömmlinge von Fettsäuren. Heute hat man etwa 200 solcher Endocannabinoid-ähnlicher Fettsäure-Verbindungen nachgewiesen. Nur wenige sind bisher hinsichtlich ihrer physiologischen Rolle im Körper untersucht worden.

 

Die von der Forschergruppe um Professorin Aditi Das erstmals beschriebenen Endocannabinoide stammen von den mehrfach ungesättigten Omega-3-Fettsäuren Docosahexaensäure (DHA) und Eicosapentaensäure (EPA) ab. Der Ausgangsstoff für die Bildung dieser beiden Fettsäuren ist die essenzielle Fettsäure Alpha-Linolensäure, die auch im Hanföl reichlich vorkommt. Als essenziell werden Substanzen beschrieben, die der Körper nicht selbst bilden kann, sodass wir sie mit der Nahrung aufnehmen müssen. Neben Vitaminen und Mineralstoffen zählen dazu auch bestimmte essenzielle Aminosäuren und essenzielle Fettsäuren. Aus der Alpha-Linolensäure kann unser Körper dann höherwertige Omega-3-Fettsäuren wie DAH und EPA bilden. Die Forscher haben nun nachgewiesen, dass diese höherwertigen Omega-3-Fettsäuren in die Endocannabinoide Docosahexanoyl-Ethanolamid (DHEA) und Eicosapentaenoyl-Ethanolamid (EPEA) umgewandelt werden. Diese Endocannabinoide sind Vorstufen für sogenannte Eppoxide (Epoxyeicosatetraensäure-Ethanolamid (EEQ-EA) und Epoxydocosapentaensäure-Ethanolamid (EDP-EA)), die sich im Gehirn und peripheren Organen nachweisen ließen. Sie hemmen dosisabhängig Entzündungen, indem sie die Konzentration entzündungsfördernder Botenstoffe reduzieren und die Konzentration entzündungshemmender Botenstoffe steigern. Diese Wirkung kann zum Teil durch die Aktivierung von Cannabinoid-2-Rezeptoren im Immunsystem zustande. Interessanterweise kamen diese bisher „übersehenen“ Endocannabinoide bzw. Endocannabinoid-Eppoxide in Konzentrationen vor, die denen anderer Endocannabinoide entsprechen. Die Forscher gehen davon aus, dass diese Substanzen eine wichtige Rolle bei Entzündungen, wie beispielsweise Entzündungen des Nervensystems spielen, also eine körpereigene Waffe gegen solche Entzündungen darstellen.

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