Montag, 15. April 2013

Entheogene Pflanzen selber growen

Über den Anbau von legalen psychoaktiven Pflanzen

Autor: Markus Berger

Wermuth
Wermuth

Wer sagt eigentlich, dass Growing verboten sein muss? Immerhin ist damit nichts anderes als der Anbau von Pflanzen (oder auch Pilzen) gemeint, und der muss sich nicht in illegalisierten Gefilden oder in rechtlichen Grauzonen bewegen, sondern kann im Falle einiger entheogener Pflanzen vollkommen gesetzestreu vollzogen werden. Im Guerilla Growing Special des vorigen Jahres (erschienen ebenfalls im April) hatte ich bereits über den Anbau diverser pflanzlicher Psychoaktiva gesprochen, zum Beispiel zum Löwenohr Leonotis leonurus, zum Wilden Kaffee Psychotria viridis und zur Hawaiianischen Holzrose Argyreia nervosa. Diesesmal schauen wir uns erneut zwei Gewächse an, die ohne Angst vor der Staatsgewalt im Garten gepflegt werden können, und die zu den wichtigsten ethnobotanischen Pflanzen überhaupt gehören: Wir sprechen vom Absinth und vom Tabak.

Der Absinth
Werfen wir zunächst einen Blick auf die Absinth-Pflanze Artemisia absinthium. Der Absinth ist mittlerweile re-legalisiert, Absinthprodukte sind wieder erhältlich, und auch der Anbau der Pflanze wird uns in keinerlei Konflikt mit geltendem Recht bringen. Also auf in den Garten, Artemisia gegrowt!
Zunächst ist wichtig zu wissen, dass die Wermutpflanze, wie Artemisia absinthium auch genannt wird, zu den psychoaktiven Gewächsen gehört. Das hauptwirksame Prinzip des Wermuts ist das alpha-Thujon, das im Verbund mit den anderen in der Pflanze enthaltenen Inhaltsstoffen auch für die psychedelische Wirkung verantwortlich ist und in hohen Dosierungen zur giftigen Substanz wird. Die Absinthpflanze wird ethnopharmazeutisch unter anderem geräuchert, geraucht und geschnupft, extrahiert, destilliert und potenziert, sie ist also eine echte Schamanenpflanze. Dabei ist Artemisia absinthium sogar bei uns heimisch. Das Gewächs kommt in Europa, Asien, Amerika und Afrika vor – auch in Mitteleuropa bereichert der Wermut die Wildflora. Populationen, die für den industriell-pharmazeutischen Gebrauch angepflanzt werden, stammen vornehmlich aus Osteuropa. Daher ist die Pflanze selbstverständlich in unseren Gärten hervorragend anzubauen und zu pflegen.
Absinth präferiert trockenen oder sogar steinigen Boden und ist ansonsten eher anspruchslos – eine sogenannte Ruderalpflanze, die sich auch in scheinbar unwirtlichen Verhältnissen zu behaupten weiß. So verhält sich Artemisia absinthium, was die Ansprüche an die gärtnerischen Fähigkeiten seines Besitzers anbelangt, ziemlich zurückhaltend – sprich: Auch Menschen mit weniger grünem Daumen dürften durchaus in der Lage sein, den Wermut mit Erfolg aufzuziehen und zu pflegen.
Wie geht man nun vor? Ausgehend vom Material, über das man sich die Pflanze beschafft, gibt es zwei Möglichkeiten der Vermehrung von Artemisia absinthium. Über Samen: Die recht winzigen Samen des Wermuts werden auf ein Anzuchtsubstrat ausgebracht, das auf jeden Fall vor Regengüssen geschützt sein sollte, und nur sehr sehr sparsam feucht gehalten wird. Die auf dem Substrat des Anzuchtgewächshauses oder des Saatbeets im Garten liegenden Samen sollen sehr vorsichtig gegossen werden, am bestem mit einem Vernebler, einer Sprühflasche oder ähnlichem. Wichtig ist, dass die Erde in diesem Stadium niemals komplett austrocknet, aber auch nicht zu nass gehalten wird. Für den Fall der Fälle wäre ein kurzzeitiges Austrocknen deutlich unschädlicher als eine übermäßige Übernässung des Bodens. Wie gesagt: Die Samenkörner werden nicht in die Erde gedrückt, sondern nur auf die Oberfläche des Substrats gestreut und vorsichtig angedrückt. Benutzen wir ein Zimmergewächshaus zum Ankeimen des Saatguts, empfiehlt es sich, gegen eine mögliche Schimmelpilzinfektion eine dünne Schicht Sand auf die Aussaat zu geben. Nach wenigen Tagen sollten die Samen dann keimen und können pikiert werden, sobald sie etwas stabiler geworden sind. Pikieren bedeutet vereinzeln, das heißt im Klartext: Die Keimlinge werden mit Hilfe eines Eierlöffels oder ähnlichem aus ihrer Umgebung herausgehoben und in das letztendliche Beet verbracht. Dabei sollte die zarten Wurzelfasern auf jeden Fall noch eine Schicht des Anzuchtsubstrats umhüllen, versuche niemals, die Pflanze sauber und erdfrei aus dem Boden zu heben, dabei würde sie aller Voraussicht nach unweigerlich zerstört werden.

Wer keine Samen hat, kann sich einen Steckling schneiden. Das geschieht auf die gewöhnliche und konventionelle Art und Weise. Ein jüngeres, nicht verholztes Triebstück wird mitsamt einem bis zwei Blättern vom Haupttrieb geschnitten und bewurzelt. Das kann über ein Wurzelhormon ebenso passieren wie mit der herkömmlichen Wasser- oder Erdmethode. Dabei wird der Steckling schlicht in Wasser gestellt oder in frischen Erdboden gesteckt, bis sich erste Wurzelfasern bilden. Anschließend wird die Wermutpflanze weiterhin sparsam, aber nicht zu geizig bewässert und ab und an gedüngt. Die Düngung kann im Garten allerdings auch ausbleiben, als heimische Wildpflanze versorgt sich Artemisia absinthium mit den notwendigen Nährstoffen aus dem Erdreich und ist im Übrigen winterhart, wie man sich bei einer einheimischen Pflanze denken kann. Sie bedarf also keiner Überwinterung im Haus. Ist die Absinthpflanze erst einmal genügend groß und stabil geworden, bedarf das Gewächs kaum einer Pflege vonseiten des Pflanzenbesitzers, im Gegenteil: Absinthpflanzen sind sehr widerstandsfähig und neigen dazu, sich selbst zu vermehren. Sie sind damit eigentlich eher schwierig aus dem Garten zu entfernen, wenn sie sich einmal angesiedelt haben. So jedenfalls die gängige Erfahrung. Wie immer bestätigt auch hier die Ausnahme die Regel, und manche Gärtner berichten, dass es ihnen tendenziell schwer fiel, den Wermut im Garten erfolgreich hochzuziehen. Das mag an der Zusammensetzung des Bodens liegen, letztlichen Aufschluss über dieses zuweilen auftretende Phänomen gibt es jedoch nicht.
So viel zum Anbau der Absinth-Pflanze. Auch dessen psychoaktive Verwandte, so der Mexikanische Wermut Artemisia mexicana und andere Artemisia-Arten, zum Beispiel der Beifuß, können auf ähnliche Art und Weise vermehrt und gepflegt werden. Wir wünschen euch viel Erfolg!

Tabak als Schamanenpflanze

Als nächstes betrachten wir eine weitere legale Schamanenpflanze, einen echten entheobotanischen Schatz, der jedoch von den meisten Menschen nicht als solcher erkannt wird, weil die Pflanze zu den populärsten Kulturgewächsen der Welt gehört und im Alltag der Menschen als weithin bekanntes „Suchtgift“ zu den am häufigsten gebrauchten Genussmitteln gehört: Die Rede ist vom Tabak, und zwar vom Echten Tabak Nicotiana tabacum. Auch der lässt sich in unseren Gefilden prächtig anziehen und pflegen, kein Wunder, wird doch der Rauchtabak auch in Deutschland und anderen mitteleuropäischen Ländern kommerziell angebaut. Wie funktioniert das Ganze nun also? Der Tabak ist eine eher empfindliche Pflanze, solange er noch im Jugendstadium verweilt. Daher sollten die Pflänzchen geschützt stehen und mit Bedacht gepflegt werden. Der Tabak benötigt viel Wärme und Licht, deshalb ist ein sonniger Standort die richtige Wahl für die Ansiedlung der Gewächse. Die Anzucht aus Samen geschieht im Zimmergewächshaus oder auf der Fensterbank – vorzüglich im März. Das Anzuchtsubstrat sollte durchlässig und mineralisch sein, Sand eignet sich gut als Zuschlagstoff, um diese Eigenschaften zu forcieren. Die Aussaat an sich erfolgt wie bei der Absinthpflanze: Das Saatgut wird auf die Anzuchterde aufgebracht, leicht angedrückt und eventuell vor Schimmelpilzbefall mit einer dünnen Schicht Sand geschützt. Innerhalb von etwa drei Wochen sollten die Samen keimen, zuweilen geschieht dies schon im Verlaufe einer Woche. Nachdem die Keimlinge ein wenig Stabilität erlangt haben, werden auch sie pikiert, das ist vereinzelt, und in größere Töpfe oder in ein Beet im Garten gepflanzt. Die Pflege des Tabaks ist etwas heikel, solange die Pflanzen noch klein sind. Sie benötigen viel Wasser, jedoch keinesfalls im Übermaß. Deshalb empfiehlt es sich, regelmäßig nach der Pflanzung zu schauen und den Feuchtigkeitsgehalt des Bodens zu überprüfen. Das kann per Augenmaß, mit dem Finger oder auch mit einem speziellen, im Gartencenter erhältlichen Feuchtigkeitsmesser getan werden. Die Pflanzen sollen niemals ganz durchtrocknen, aber auch nicht komplett mit den Wurzeln im Wasser stehen. Die goldene Mitte markiert wie so oft im Leben auch hier das rechte Maß der Dinge.
Wie weiter oben bereits erwähnt, braucht der Tabak viel Licht und Wärme, er bevorzugt also einen sonnigen Standort. Gerade deshalb ist auch auf die ausreichende Bewässerung der Gewächse zu achten. Mit Dünger darf der Tabakgärtner ebenfalls nicht geizen, denn Nicotiana tabacum ist, was die Nährstoffe angeht, recht anspruchsvoll. Deshalb sollte alle vier bis sechs Wochen eine mäßige Düngung der Pflanzen vorgenommen werden. Sind die Gewächse erst über das Jugendstadium hinaus, entwickeln sie sich zu recht robusten Pfleglingen, die auch gärtnerischen Unzulänglichkeiten zu trotzen in der Lage sind.
Soweit zur Anzucht des Tabaks.

Tipp: Ab mit den Blüten!
Abschließend noch ein Tipp für ein verbessertes Wachstum der Gewächse: Manche Exemplare neigen dazu, bei anhaltend feuchter bis sonniger Witterung (also zum Beispiel, wenn es im Sommer häufig zu warmen Regengüssen kommt) sehr schnell in die Blüte zu gehen. Das bedeutet jedoch, dass sich auch das Wachstum der Pflanzen dann verlangsamt oder gar zur Gänze einstellt. Dem kann man vorbeugen, indem man die sich „verfrüht“ bildenden Blütenstände entfernt, also schlicht von den Trieben abschneidet. Das führt dazu, dass die Tabakpflanzen weiter wachsen und letztlich größere Blätter ausbilden. Das ist vor allem für die Gewinnung von Tabak wichtig, der später zu Rauchware verarbeitet werden soll.

Ein Hinweis zum Schluss: Weil die Regierungen bzw. Staaten sich an der Tabaksucht der Menschen bereichern und trotz aller widersinnigen Drogenpolitik, die uns in pharmakratische Zwangsjacken pfercht, Kapital aus unseren Genüssen schlagen, ist der Anbau von Rauchtabak der Art Nicotiana tabacum hierzulande eingeschränkt und reglementiert. So ist es erlaubt, im eigenen Garten oder wo auch immer bis zu hundert Tabakpflanzen zu ziehen und zu pflegen. Pflanzungen, die über die hundert Exemplare hinausgehen, sind meldepflichtig und müssen der Zollbehörde angezeigt werden.

Na dann: gut grow!

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