Sonntag, 13. Dezember 2015

Feuer auf Marlene Mortler

 

 

Beitrag von Hans Cousto

 

 

Mortlers Hang zur Verbotspolitik

 

Mortler steht in Flammen
Bild: Archiv

 

Anlässlich der Jahrestagung der Drogenbeauftragten der Bundesregierung vor vier Jahren am 11. Oktober 2011 in Berlin wurde ein vom Bundesministerium für Gesundheit in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten vorgestellt, das die Schaffung eines neuen Straftatbestandes im Betäubungsmittelrecht vorschlägt. Die Rechtsprofessoren Dr. Dieter Rössner und Dr. Wolfgang Voit von der Philipps-Universität Marburg hatten ein Gutachten zur „Machbarkeit der Einführung einer Stoffgruppenregelung im Betäubungsmittelgesetz“ vorgelegt.

 

Stoffgruppenverbot wohl nicht verfassungskonform

 

Mittels einer sogenannten Stoffgruppenunterstellung sollte nicht mehr ein konkreter Stoff, sondern eine Stoffgruppe einschließlich Derivaten in eine neue Anlage IV des Betäubungsmittelgesetzes aufgenommen werden. Das „Operieren“ mit Substanzen aus dieser Stoffgruppe sollte zukünftig unter Strafe gestellt werden, soweit es „zu Missbrauchszwecken“ erfolge. Die damalige Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Mechthild Dyckmans, erklärte, sie werde sich dafür einsetzen, dass auf Grundlage dieses Gutachtens das Betäubungsmittelgesetz angepasst werde. Dies geschah in der Folge nicht, da es diesbezüglich verfassungsrechtliche Bedenken gab.

 

EU zum Umgang mit neuen psychoaktiven Substanzen

 

Die Europäische Kommission hat im September 2013 einen Verordnungs- und einen Richtlinienvorschlag zu neuen psychoaktiven Substanzen (NPS) vorgelegt. Die damalige EU-Justizkommissarin Viviane Reding hatte ein Modell zur Regulierung von Legal Highs vorgeschlagen: Demnach sollten neue Substanzen zunächst kurzfristig für ein Jahr für den Verbrauchermarkt verboten werden können, die industrielle Nutzung würde solange aber weiter möglich sein. Je nach Wirkung und Gefährlichkeit der jeweiligen Substanz sollte sie dann in ein dreistufiges System einsortiert werden. Bei „geringem Risiko“ als erlaubt, bei „gemäßigtem Risiko“ mit beschränkter Freigabe und bei „schwerwiegenden Risiken“ mit bleibendem Vermarktungsverbot und strafrechtlicher Sanktion.

 

Die Kriterien für die Risikoeinstufung als „gering“, „gemäßigt“ oder „hoch“ dürften nach Meinung der Bundesregierung in der Praxis nur schwer abgrenzbar sein. Hierbei sei auch zu berücksichtigen, dass zu einer neu auftretenden NPS in der Regel zunächst keine umfassende Datengrundlage vorliegt. Es bestehe daher die Gefahr, dass eine Substanz als „geringes Risiko“ eingestuft wird, zu der (noch) keine ausreichenden Erkenntnisse vorliegen und z.B. mögliche schwere Nebenwirkungen noch unbekannt sind. Damit würde der Allgemeinheit ein gesundheits- und drogenpolitisch falsches Signal gegeben. Der risikogestufte Ansatz könne zudem zu Wertungswidersprüchen führen und entspräche nicht der Systematik des deutschen BtMG, das eine derartige Abstufung nicht kennt.

 

Die deutsche Drogenbeauftragte Marlene Mortler ist vom Ansatz einer Einstufung nach Risiken nicht überzeugt. Sie sagte im Deutschlandfunk am 17. Mai 2015 hierzu:

 

Weil diese unterschiedliche Bewertung, die die EU vornehmen will, ja auch eine unterschiedliche Bestrafung nach sich zieht. Und wir sagen: Wir müssen konsequent – egal wie die einzelne Substanz bewertet wird – ein komplettes und umfassendes Verbot auf den Weg bringen, unabhängig davon, welche Auswirkungen diese Substanz hat. Denn bekannt ist: Alle diese Substanzen sind gesundheitsschädigend und insofern ist das für mich der zielführende Ansatz.

 

Wahr ist, dass laut BKA im vergangenen Jahr in Deutschland 25 Menschen durch Legal Highs gestorben sind. Wahr ist auch, dass im vergangenen Jahr das BKA kein Todesfall aufgrund des Konsums von Cannabis registriert hat. Wahr ist auch, dass viele NPS, vor allem synthetische Cannabinoide, als Ersatz für Cannabis konsumiert werden. Cannabis legalisieren würde ein Großteil des NPS-Problems lösen und den Schaden mindern.

 

NPS sind keine Arzneimittel

 

Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat zu der rechtlichen Einstufung von Legal Highs am 10. Juli 2014 entschieden: Psychotrope Substanzen, die nicht betäubungsmittelrechtlich verboten sind, sind nicht als Arzneimittel anzusehen. Sie unterliegen damit keiner Zulassungspflicht oder anderen Bestimmungen des Arzneimittelgesetzes. Damit wurde der Rechtsauffassung der Bundesregierung und deutscher Gerichte widersprochen, die davon ausgingen, dass Herstellung und Inverkehrbringen dieser Substanzen und Zubereitungen auch dann verboten sind, wenn sie nicht als Betäubungsmittel klassifiziert sind.

 

NPS – Einschätzungen von Fachleuten

 

Die Gesundheitsdezernentin von Frankfurt am Main, Rosemarie Heilig (Grüne), die die Ergebnisse der Schülerbefragung (Frankfurter Drogentrendstudie) am 21. November 2015 mit dem Drogenreferat und dem Centre for Drug Research (CDR) der Goethe-Uni vorstellte, berichtete, dass sich der Drogenkonsum unter Frankfurter Jugendlichen in den vergangenen 13 Jahren „weitgehend auf Tabak, Alkohol und Cannabis beschränkt“ habe. Alle anderen Drogen hätten in der Langzeitbetrachtung kaum eine Rolle gespielt und seien „höchstens mal aus Neugierde ausprobiert“ worden.

 

Die Stadträtin Rosemarie Heilig (Grüne) sprach sich im Hinblick auf den Cannabis-Konsum für eine „sehr viel differenziertere Ursachenforschung“ aus. Hierzu sagte sie: „Obwohl Cannabis seit vielen Jahren als illegale Droge geahndet wird, hat dauerhaft ein großer Anteil der Jugendlichen Erfahrungen damit“. Die Prohibition bei Cannabis erfülle offenbar nicht ihren Zweck. „Die Erfahrung in Frankfurt zeigt – und ich bin zutiefst davon überzeugt –, dass wir Jugendliche mit sachlichen Informationen und Gesprächsangeboten viel eher erreichen können als mit Verboten.

Künstliche Cannabinoide sind wesentlich gefährlicher als Cannabis. Der Rechtsmediziner Volker Auwärter (Uni Freiburg) sagte dazu: „An Cannabis kann man fast nicht sterben, aber man kann sich totkiffen an synthetischen Drogen.

 

Neues NPS-Gesetz in der Pipeline

 

Der Bundesregierung fällt zu alle dem nichts Neues ein, außer einen neuen Versuch zu starten, um ein Gesetz mit neuen Verboten auf dem Weg zu bringen: „Gesetz zur Bekämpfung der Verbreitung neuer psychoaktiver Stoffe“. Die Bundesregierung meint, dass mit Blick auf drohende schwerwiegende Schäden an bedeutenden Rechtsgütern (Gesundheit, Leben) es deshalb erforderlich sei, aber auch angemessen, auch den Umgang mit solchen Stoffen unter Strafe zu stellen, deren Gefährlichkeit auf Grund der strukturellen Ähnlichkeit mit der in der Literatur beschriebenen Stoffen mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit lediglich zu vermuten ist.

 

Gemäß einer Umfrage des Deutschen Hanfverbandes (DHV) vom Herbst 2014 hielten 77 Prozent der Deutschen die Bilanz des weltweiten Kampfs gegen Drogen für eher weniger oder gar nicht erfolgreich. Dennoch weigert sich die Bundesregierung, ihre Drogenpolitik evaluieren zu lassen und verhält sich wie ein Junkie: Dosis erhöhen wenn der Effekt sich nicht einstellt. Und Marlene Mortler ist Steigbügelhalterin dieser unsinnigen Politik. Sie will ein komplettes und umfassendes Verbot auf den Weg bringen, unabhängig davon, welche Auswirkungen diese Substanzen haben. Und auf Nachfragen bei Abgeordnetenwatch antwortet sie seit Monaten auf viele Fragen zu dieser Thematik nicht mehr. Offensichtlich haben für sie andere Dinge Vorrang, als ihrer Aufgabe als Drogenbeauftragte gerecht zu werden und an Lösungen zu arbeiten, die bedeutende Rechtsgüter wie Gesundheit und Leben wirklich schützen.

 

 

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Lars Rogg
8 Jahre zuvor

Das Substanzen generell verboten werden, deren Wirkung letale Folgen haben kann und über deren Inhaltstoffe keine eindeutige Regelung besteht, damit hab ich kein Problem. Die Frage ist ob bei “Missbrauch” einer jeden Substanz das Strafrecht überhaupt wirksam oder sinnvoll ist, bleibt dahin gestellt. Hohe Strafandrohungen erhöhen doch nur den Preis, nicht die Verfügbarkeit. Verbote sind doch nur Geldgenerierungsmaschinen für die Mafia. Aber vielleicht ist das ja gewollt. Doch da würde eine Legalisierung Wunder wirken. Also warum geschieht das nicht?? Unerträglich finde ich, dass unsere Regierung derart blind ist. Unerträglich finde ich, dass unsere bekloppte Regierung ohne Sinn und Verstand, ohne mit der Wimper zu zucken, mal wieder in den Krieg zieht- der Rohstoffe wegen oder, wie in diesem Fall, wegen… Weiterlesen »

marlene
8 Jahre zuvor

Da ist bestimmt noch was anderes im Spiel!

HM420
8 Jahre zuvor

Ist es eigentlich zulässig, das sich Fr. Mortler wehement weigert, zu Fragen über Cannabis von verschiedensten Seiten, Antworten und Statements abzugeben ? Ich meine schließlich hat Sie als Bundesgrogenbeauftragte doch die PFLICHT, Menschen über die aktuelle Lagen zu informieren, als aber auch sich selbst kritischen Fragen ( oft genug von Vereinen, Verbänden und anderen Organisationen ) zu stellen und diese auch zu beantworten ! Bzw. auch zu erläutern, warum Sie Entscheidungen trifft wie Sie sie trifft, und das eben aber auch mit Möglichkeit zu Diskussion, nicht nur als Aussage ohne jegliche Möglichkeit eines Widerspruchs !?? …. Daher noch etwas konkreter .. Gibt es nicht die Möglichkeit eine Disskusionsrunde einzuberufen ( am besten natürlich öffentlich im TV ! ), in welcher… Weiterlesen »

X-KIFFER
8 Jahre zuvor

@HM420
Warum biste denn auf Antworten von Frau Mordler so scharf? Oder die Tuse auch noch in eine Diskussionsrunde im TV (SIC!)?
Die dumme Nuss redet doch eh nur gequirlten Müll! Da ist jede Minute Sendezeit zu schade für.

@Lars
Nach Art. 26 Abs. 1 GG ist die Vorbereitung eines Angriffskrieges verfassungswidrig und strafbar. Der Afganistankrieg ist ein solcher völkerechtswidriger Angriffskrieg. Demnach hat sich die gesamte Bundesregierung bereits strafbar gemacht als sie Deutschland da mit eingebracht hat. Der gesamte Bundeswehreinsatz, getarnt als “humanitärer Einsatz” ist auch verfassungswidrig und sogar strafbar.

Die Frage ist nur: Wer geht denn jetzt nach Berlin und verhaftet Mutti und ihre Kumpane?

Jessica Gast
8 Jahre zuvor

“Die dumme Nuss redet doch eh nur gequirlten Müll!”

Eben. Und weil sie das weiß, geht sie sowieso nie in eine Talkrunde, in der auch andere Meinungen als die ihre vorhanden sind. Dann müsste sie ja diskutieren und ihre Behauptungen mit Fakten belegen. Da kann sie nur verlieren.

Frau Mortler ist mit ihrem hilflosem Auftreten ein Segen für die Legalisierungswelle. Man sollte ihr dafür dankbar sein.

X-KIFFER
8 Jahre zuvor

@Jessica *lach* ja so habe ich es noch gar nicht betrachtet 😀

symba
8 Jahre zuvor

Ich sehe das ähnlich. Unsere allseits beliebte Frau Mortler hat von den Fehlern der noch unbeholfeneren Frau Dyckmans gelernt, und hält sich einfach mal generell aus der Debatte raus. Wenn man den Namen in der Presse liest, ist es meistens wegen Agrarwirtschaft oder wenn es sich nicht verhindern lässt darüber, dass keiner ihrer Gesprächspartner jemals für eine Legalisierung war. Das mag ja auch stimmen! Ich gehe davon aus, dass die Partei (nein, nicht die SED, aber nahe genug dran) ihr diese Gesprächspartner auswählt. Das zeigt aber auch die Unaufrichtigkeit der Regierung, nicht nur in Sachen Drogenpolitik, sondern im allgemeinen. Ich als deutscher Bundesbürger sollte eigentlich eine höchstrangige Volksvertreterin vorgesetzt bekommen, die sich mit ihrer eigentlichen Aufgabe auseinandersetzt. Das tut unser… Weiterlesen »

HARDO
8 Jahre zuvor

warum bestimmt eine einzige drogenbeauftragte für millionen kiffer??? schäbig und hinterforzig diese mortler,hasse die ,die unterdrückt anders denkende und anders konsumierende,komischerweise darf sich hier jeder ins koma saufen,ohne bedenken,aber ein tütchen grass ist ein verbrechen,kann man nur noch das kotzen bekommen,scheiss politiker sind das und vertreten nicht die interessen von hanf freunden,im gegentweil,jagen die menschen wie gesuchte schwerkriminelle wegen bischen genuss nach feierabend. weg mit mortler,wir brauchen freiheit statt unterdrückung,wofür brauchen wir die mistidioten????

Obstbaum
8 Jahre zuvor

eider ist es so das man in Deutschland als Politiker kein Wissen in dem Fachgebiet inne haben muss in dem Frau/Mann tätig ist. Nur leider denken 90% unserer Mitbürger das wäre so und wenn die da oben was entscheiden dann muss das ja richtig sein. Das schöne ist das immer mehr Menschen die Augen geöffnet bekommen weil es zum Beispiel nicht zu Übersehen ist das unsere Verteidigungsministerin keine Ahnung hat was sie da tut und unsere Bundeswehr grade zu Grunde richtet. Tolles Deutschland und so fortschrittlich…NICHT. PS warum nicht auch CBD VERBIETEN kann man doch mit Schwefelsäure THC drauß machen oder noch besser Zitronen weil mam daraus Synthetisches THC gewinnen kann. Arme Idioten von Politikern. Raucht euch mal einen vielleicht… Weiterlesen »

Hero Lucky King Unchanged
8 Jahre zuvor

Kriminell, wenn die Substanz nach Droge aussieht. Man will eindeutig mit dem Cannabis vom Nationalsozialistischen Untergrund ablenken. Man stelle sich nur vor, Richter gehen gegen Nazi-Terroristen, Nazi-Mördern und Nazi-Räubern (und der Mafia) genauso vor. Dann würde doch die ganze Organisierte Kriminalität im Knast sitzen. Über Nacht. Nein, das kann nicht in deren Interesse sein.