Samstag, 28. November 2015

Der Kurs zu Cannabis als Medizin – Teil 1

 

 

Die medizinisch wirksamen Bestandteile von Cannabis

 

Von Dr. med. Franjo Grotenhermen

 

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Dieser Text behandelt die Zusammensetzung verschiedener Cannabispflanzen, darunter THC (Delta-9-Tetrahydrocannabinol), Cannabidiol (CBD), andere Cannabinoide und Terpene (ätherische Öle).

 

Die Zusammensetzung von Cannabis

 

In unterschiedlichen Cannabissorten wurden in den vergangenen 50 Jahren etwa 600 chemische Verbindungen nachgewiesen, darunter neben den Cannabinoiden Substanzen anderer Stoffgruppen, wie Aminosäuren, Proteine, Zucker, Alkohole, Fettsäuren, Terpene und Flavonoide (sekundäre Pflanzenstoffe). Die meisten Cannabisbestandteile kommen auch in anderen Organismen (Tiere, Pflanzen) vor.

 

THC und andere Cannabinoide

 

Heute sind insbesondere durch eine Arbeitsgruppe von Wissenschaftlern an der Universität von Mississippi insgesamt mehr als 100 Cannabinoide nachgewiesen worden, von denen viele nur in Spuren in der Pflanze hergestellt werden. Der Leiter der Arbeitsgruppe, Professor Mahmoud El Sohly, erklärte im September 2015, dass die Zahl der identifizierten Cannabinoide aktuell 104 betrage. Cannabinoide lassen sich überwiegend bestimmten Typen zuordnen, wie der Delta-9-THC-Typ, der CBD-Typ, der CBG-Typ, etc.

Diese Cannabinoide kommen aber nicht in einer einzelnen Pflanze vor, sondern sie wurden weltweit in unterschiedlichen Pflanzen entdeckt. Einige wenige dieser Cannabinoide kommen vermutlich nicht natürlich vor, sondern entstehen erst künstlich bei dem Versuch, die Cannabinoide nachzuweisen.

 

Tetrahydrocannabinol (THC)

 

Wenn von THC die Rede ist, ist im Allgemeinen das in der Pflanze natürlich vorkommende Delta-9-THC gemeint. Mehr als zehn Cannabinoide zählen zum Delta-9-THC-Typ, von denen in der Pflanze vor allem zwei Delta-9-THC-Säuren vorkommen, die unter der Einwirkung von Hitze in das phenolische Delta-9-THC umgewandelt werden. Dieses phenolische THC verursacht die bekannten psychischen Wirkungen von Cannabis und ist auch für die meisten anderen pharmakologischen Wirkungen verantwortlich. THC bindet an die beiden bekannten Cannabinoid-Rezeptoren CB1 und CB2. Der CB1-Rezeptor kommt im zentralen Nervensystem und den meisten anderen Geweben und Organen des Körpers vor. Wird er durch THC aktiviert, so verursacht dies Schmerzlinderung, Muskelentspannung, Appetitsteigerung, Bronchienerweiterung, Heiterkeit und vieles mehr. Der CB2-Rezeptor findet sich vor allem auf Immunzellen, also auf Zellen, die im Körper für die Abwehr von Krankheitserregern und andere Immunprozesse zuständig sind. Die Aktivierung des CB2-Rezeptors durch THC hemmt Entzündungen und allergische Reaktionen.

 

Cannabidiol (CBD)

 

Cannabidiol ist das häufigste Cannabinoid im Faserhanf und in Drogenhanfsorten oft das zweithäufigste Cannabinoid nach THC. CBD verursacht keine cannabistypischen psychischen Wirkungen. Es besitzt beispielsweise antiepileptische, angstlösende, antipsychotische und weitere Eigenschaften, die medizinisch genutzt werden können.

 

Andere Cannabinoide

 

Auch andere Cannabinoide besitzen ein therapeutisches Potential. So wurden für Cannabichromen (CBC) im Tierversuch entzündungshemmende und schmerzlindernde Wirkungen nachgewiesen.

Cannabigerol (CBG) bindet sehr schwach an CB1- und CB2-Rezeptoren. Auch für dieses Pflanzencannabinoid wurden schmerzlindernde, antidepressive und krebshemmende Eigenschaften beschrieben. Tetrahydrocannabivarin (THCV) ist ein Cannabinoid vom Delta-9-THC-Typ. In niedrigen Dosen wird der CB1-Rezeptor durch THCV nicht stimuliert, sondern blockiert. Daher könnte dieses Cannabinoid zur Reduzierung von Appetit und Gewicht bei Fettleibigkeit eingesetzt werden.

 

Terpene

 

Terpene (ätherische Öle) bilden mit etwa 15.000 Vertretern die größte Gruppe von chemischen Substanzen im Pflanzenreich. Terpene und nicht Cannabinoide sind für den Geruch von Cannabis verantwortlich. Über 200 ätherische Öle wurden in der Cannabispflanze nachgewiesen. Weit verbreitete Terpene der Cannabispflanze sind Limonen, Myrcen, Pinen, Eucalyptol, Alpha-Terpineol und Caryophyllen. In einem Gramm Cannabis finden sich meistens weniger als 10 mg ätherische Öle. Die Terpenzusammensetzung unterliegt einer genetischen Kontrolle, so dass Cannabissorten unabhängig von den Aufwuchsbedingungen immer weitgehend gleich riechen.

Limonen ist das zweithäufigste Terpen in der Natur und findet sich beispielsweise in Zitrusfrüchten. Es ist eine angstlösende Substanz. Myrcen hemmt Entzündungen, reduziert Schmerzen, wirkt sedierend und entspannt die Muskulatur. Pinen ist das in der Natur am weitesten verbreitete Terpen. Es kommt in Nadelhölzern und vielen anderen Pflanzen vor. Es wirkt entzündungshemmend, weitet die Bronchien und weist antibiotische Eigenschaften auf. Beta-Caryophyllen ist oft das dominierende Terpen in Cannabis, insbesondere wenn die Pflanze Hitze ausgesetzt war, weil sich Beta-Caryophyllen nicht so schnell verflüchtigt wie viele andere Terpene. Es wirkt entzündungshemmend. Interessanterweise aktiviert dieses ätherische Öl, das beispielsweise auch im Pfeffer vorkommt, CB2-Rezeptoren.

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