Samstag, 19. März 2016

Gibt es noch andere Pflanzen, die Cannabinoide enthalten?

 

 

von Dr. med. Franjo Grotenhermen

 

 

echinacea-cannabinoide-pflanze
Echinacea purpurea (Purpurroter Sonnenhut)

 

Als Cannabinoide werden im engeren Sinne und nach herkömmlicher Lesart spezifische Substanzen der Hanfpflanze (Cannabis sativa L.), wie beispielsweise Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC), Cannabidiol (CBD), Cannabigerol, (CBG), Cannabichromen (CBC), Cannabinol (CBN), etc. bezeichnet. In einem weiteren Sinne zählen dazu auch andere Substanzen, die an Cannabinoidrezeptoren binden, wie beispielsweise körpereigene Cannabinoide, die Endocannabinoide, eine Vielzahl synthetischer Cannabinoide, aber auch Substanzen in anderen Pflanzen, die entweder ebenfalls an Cannabisrezeptoren binden oder eine ähnliche Struktur aufweisen, wie die Phytocannabinoide der Cannabispflanze.

Die unten stehenden Beispiele zeigen, dass die Aussage, Cannabinoide seien eine spezifische Gruppe von Substanzen, die nur in der Cannabispflanze vorkommen, überholt ist. Cannabinoide mit der typischen Cannabinoid-Struktur kommen nicht nur in der Hanfpflanze vor. Darüber hinaus gibt es Pflanzenbestandteile mit anderen chemischen Strukturen, die Cannabinoidrezeptoren aktivieren können und offenbar zumindest einen Teil ihrer Wirkung über diesen Mechanismus vermitteln. Es ist insbesondere bemerkenswert, dass dabei der Cannabinoid-2-Rezeptor, der für die Beeinflussung von Entzündungen von Bedeutung ist, eine wichtige Rolle spielt.

 

Strohblumen
Die Untersuchung einer südafrikanischen Strohblumenart (Helichrysum umbraculigerum) ergab den Nachweis von 11 Resorcinol-Derivaten, von denen die meisten eine nahe Verwandtschaft mit Cannabigerol und seiner entsprechenden Säure aufwiesen, wobei beide Cannabinoide, die sonst nur in der Hanfpflanze gefunden werden, auch selbst in dieser Strohblumenart vorkommen. Diese Beobachtung hatten Wissenschaftler des Instituts für organische Chemie der Technischen Universität Berlin bereits im Jahr 1979 veröffentlicht. Es gibt etwa 600 verschiedene Strohblumenarten, von denen allein 244 in Südafrika vorkommen.
Lebermoose

Das neuseeländische Lebermoos Radula marginata der Gattung Radula (Lebermoose) enthält zwei Cannabinoide mit den Namen Perrottetinen und Perrottetinensäure. Japanische Wissenschaftler der Tokushima Bunri Universität berichteten im Jahr 2002 erstmals vom Nachweis dieser Cannabinoide. Die Struktur der Perrottetinensäure ähnelt der von Delta-9-THC. Auch das Lebermoos Radula perrottetii enthält cannabinoidähnliche Strukturen. Untersuchungen zu den pharmakologischen Wirkungen dieser Moleküle liegen nicht vor.

 

Echinacea purpurea
Zubereitungen von Echinacea purpurea (Purpurroter Sonnenhut) enthalten Alkylamide, die immunmodulatorische Eigenschaften, darunter die Beeinflussung des entzündungsfördernden Botenstoffes TNF-Alpha (Tumor-Nekrose-Faktor-Alpha), aufweisen. Diese Effekte werden durch den Cannabinoid-2-Rezeptor vermittelt. Wurde der CB2-Rezeptor blockiert, so hatte der Echinacea-Extrakt keinen Einfluss auf die Konzentration von TNF-Alpha. Die Forscher der Eidgenössisch Technischen Universität Zürich wiesen in ihrer Veröffentlichung aus dem Jahr 2004 zudem nach, dass die Alkylamide vermutlich die wichtigsten wirksamen Substanzen in Echinacea sind. Bis dahin war unklar gewesen, wie Echinacea-Extrakte wirken. Da der Cannabinoid-2-Rezeptor erst im Jahr 1993 nachgewiesen wurde, ist es nicht verwunderlich, dass auch der Wirkungsmechanismus medizinischer Präparate aus dem Purpurroten Sonnenhut erst danach aufgeklärt werden konnte.

 

Rosmarin, Oregano und schwarzer Pfeffer

Auch das ätherische Öl Beta-Caryophyllen aktiviert den Cannabinoid-2-Rezeptor. Es findet sich reichlich im ätherischen Öl von Cannabis, aber auch in vielen anderen Pflanzen, die in der menschlichen Ernährung eine Rolle spielen, darunter Basilikum, Zimt, Kümmel schwarzer Pfeffer, Rosmarin und Oregano.

 

Der CB2-Rezeptor findet sich auf Immunzellen, vor allem T-Lymphozyten, Makrophagen, B-Lymphozyten und blutbildenden Zellen und im gesamten Gehirn auf verschiedenen Zellen, vor allem auf Mikroglia-Zellen. Im Magendarmtrakt ist er an der Regulierung der Entzündungsaktivität beteiligt. Säugetiere besitzen ein hoch entwickeltes Immunsystem, das sie vor potenziell schädlichen äußeren Einflüssen schützt und darauf abzielt, den Schaden zu verhindern, abzuschwächen und zu reparieren. Das Endocannabinoidsystem stellt über seine CB2-Rezeptoren einen Teil dieses Schutzmechanismus dar. Die Aktivierung des CB2-Rezeptors durch Pflanzencannabinoide könnte jedoch auch vor Arteriosklerose und Osteoporose schützen.

 

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5 Kommentare
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mobo
8 Jahre zuvor

Alles in den Mixer, Butan durchjagen und ab auf den Nagel 😉

www.diehanfinitative.de
8 Jahre zuvor

Es ist wirklich erfreulich das Hanfjournal zu lesen. Weil man hier so viel lernt. Ich freue mich immer besonders, wenn Dr. Grotenhermen etwas veröffentlicht. 🙂 Lieben Dank dafür.

Wir hoffen, dass die bald stattfindende UNGASS2016 die Veränderungen bringen wird, damit wir die Cannabinoide (der Hanfpflanze), in ihrer vollen Bandbreite, bald für alle Menschen weltweit nutzen dürfen. Nehmen von der IACM auch Personen an der UNGASS 2016 teil?

https://diehanfinitiative.de/index.php/aktionen/31-rolling-stone-teil-1

LG 🙂 🙂 🙂 und schönes Wochenende

Hubert Rosenberger
8 Jahre zuvor

Ein toller Artikel über Cannabinoide…
weiter so und alles beste

Luttli
7 Jahre zuvor

ihr habt ein Komma vergessen zwichen Kümmel und schwarzer Pfeffer.

Janis
6 Jahre zuvor

In welchen Mengen denkt ihr müsste man diese Kräuter wie kümmel und co zu sich nehmen um bei einer urinprobe auf cannabinoide positiv getestet zu werden?
Ich bin eine kräuterhexe und nehme viele dieser Kräuter zum kochen etc und habe deswegen jetzt Ärger mit dem Jugendamt!!kann mir da jemand weiterhelfen?