Dienstag, 20. Juni 2017

Coffeeshop-Sterben in Rotterdam soll gestoppt werden

 

Bürgermeister Ahmed Aboutaleb (PvdA) will Coffeeshop-Lizenzen meistbietend versteigern

 

 

Sadhu van Hemp

 

 

Als das Kabinett von Ministerpräsident Johannes Marten Den Uyl (PdvA) im Herbst 1976 dem Wunsch der Hippiebewegung nachkam und die zwingende Strafverfolgung von Kiffern einstellte, ahnte niemand, dass dieser Paradigmenwechsel über vierzig Jahre später noch immer für politischen und gesellschaftlichen Sprengstoff sorgt. Der damals versuchte Quantensprung in eine Zukunft des toleranten Umgangs mit der verbotenen Pflanze schien gelungen, doch einen sicheren Stand hat die Hanfcommunity in den Niederlanden nie hinbekommen. Statt dem Motto „Vorwärts immer, rückwärts nimmer!“ zu folgen, gaben sich die niederländischen Hanffreunde zufrieden mit dem, was sie erreicht hatten.

 

In den ersten Jahren der Hanfduldung war alles möglich: Fast täglich eröffnete ein neuer Coffeeshop, und der illegale Haschisch- und Marihuanaimport machte die Niederlande zur Drehscheibe auf dem europäischen Schwarzmarkt. Nahezu unbehelligt konnten Schmuggler, Dealer und Homegrower ihrer Beschäftigung nachgehen. Doch statt das Business auf legale Füße zu stellen, legten die Protagonisten die Füße hoch – weil ja alles wie geschmiert lief. Wozu also schlafende Geister wecken, wenn die Bruttoeinnahmen netto sind und der Druck der Strafverfolgung auszuhalten ist?

 

Knapp zwanzig Jahre lang ging das Spiel gut – doch der Gegner aus dem wertkonservativen Lager wurde unterschätzt. Auch war das niederländische Modell nach der Ratifizierung des Schengener Abkommens nicht mehr europakonform. 1995 kam es zur ersten Gesetzesnovellierung des „Gedoogbeleid“ und die Bestimmungen wurden verschärft. Die Folge war ein massiver Kleinkrieg der konservativen Politiker und Provinzfürsten gegen die Coffeeshop-Kultur. Vor allem in den südlichen Provinzen hat die Repressionskeule für tüchtig Kahlschlag gesorgt. So ist in Rotterdam die Anzahl der Coffeeshops seit 1999 von 65 auf 37 geschrumpft. Anlässe für die Schließung der Rauchstuben waren oftmals hinterhältige Manöver der Polizei, die gezielt Verstöße gegen die Vorratshaltung der Handelsware ahndeten. Regelmäßig wurden die größeren Shops heimgesucht, und fand sich bei den Razzien auch nur ein Haschkrümel mehr an als die zulässigen 500 Gramm, war die amtliche Versiegelung nur noch Formsache.

 

Doch nunmehr regt sich Widerstand gegen die Kahlschlag-Politik. Ratsmitglieder der Stadt kritisieren, dass nach der spektakulären Schließung des XXL-Coffeeshops “Nemo“ ganz neue und zugleich aktbekannte Probleme auftreten. Vor den verbliebenen Cafés bilden sich mittlerweile lange Warteschlagen, die kaum mehr bedient werden können. Die Folge sind zunehmender Straßenhandel, Verkehrsbehinderungen und genervte Nachbarn.

Rotterdam benötige zehn bis zwanzig Coffeeshops mehr, sagte Stadtrat Arno Bonte von Groenlinks.

 

Dass das politisch gewünschte Coffeeshopssterben fatale Auswirkungen auf das Sicherheits- und Ruhebedürfnis der Bürger hat, will nun auch Bürgermeister Ahmed Abouteleb erkannt haben. Der brave Vollstrecker der Hardlinerfraktion ist vor ein paar Tagen in sich gegangen, und eine Stimme hat ihm geflüstert, zwei bis drei neue Coffeeshops zuzulassen, um die „Overlast“ in der City von Rotterdam in den Griff zu bekommen.

 

Doch statt Nägel mit Köppen zu machen und den Coffeeshops das alltägliche Kleingeschäft zu erleichtern, ist dem 55-jährigen Sozialdemokraten nichts besseres eingefallen, als die Lizenzvergabe dahingehend zu deregulieren, dass künftig derjenige den begehrten Zuschlag für die Neueröffnung eines Coffeeshops erhalten soll, der das meiste Geld bietet. Statt wie bislang üblich das Los entscheiden zu lassen, sollen nun Briefumschläge mit den Angeboten eingereicht werden. Die Zeiten, als die Lizenz noch gegen eine Gebühr von 500 bis 600 Euro zu haben war, dürften vorbei sein. Die Ratsmitglieder Arno Bonte (Groenlinks) und Sven de Langen (CDA) haben bereits Dollarzeichen in den Augen und sind hellauf begeistert vom Auktionsverfahren: „So hat die Stadt auch etwa davon, und das Geld fließt zurück in die Gemeinschaft.“ Fragt sich nur, wem die Taschen dieser „Gemeinschaft“ gehören.

Robin de Roon (D66) ist strikt gegen eine Versteigerung der Lizenzen. „Das Geld soll kein Motiv sein. Wir sprechen hier nicht über Funkfrequenzen, die versteigert werden. Das ist wirklich etwas anderes: Coffeeshops dienen dem öffentlichen Interesse.“

 

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3 Kommentare
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Cosmo
6 Jahre zuvor

Lol. Mit Hilfe der Polizei die Shops schließen lassen, neue Lizenzen versteigern, wieder schließen lassen, wieder versteigern, wieder schließen lassen….
So macht man Geld als Monopolist!

Lars Rogg
6 Jahre zuvor

Cosmo, wie wahr…
Ausserdem werden die immer die die Oberhand haben, die am meisten Geld locker mache können.
Das sind in der Regel kriminelle Elemente, die seit Jahren damit Geld verdienen. Wirklich gewonnen scheint mir da nicht viel…

Ralf
5 Jahre zuvor

@Lars Rogg
Lars,Bitte? Hast du Menschen wie mich gerade als kriminelles Element beschimpft? Schäm dich, so einen Mist zu schreiben. Keiner ist kriminell, der damit, egal wieviel verdient und schon garnicht wenn er das was er verkauft auch selbst konsumiert. Du käust da den kompletten pauschalisierenden Schwachsinn des DHV wider. Das ist der Hauptgrund warum ich für diese Firma keinen Finger krumm mache, und merkst anscheinend auch nicht daß du damit jede Menge Opfer dsikriminierst und den Prohibitionsverbrechern einen Persilschein verschaffst. Gehe bitte noch mal in dich, das bin ich normalerweise von dir nicht gewöhnt!