Donnerstag, 27. November 2014

Ausnahme von der Ausnahme

Berlins Innensenator versucht sich als drogenpolitischer Hardliner

 

M. Lengemann
Will Kiffer in Kreuzberg jagen lassen: Berlins Innensenator Frank Henkel / Foto: Abgeordnetenhaus Berlin

 

 

Die Pläne von Berlins Innensenator Henkel zur Eindämmung des Cannabis-Handels im Görlitzer Park erinnern manchen Berliner an die starre Haltung so mancher Betonköpfe, die vor einem Viertel Jahrhundert im Ostteil der Stadt die Zeichen der Zeit verkannt haben.

 

Fernab jedweder Realität und mit einer fragwürdigen rechtlichen Grundlage fordert Haschgift-Henkel, die Geringe Menge von zehn bis fünfzehn Gramm auf sechs zu senken. Ferner hat er bereits eine Taskforce gegründet und die paar Vögel im ohnehin tristen Park mit Kettensägen, Baggern und Spitzhacken ihrer Nistmöglichkeit beraubt. Last but not least plant er, Personen, die in der Nähe des Görlitzer Parks mit Cannabis zum Eigenbedarf erwischt werden, strafrechtlich zu verfolgen, statt wie bisher üblich das Verfahren einzustellen. Die “Ausnahme von der Ausnahme” , wie sie Henkel-Sprecher Karsten Heilmann gegenüber der taz bezeichnete, soll Paragraf 31a des Betäubungsmittelgesetzes im Umfeld des Görlis außer Kraft setzen, damit die Verkäufer sich nicht mehr auf Eigenbedarf berufen können.

 

Die Law-and Order Taktik ist nicht nur juristisch fragwürdig, sondern völlig überflüssig. Denn auch die Berliner Regelung lässt jetzt bereits zahlreiche Ausnahmen zu, bei denen die Staatsanwaltschaft trotzdem ein Ermittlungsverfahren einleiten kann. Wer nur zwei oder drei Gramm Gras besitzt und

 

– beim Dealen oder nur der Weitergabe erwischt wird

– öffentlich in der nähe von Spielplätzen, Kindergärten oder ähnlichen Einrichtungen  besitzt oder konsumiert

– vor oder mit Minderjährigen kifft

 

kann jetzt bereits strafrechtlich problemlos belangt werden. Auch wenn aus einem anderen Grund ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht, muss der Besitz Geringer Mengen nicht eingestellt werden. Der Handel mit Cannabis muss selbst bei den Plänen von Innensenator Henkel erst nachgewiesen werden, bevor bestraft werden kann. Doch bei nachgewiesenem Handel besteht bereits jetzt schon “Zero Tolerance”, wie der Wortlaut der Verordnung beweist. Das Ganze klingt eher nach planlosem Aktionismus als nach der konzertierten Aktion einer von langer Hand geplanten Task-Force mit Erfolgsaussichten.

Das mit der Beweispflicht und der Unschuldsvermutung kann man nicht mal so einfach ändern, auch nicht als Innensenator. Es sei denn man versucht Personen als Händler bestrafen, ohne ihnen den Handel nachweisen zu können. Das geht selbst Koalitionspartner SPD zu weit, die sich bereits gegen Henkels Pläne positionierte.

 

 

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8 Kommentare
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Sebastian
9 Jahre zuvor

Hat der Herr Henkel etwa eine Anti Cannabis Psychose? Wie der Evil Opstelten in den Niederlanden.

bodner
9 Jahre zuvor

Klar daß der einen auf hart macht – wo doch überall rundum (Frankreich Österreich u.s.w. sogar USA)die rechten und rechtsgerichteten Parteien wider Aufschwung haben – da muß man Mithalten! Das wird jetzt eh wieder viel schwieriger mit Legalisierung u.s.w. weil die Politik immer mehr nach rechts rückt. Wir sind einfach der Ersatz für die Juden, den die Polizei nach dem Krieg brauchte, um nicht arbeitslos zu werden. So viele Straftaten und Straftäter die abgeurteilt, verhaftet und durchsucht werden kann man nicht einfach so legalisieren. Was täten da die ganzen Staatsanwälte, Richter, Bullizisten, Justitzbedienstete Psychologen und sonstige NUTZNIESER dieser Gesetze?Ein drittel dieser Wichser hätte nix mehr zu tun -gefährlich – was denen sonst noch einfällt – will ich gar nicht mehr… Weiterlesen »

manzana
9 Jahre zuvor

Der hat wirklich den Schuss nicht gehört, dank der geschaffenen “Extrastreife” über den Sommer, stehen
die Dealter mitlerweile die ganze Skalitzer runter und rund um den Bhf am Görli, die Szene hat sich
quasi dezentralisiert selbst in Hauseingängen in Nebenstrassen trifft man nun welche. Unter Betracht der
nun geschaffenen “Taskforce” können wir uns sicher bald auch bei Herrn Henkel bedanken, dass man
auch am Landwehrkanal Rauchwerk erstehen kann. Im Endeffekt ist die ganze Situation nun ob der
stattgefundenen Versprengung noch sehr viel schlechter zu handhaben als früher, wo sich die Dealer auf
den Park konzentrierten.
.. weiter denken fällt schwer.

Chillo
9 Jahre zuvor

Erst schreiben alle jahrelang das gleiche und jetzt kommen nur noch gegensätzliche Artikel und Aktionen. Erst fordern Sucht- und Strafrechtsexperten Legalisierung, jetzt sind neue “Experten” gegen eine Legalisierung. Die Polizei sagt sie hat kein bock mehr Kiffer zu jagen, Wimber bekommt Maulkorb. Erst redet man über Coffeshop-versuch, jetzt “soll” die Mindestgrenze weiter gesenkt werden. Die Polizei will sich auf Facebook feiern lassen, das Volk startet Shitstorm. Studie sagt Kiffen macht dumm, neue Studie sagt Kiffen macht doch nicht dumm. DHV gwinnt die Million, Mortler greift Befürworter an. ….und so weiter…… Interessant ist es, das die Contra-Artikel immer von den selben Zeitungen kommen, ganz vorne mit dabei Focus und Bild. Inzwischen vergeht kein Tag ohne einen Artikel über Cannabis. Ob dabei… Weiterlesen »

Jemand
Antwort an  Chillo
9 Jahre zuvor

Die Bild als Zeitung zu bezeichnen ist schon ein bisschen sehr weit weg von der Realität 😉
Ansonsten vollste Zustimmung!

Mörnest
9 Jahre zuvor

Die CDU/CSU Hirnis raffen echt gar nichts. Die müssten doch wissen das ihre Polizeistaatmethoden nichts bringen. Man schaue auf Frankfurt a.M., dort gab es in den 90 ern Versuche Harte Drogen und deren Dealer mit ähnlichen Methoden zu bekämpfen, erst als man die Strategie änderte und die Konsumenten in Ruhe lies und ihnen die Möglichkeit gab in Fixerräumen zu konsumieren, verschwanden sie zum größten Teil aus der Öffentlichkeit. Wer noch auf der Straße oder in nem Park etc. spritzte, hatte aber dann auch ein großes Problem. Ich will damit sagen dass Henkels Vorhaben kein Problem löst, es wird sich nur verlagern und wenn man Henkel machen Liese, würden wir bald keinen Schritt mehr ohne Überwachung machen können, am Ende würde… Weiterlesen »

Frank Henkel - Rücktritt jetzt
9 Jahre zuvor

Den Konsum und den Schwarzmarkt mit Hilfe einer Tark-Force und einem extra abgestellten Staatsanwalt zu bekämpfen, lässt nur Repressalien und die Prohibitionsuhr in die Höhe treiben. Die Folgen durch den Handel im Görli wird es wohl kaum eindämmen. Solange es einen Bedarf geben wird, wird auch der Schwarzmarkt blühen.

Wer den Görli kennt, weiß das vor allem Flüchtlinge dort ihr Taschengeld verdienen. Geld was sie zum Überleben während des katastrophalen Asylverfahrens benötigen. Sie kaufen sich davon ihr ESSEN. Dieses Ausmaß an Handel wäre sicherlich geringer, wenn Frank Henkel endlich dafür sorgen würde, dass Flüchtlinge in menschenwürdige Unterkünfte untergebracht würden. und ausreichend Nahrung und Kleidung erhalten.

Beide Vorgehensweisen, Asyl- und Drogenpolitik, erweisen in Frank Henkels Händen einen bitteren Beigeschmack.

Sebastian Gramss
Antwort an  Mörnest
9 Jahre zuvor

Ja und ganz genau das ist ja jetzt auch schon passiert, der Handel hat sich verlagert in die Straßen drum herum und deren Hauseingänge.